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Hilfe, die Googles kommen!

Hilfe, die Googles kommen!

Titel: Hilfe, die Googles kommen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Mann
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abindenurlaub.de, woichgernean.com und hieristesbestimmtganz.net führt.
    Schon bei diesen ersten, unschuldigen Versuchen, potentielle Reiseziele zu finden, setzt man in der Benutzeroberfläche dieser Seiten mehr Häkchen und Sternchen, als eine Grundschullehrerin in vier Schuljahren. Der Held des Films »WarGames« hackt sich mit seinem PC ins Pentagon, was im Grunde nicht viel komplizierter gewesen sein kann, als online einen Last-Minute-Urlaub auf Djerba zu buchen.
    Man klickt sich durch zahllose Dropdown-Menüs, aktiviert Suchoptionen aller Art und grenzt über Schieberegler die ­Suche ein. Dabei gibt es Suchfilter für Preise, Verpflegung, ­Bewertungen, Entfernungen zum Strand, zum Flughafen oder zum nächsten deutschen Restaurant, Tapetenfarbe der Zimmer, Parkett, Fliesen oder Teppich, und Durchschnittspreise fürs Pils. Darüber hinaus kann man die Hotels auch nach Wellness- und Freizeitangeboten sortieren, ja manche Websites erlauben sogar ein Filtern anhand der weltumstürzenden Frage, ob die Pool-Landschaft der Bettenburg eine Wasserrutsche vorhält oder nicht. Die Tatsache, dass diese Option tatsächlich angeboten wird, lässt vermuten, dass sie für einen größeren Kundenkreis von Relevanz ist.
    »Schau hier, Hase! Tolles Haus, guter Preis, klasse Essen, dazu muskulöse Masseure, Milchbäder und Siebentausend-Quadratmeter-Pool!«
    »Aber Schatz, das kommt nicht in Frage. Die haben keine ­Wasserrutsche!«
    Hat man in mühevoller Arbeit nun eine Liste mit probaten Angeboten aus dem Reiseportal herausgehackt, macht man sich daran, sie nochmals einzeln unter die Lupe zu nehmen. Hier finden sich dann im nicht ganz so klein Gedruckten alt­bekannte Verarschungsfaktoren wie »200 Meter Fußweg zum Strand«, die mit Sternchen versehen sind und mit »durch den Tunnel direkt vorm Hotel, der unter der siebenspurigen Schnellstraße verläuft« näher beschrieben oder mit »dort wartet dann ein Bus, der Sie die restlichen 14 Kilometer transportiert« ergänzt wird.
    Viele Angebote haben also einen Haken, den man nicht durch vorheriges Setzen eines solchen eliminieren kann. Die Liste wird weiter eingegrenzt, und man begibt sich in einem anderen Browserfenster auf die gnadenlosesten Websites im Netz, die vom Schockfaktor kurz hinter medizinischen Foren und Online-Singlebörsen angesiedelt sind: Hotelbewertungsportale. Tripadvisor.com oder holidaycheck.de bieten Bewertungen von Gästen, die tatsächlich vor Ort gewesen sind. Man findet dort nahezu jedes Hotel – natürlich auch das, für welches man sich nach Stunden mühevoller Suche (alles passt, und es hat auch eine Wasserrutsche) entschieden hat.
    Diese Portale arbeiten mit sogenannten »Weiterempfehlungsraten«. Hat ein Hotel eine fünfzigprozentige Weiterempfehlungsrate, sagt jeder Zweite sinngemäß: »Hey Alter, bleib lieber zu Hause, als in dieses Drecksloch zu fahren.« Landet das in Browserfenster 1 ausgewählte Hotel auf dem Portal in Browserfenster 2 bei nur siebzig Prozent, gerät man natürlich wieder ins Grübeln. Will man in den schönsten Wochen des Jahres nur zu rund zwei Dritteln zufrieden sein? Und schon kommt wieder Bewegung in Browserfenster 1, weil man nun alle potentiellen Urlaubshotels auf ihre Weiterempfehlungsrate abklopft.
    So arbeitet man sich sukzessive hoch auf 85 Prozent und mehr, macht dann aber natürlich den Fehler, nicht die 850 ­positiven Bewertungen zu lesen, sondern sich mit den 150 ­negativen zu beschäftigen. Man liest auf diesen internationalen Websites dann Dinge wie »Kakerlaken im Bad und Ameisen auf der Terrasse«, oder »All guests were German. What a dump!«, und muss nun abwägen: »Mmmm … mit Ameisen und Kakerlaken können wir leben, aber mit Deutschen?«
    Eine schwierige Entscheidung, denn vor allem die deutschsprachigen Kommentare auf diesen Websites sind nicht dazu geeignet, das Klischee vom nörgelnden Deutschen zu widerlegen: »Haare im Bad«, »Pool ist zu kalt«, »Das Wetter in der Anlage war zu schlecht« und »Bei Ankunft kein Pfefferminzbonbon im Glas an der Rezeption«. Die Liste der kleinen und großen Versäumnisse der Hoteliers ist schier endlos, und man wartet eigentlich nur auf eine negative Bewertung wie »Es war alles viel zu gut. Zu wenig Konfliktpotential. Was ist schon ein Urlaub ohne Ärger.«
    Hat man dann endlich ein Hotel gefunden, das in Browserfenster 1 alle Bedingungen erfüllt und in Browserfenster 2 mit einer akzeptablen Bewertungsstruktur ausgestattet ist, steht er kurz bevor: Der

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