Hilf mir, liebes Hausgespenst!
Haarsträhne hatte sich gelöst und gab eine spiegelnde Glatze frei. Das wirkte ungemein komisch, zumal er mit offenem Mund nach Luft schnappte, und die Augen ihm aus den Höhlen zu treten schienen.
Es sprach für die Schmidts und ihre Freunde, daß niemand von ihnen lachte, sondern daß sich ihm sogleich hilfreiche Hände entgegenstreckten, um ihn aus dem Zement und der Grube herauszuziehen, was bei den steilen Wänden gar nicht so einfach war.
„Verletzt sind Sie bestimmt nicht“, tröstete Monika ihn, „das Gespenst kann nämlich niemanden verletzen... aber wie sehen Sie aus! Ihr schöner Mantel! Das haben Sie nun davon, daß Sie so hartnäckig waren! Kommen Sie mit ins Haus, Mutter wird Ihnen helfen sich sauberzumachen!“
„Ich bringe erst den Zement noch in Ordnung“, sagte Herr Schmidt, „dann komme ich nach. Eine schöne Geschichte, aber... na ja...“, er zwinkerte Liane zu, „... ich glaube, es war’s wert. Ich denke, wir mischen noch ’ne halbe Maschine und schütten sie drüber.“
Sie machten sich an die Arbeit, während Monika und Ingrid auf Herrn Graunke einredeten und ihn ins Haus begleiteten. Georg bestürmte Peter mit Fragen und wurde, unter dem Siegel der Verschwiegenheit, in das Geheimnis des Hauses eingeweiht.
Es war nicht leicht, den Zement von Herrn Graunkes Mantel, seinen Schuhen und seinen Hosen loszukriegen. Er mußte sich dafür ausziehen und bekam einen alten Bademantel von Herrn Schmidt geliehen. Seine eigenen Sachen wurden zum Trocknen auf die Leine gehängt.
„Das war ein schlimmes Erlebnis“, sagte Frau Schmidt mitfühlend, „aber wenn Sie wüßten, was wir in diesem Haus schon alles mitgemacht haben!“
„Und als Dank dafür wollten sie uns feuern!“ konnte Monika sich nicht enthalten ihm vorzuwerfen.
„Tut mir leid, wirklich“, murmelte der Makler zerknirscht, „aber ich hatte nun mal den Auftrag, und dann... also wirklich, ich habe nicht geglaubt, daß es so was geben kann.“
„Jetzt haben sie es am eigenen Leibe erlebt!“ sagte Monika. „Das kann man wohl sagen!“
Frau Schmidt ließ die beiden Mädchen und Herrn Graunke in der Wohnhalle allein, um Kaffee und Kakao zu kochen. An Arbeiten, das wußte sie, würde nach diesen aufregenden Ereignissen heute nicht mehr zu denken sein.
Ingrid half Monika den Tisch zu decken. Die beiden Mädchen hatten das Eingreifen von Amadeus sehr genossen und erzählten sich und Herrn Graunke das, was passiert war, immer wieder mit neuen Einzelheiten und Ausschmückungen.
„Wie Sie da in der Luft geschwebt haben, Herr Graunke!“
„Zu komisch sah das aus!“
„Das Gesicht, das Sie gemacht haben, hätten Sie sehen sollen!“
„Ja, ihr beide habt gut lachen“, sagte Herr Graunke, „aber mir war alles andere als komisch zumute!“
„Was haben Sie sich denn gedacht?“ wollte Monika wissen. „Ich meine, Sie haben doch immer für alles eine Erklärung!“
„Überhaupt nichts! Ich war zu keinem Gedanken fähig. Aber Angst hatte ich eigentlich auch nicht. Mir war, als hätte ich so was schon einmal erlebt... ja, als Kind! Wenn mein Vater mich in die Luft warf, um mich dann gleich wieder aufzufangen. Da hatte ich auch dieses prickelnde Gefühl und zugleich die Sicherheit, daß mir nichts wirklich passieren würde.“
„Sie als Kind? Das muß aber lange her sein!“ sagte Ingrid.
Herr Graunke verzog die Lippen. „Fünfzig Jahre“, sagte er wehmütig.
Herr Schmidt und Liane kamen herein.
„So, das wär’s“, sagte er vergnügt, „der Schaden ist repariert. Ich sehe, Sie haben es sich bequem gemacht, Herr Graunke. Jetzt wasche ich mich nur noch, und in ein paar Minuten bin ich bei Ihnen.“
Liane war schon die Treppe hinauf und in das Bad geschlüpft.
„Mutti kocht Kaffee und Kakao“, verkündete Monika.
„Gute Idee“, sagte Herr Schmidt.
Später, als sie sich alle gestärkt hatten und der Tisch abgedeckt worden war, sagte Herr Schmidt: „Nun machen wir aber einen anderen Vertrag, Herr Graunke! Ich möchte es nicht noch einmal riskieren, daß Sie uns von heute auf morgen auf die Straße setzen. Wer weiß denn, ob unser Hausgespenst uns das nächste Mal gleich so hilfreich zur Seite springen würde.“
„Er tut nämlich nicht gern was Nützliches“, erzählte Monika, „und er hat auch sonst seine Mucken.“
„Einverstanden. Wir streichen den Paragraphen, der besagt, daß in den ersten drei Monaten...“
Herr Schmidt unterbrach ihn. „Nein, nein, das ist mir lange nicht genug. Ich wünsche
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