Hilflos in deinen Armen
Bursche sich dort auf Dauer eingerichtet. An dem Tag waren im Burghof fast ebenso viele Soldaten wie Dörfler.“
Wimarcs Miene blieb undurchschaubar. Er streifte sich einen Rubinring über den schmalen Zeigefinger. „Demnach wird’s also nicht einfach. Oder seid Ihr gekommen, um mir mitzuteilen, dass Ihr es nicht hinkriegt?“
Zugeben, dass er versagt hatte? Damit die beiden de Boisbastons und diese Hure Adelaide ohne einen Kratzer davonkamen? Niemals! „Ich bin gekommen, um Verstärkung zu holen. Lady Gillian wagt sich nicht mehr ohne Eskorte aus der Burg, und um de Boisbaston zu erledigen – dafür braucht es mehr als einen!“
Wimarc machte es sich in seinem Sessel gemütlich. „Aha. Und wer bezahlt für diese zusätzlichen Männer?“
Richard hatte Mühe, seinen Zorn zu unterdrücken. Wimarc besaß mehr Geld als er, Francis und alle anderen zusammen. Von Wimarc stammte der Plan, den König um jene Berater zu bringen, die noch Einfluss auf ihn hatten. Hatte John erst einmal freie Hand, dann würde er schon mit seinem Wesen allein das gesamte Land gegen sich aufbringen. „Ich war in der Annahme, Mylord, dass solche Männer ohnehin in Euren Diensten stehen. Im Übrigen ist das nicht alles“, fuhr er fort. „Eine Einnahme von Averette gestaltet sich nicht so leicht, wie Ihr Euch dies offenbar vorstellt. Die Burgwehr ist außerordentlich gut ausgebildet, und Lady Gillians Leute sind überaus loyal.“
„Vielleicht sollte ich überlegen, ob ich einen anderen mit mehr Erfahrung …“
„Mit der nötigen Anzahl Männer bringe ich das Erforderliche zuwege.“
„Und der Himmel möge verhüten, dass ich Euch um Eure Rache bringe“, feixte Wimarc, wobei er sich erhob und zu dem neben dem Bett stehenden Tisch schlenderte. Darauf standen eine juwelenbesetzte Karaffe, zwei Silberkelche sowie einige Brot- und Süßspeisenreste. Ein dünner Sonnenstrahl zwängte sich durch die Fensterläden und fiel über den kostbaren, seltenen und bunt gemusterten Teppich.
Wimarc füllte einen der Kelche mit schwerem Rotwein und reichte ihn Richard. Das silberne Gefäß blitzte im Sonnenlicht auf. „Selbstverständlich setzte ich volles Vertrauen in Euch“, sagte er und kehrte zu seinem Sessel zurück. „Deshalb habe ich Euch ja für diese schwierige Aufgabe ausgewählt. Wie viele Männer wollt Ihr?“ Er legte die Fingerspitzen zusammen.
„Zwanzig.“
Der Burgherr zog skeptisch die Augenbraue hoch. „So viele? Wäre das nicht etwas auffällig?“
„Wenn sie ins Dorf einzögen schon. Sie müssen halt in einiger Entfernung lagern, bis sich die passende Gelegenheit zum Zuschlagen ergibt. Das wird dann Adelaide und Armand auf den Plan rufen. Die werden wie von uns gewünscht nach Averette kommen.“
„Wenn Ihr die beiden Brüder umlegt und Averette unter Eure Gewalt bringt“, bemerkte Wimarc, „dann werden Euch die schöne Lady Adelaide und ihre Schwestern vollkommen ausgeliefert sein. Bis – und falls – der König etwas unternimmt. Wie schön für Euch!“
„Was kümmern die mich!“
„Lügner!“, sagte Wimarc lächelnd. „Zumindest, was Lady Adelaide angeht!“ In seinen funkelnden Augen lag die Gewissheit, dass er seinen Büttel in- und auswendig kannte. „Macht mit ihr von mir aus, was ihr wollt. Schändet sie, bringt sie um, tut beides oder lasst es bleiben – Hauptsache, Ihr beseitigt die beiden de Boisbastons. Bald haben wir unseren neuen König, und die Burgen von Boisbaston und Averette, sie gehören dann Euch.“
11. KAPITEL
„Nein, etwas mehr nach links“, befahl Gillian den Dienern, die gerade den Gobelin aufhängten, der am Morgen vom Kloster zum Heiligen Herzen eingetroffen war.
Der Wandbehang war erst am Vortag fertig geworden, obwohl Adelaide und Lizette gleich nach dem Tod der Mutter vor acht Jahren damit begonnen hatten. Vor dem Burgherrn hatten sie diese Arbeit geheim gehalten; das Geld für die Materialien stammte von Dunstans großherzigem Vater. Lizette hatte eine Woche daran genäht und gestickt, Adelaide bis zu ihrer Abreise jeden Tag und Gillian überhaupt nicht, weil sie Handarbeit hasste. Drei Nonnen des nahe gelegenen Stifts hatten das Werk dann vollendet. Im Gegenzug bekam das Konvent zehn Schafe, drei Kühe und fünf Hennen als Dankeschön.
Der Gobelin zeigte einen Obsthain mit vier Frauen darin, die Adelaide, Gillian, Lizette sowie deren Mutter darstellen sollten. Er war so wunderschön gelungen wie von Adelaide vorausgesagt, ganz besonders das Porträt der
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