Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)
Bumerangs aus Sperrholz gemacht und allen Kindern, die es lernen wollten, das Werfen beigebracht. Mit Kindern, die sich an seine Hosentaschen und seine Hände klammerten, ging er in den Park, schleuderte den Bumerang in die Luft und sah ihm nach, wie er in die Höhe flog. Einen Augenblick später warfen Dad und acht Kids sich zu Boden, als der Bumerang über ihren Köpfen zurücksauste. Nur einmal habe ich gesehen, wie er ihn fing, ein einzigartiger, wunderbarer Moment, als er den Arm in die Luft streckte und der Bumerang zu ihm zurückkehrte. Sonst mussten er und seine kindliche Entourage ihn immer holen, wo er sich wie ein Wurfspeer ins Gras gebohrt hatte.
Die Nachbarn wandten sich ständig an meinen Vater um Hilfe, wegen abgebrochener Rasenmäherklingen, überschwemmter Garagen und selbst auf der Suche nach einem Brotrezept. Ich erinnere mich an eine alte Dame, die meinen Vater anflehte, er solle mit zu ihr kommen. Sie war wütend oder in Panik, was genau, ließ sich schwer sagen. Wenn ich meine Mutter danach frage, weiß sie sofort, worum es ging.
»Das war an dem Tag, als Mr. Whitnell sich tot stellte. Seine Schwester hat deinen Vater geholt; sie tat, als hätte sie Angst bekommen, dabei wollte sie den alten Mann nur bloßstellen. Er lag auf dem Sofa und hielt die Luft an wie ein Kind. Na, siehst du! Du erinnerst dich doch an ihn«, sagt sie.
Wieder muss ich verneinen. Ich erinnere mich lediglich an die blau und grün gestrichene, halb offene Haustür, an die Fenster mit ihren dünnen Stores und an ein paar wächserne Tulpen, die von der Veranda hingen.
Im Haus neben den Whitnells gab es einen Hund, der heulte und heulte wie toll geworden. Das junge Paar, das dort wohnte, hielt Hunde für seine kleine Tochter, aber die Hunde rissen sich immer los und verschwanden. Zwei der Hunde bekamen denselben Namen, weil das kleine Mädchen so untröstlich war, als der erste weglief. Der zweite Hund sah zwar ganz anders aus, aber das Kind ließ sich wohl schon durch den Namen beruhigen. Für diese Familie sägte mein Vater einen dicken Pflock zurecht, schlug ihn tief in den Rasen und band den Hund an einem langen, dicken Strick daran fest. Der Mann dankte ihm, und dieser Hund riss tatsächlich nie aus. Trotzdem war in diesem Haus ein normales Hundeleben anscheinend unmöglich. Dem kleinen Mädchen waren Haustiere bald völlig schnurz, und der Hund rannte jeden Tag um den Pflock herum, immer im Kreis, dass sich der Strick aufwickelte, bis der Hund dastand, den Kopf am Pflock.
»Ich habe mehrmals von deinem Vater geträumt«, sagt meine Mutter, »und in einem Traum sollten wir heiraten. Die Kirche ist gleich gegenüber, aber dein Vater hat immer noch seinen Blaumann an und wischt an der Zimmerdecke herum. Ich frage ihn ›Warum bist du noch nicht umgezogen? Die warten alle schon auf uns!‹, und er sieht auf mich herunter, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank.«
Sie schlägt auf den Tisch und sieht mich an. »Ich hätt’s wissen sollen, was das für einer ist.«
Ich sage, es sei doch nur ein Traum gewesen, und sie solle sich nicht so aufregen. Aber auch ich habe meinen Vater, kurz bevor Gäste kamen, auf Tische, auf Leitern, auf zwei aufeinandergestapelte Stühle steigen und an der Decke herummachen sehen. Er zieht seine eleganten Schuhe aus, räumt vom bereits gedeckten Tisch die Teller und das Besteck weg und fummelt an der Deckenlampe oder wischt Spinnweben weg. Ich sehe meinen Dad auf einem Stuhl stehen; als es klingelt, dreht er sich um, die Stirn voller Schweißperlen. Trotzdem sage ich zu meiner Mutter, dass ihr Traum nur ein Traum war und keine Botschaft.
Dad wohnt immer noch in unserem Haus, und Mum hat eine eigene Wohnung. Sie haben sich beide verändert, sind ausgeglichener. Ich nehme einen heiklen Platz zwischen ihnen ein. Ich gehe in die Schule, hänge mit meinen Freundinnen rum und frage mich, welche Zeitbombe, wer von meinen Eltern da eines Tages in mir zünden wird. Wenn ich wählen könnte, wüsste ich nicht, wen. Dad läuft nach dem Essen im Haus herum, fängt drei Sachen gleichzeitig an und schläft dann auf dem Sofa ein, ohne eine einzige zu Ende gebracht zu haben. Aber in der Zwischenzeit hat er, scheinbar ohne sich hinzusetzen, sorgfältig einen kissengroßen Stapel Klassenarbeiten korrigiert. Er erinnert sich an jeden Schüler, den er jemals hatte – die Stadt ist übersät von ihnen –, aber an keinen einzigen Namen. Manchmal fällt ihm nicht einmal meiner ein, dann geht er alle Namen
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