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Hilfe, die Googles kommen!

Hilfe, die Googles kommen!

Titel: Hilfe, die Googles kommen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Mann
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Prinzip ist ein Reisebüro also ein Internetcafé, in dem die längst überfällige Trennung von Internet und Café bereits vollzogen wurde, so wie die Trennung von Amt und Mandat oder von Staat und Kirche.
    # 60 Aus diesem Grund haben wir uns über den offline gebuchten, per E-Mail bestätigten und mit Wut verbrachten Urlaub via Online-Formular beschwert. Das war in diesem Fall definitiv die pazifistischere Variante.

Als das Internet im Rahmen der Mitmachwelle zum Web 2.0 und von immer mehr Menschen auch tatsächlich gestaltet wurde, ließ sich nur erahnen, welche Auswüchse diese Do-it-yourself-Revolution einmal haben würde. Mittlerweile ist die Welle der Eigeninitiative wieder zurück in die analoge Welt geschwappt. Das Internet vermittelt die schöne Illusion, dass man sich alle Fertigkeiten der Welt, von doppelter Buchführung bis hin zu Kernbohrungen, einfach so herunterladen kann.
    Nehmen wir als Beispiel einen realistischen, aber absolut fiktiven Fall 61 : Man hat beim Uhrmacher für viel Geld seine Automatikuhr reinigen lassen und denkt sich beim Bezahlen grummelnd: »Was der kann, kann ich ja wohl schon lange.« Und siehe da: Natürlich gibt es im Netz eine Anleitung, sogar ein Beispielvideo dazu. Pah, was ist schon ein traditioneller Handwerksberuf wert in der schönen neuen Online-Welt? Eine kurze Internetrecherche später sitzt man mit dem TCM -Feinwerkzeugset von Tchibo am Esstisch und sortiert die Zahnrädchen seiner Omega Speedmaster nach der Größe. Ob die Uhr jemals wieder läuft, ist inzwischen zweitrangig. Man hat sich der Aufgabe gestellt, der Herausforderung die Stirn geboten, und dazu alle Online-Möglichkeiten ausgeschöpft. »Nimm das, Uhrmacher!«
    Natürlich ist die Uhr anschließend völlig im Arsch, und so kauft man eine neue – natürlich im Internet. Weil uns aber der Onlineshop, ein familiengeführtes Unternehmen mit Sitz in Guatemala, eine offensichtliche Fälschung (auf der Uhr steht »Ommega«, mit zwei »m«) schickt und uns darüber hinaus mit Vorkasse schön übers Ohr gehauen hat, stehen wir drei Wochen später wieder in unserem Stammuhrengeschäft und legen die Brocken des kaputtreparierten Weckers auf die Laden­theke:
    »Hallo Herr Uhrmacher, kann man da noch was machen?«
    »Nein. Die ist hin.«
    »Shit! Ok, kann man dann bei der anderen hier vielleicht ein ›m‹ wegfeilen?«

    Egal, wie sehr wir mit unseren begrenzten Fähigkeiten an den unbegrenzten Möglichkeiten des Internets scheitern, wir können es einfach nicht mehr lassen, Verantwortung von Profis und Spezialisten zu übernehmen, ach was, an uns zu reißen. Wir »ersurfen« uns die technischen Spezifikationen verschiedener Brotbackautomaten und beraten uns beim Kauf selbst, wir vermessen unsere Körper anhand einer Online-Tabelle und bestimmen damit in eigener Regie unsere Konfektionsgröße, und wir klicken uns auf der Suche nach dem individuellen Pauschalurlaub durch endlose Suchmasken, um uns dann via Ergebnisliste in die Ferien zu scrollen … Verzeihung … zu trollen. Warum? Es kann und sollte doch nicht jeder Mensch bei sich selbst eine Darmspiegelung durchführen, nur weil er einen Blog dazu gelesen und das Equipment online geordert hat. Oder etwa doch?
    Im Grunde hat das Netz dazu geführt, dass wir eine seit der Steinzeit ständig verfeinerte Arbeitsteilung wieder partiell auf heben. Da muss doch die kritische Frage erlaubt sein, ob es den modernen Menschen überhaupt gäbe, wenn die Jäger im Paläolithikum während der Arbeitszeit Online-Grillrezepte gesammelt hätten? Wo und wie wären wir heute, hätte Diogenes, statt zu philosophieren, seine Zeit lieber als Anbieter auf faesserscout24.de verbracht? Muss die Effizienz einer Gesellschaft nicht zwangsläufig leiden, in der es der neueste Schrei ist, dass sich Verwaltungsfachangestellte im Internet die Anleitung zum Bremsscheibenwechsel runterladen und dann ­ihren Polo auf die bei eBay geschossene Hebebühne fahren? Das kann unter Umständen ähnlich fatale Folgen haben wie ein Online-Bombenbaukurs.
    Jeder will seines Glückes Schmied sein, auch wenn er den Hammer nicht halten kann. Dieses Bedürfnis ist anscheinend so sehr verankert in uns Menschen, dass die »Schmiede-Angebote« des Internets nur allzu dankbar angenommen werden. Ob etwas sinnvoll ist oder nicht, ist eigentlich bedeutungslos. Die Geschichte hat gezeigt, dass all das, was möglich ist, früher oder später auch gemacht wird. Mit Elefanten über die ­Alpen? Gigantische Pyramiden

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