Hilf mir, liebes Hausgespenst!
dankbar sein. Ohne dich könnten wir hier gar nicht leben.“
„Wieso nicht?“
„Weil wir nicht soviel Geld haben, einen so schönen Besitz zu kaufen.“ Ihr schien es, als verdüstere sich sein Gesicht, und sie fügte rasch hinzu: „Aber davon abgesehen habe ich dich auch sehr lieb.“
„Lieb... was ist das?“
„Aber, Amadeus, du mußt doch wissen, wie das ist, wenn man jemand lieb hat!“
Er schüttelte den Kopf, und Puderteilchen — vielleicht war es auch Staub — tanzten im Mondlicht.
„Vielleicht weißt du’s auf französisch“, meinte Monika, „komm, steh doch nicht so da, setz dich zu mir.“
Er ließ sich gewichtslos auf der Bettkante nieder.
„Erzähl mir ein bißchen was“, bat sie.
„Ich weiß nichts.“
„Doch. Du mußt sogar viel wissen... nach all den Jahren, die du schon auf der Welt bist. Erzähl mal, wie es war, als du noch lebtest!“
„Ich lebe ja immer noch!“
„Ich meine, als du noch ein gewöhnlicher Mensch warst.“
„Ich war niemals ein gewöhnlicher Mensch.“
„Nein?“
„Du siehst doch, wie fein ich angezogen bin!“ Er zupfte sich die Spitzen im Ausschnitt seines kleinen Fracks zurecht. „Gewöhnliche Jungen tragen Kittel.“
Monika seufzte. „Ich glaube manchmal, du willst mich nicht verstehn! Wie war es früher... als du noch gegessen und getrunken hast?“
„Weiß ich nicht mehr.“
Monika hatte sich schon früher mit Amadeus zu unterhalten versucht, aber seine Auskünfte waren immer seltsam unergiebig gewesen.
Dennoch gab sie nicht auf.
„Hattest du Geschwister?“
Nach einer langen Pause sagte Amadeus: „Schwestern, ja.“
„Waren sie nett?“
„Nein, gar nicht nett. Ihre tournure exterieures... wie sagt ihr doch? Ihre äußere Erscheinung war recht hübsch. Aber sie waren mauvaises... böse. Haben mich immer geärgert.“ Ein zufriedenes Lächeln huschte über sein Gesicht. „Ich habe es ihnen heimgezahlt.“
„Waren sie älter als du?“
„Ja, und sie waren... ich glaube, sie waren eifersüchtig. Sie haben mich gekniffen und in den Schmutz gestoßen. Immer haben sie gesagt, ich wäre an allem schuld. Und mon père... mein Vater... ist dann sehr böse geworden. Er hat mich geschlagen.“
„Oh! Und deine Mutter?“
„Mutter? Was ist das?“
„Aber, Amadeus!“ rief Monika. „Du mußt doch wissen, was eine Mutter ist!“
Amadeus schüttelte so heftig den Kopf, daß es aussah, als geriete seine kleine Perücke ins Rutschen.
„Sieh mal, Amadeus, wir, die wir jetzt hier im Haus wohnen, sind eine Familie. Mein Vater ist der Max Schmidt, meine Mutter ist die Hilde Schmidt... und Liane, Peter und ich sind die Kinder. Verstehst du jetzt, was eine Mutter ist?“
„Peut être... vielleicht. Die Frau vom Mann.“
„Ja, genau das ist es. Nicht jeder Mann muß eine Frau und nicht jede Frau einen Mann haben. Aber alle Kinder haben eine Mutter.“
„Ich nicht.“
„Dein Vater hatte also keine Frau?“
„Nein.“
Monika dachte nach. „Das kann nicht sein. Vielleicht ist sie gestorben.“
„Ich weiß nicht.“
„Merkwürdig“, sagte Monika, „sehr merkwürdig.“ Sie konnte sich die Sache nur so erklären, daß die Mutter von Amadeus bei seiner Geburt gestorben war; das war in früheren Zeiten ja viel häufiger gewesen als heutzutage.
Sie wechselte das Thema. „Bist du zur Schule gegangen?“ fragte sie.
„Was ist das?“
„Häuser, in die Kinder gehen, um zu lernen. Bist du in so ein Haus gegangen?“
„Nein.“
„Hast du denn gar keinen Unterricht gehabt?“ Monika beantwortete sich ihre Frage sofort selber. „Das kann nicht sein. Woher könntest du sonst Französisch. Du mußt einen Lehrer gehabt haben.“
Amadeus schien angestrengt nachzudenken. „Ja, Monsieur Lambert. Er hat hier mit uns gewohnt. Er hat mich Lesen und Schreiben gelehrt, Französisch und auch... Latein.“
„Sehr gut.“
„Aber das ist alles so lange her. Ich denke gar nicht mehr daran. Können wir nicht über was anderes sprechen?“
„Verstehst du denn nicht, Amadeus, daß ich etwas mehr über dich wissen möchte?“
„Ich will dir lieber ein Kunststück vormachen! Ich kenne tolle Kunststücke!“
„Das glaube ich dir ja, Amadeus! Erzähl mir, bitte, nur noch das eine! Wie ist es passiert, daß du...“, sie suchte nach einem Wort, das Amadeus nicht verletzen konnte, „... daß du dich verwandelt hast?“
„Verwandelt?“
„Ja, Amadeus! Du bist doch mal ein Junge aus Fleisch und Blut gewesen, nicht wahr?“
Der
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