Hilflos in deinen Armen
stampften.
Langsam und vorsichtig führte er das Pferd durch eine schmale, in das Gehölz gehauene Schneise. Den Weg hierher hatte der Knappe sich genau eingeprägt. Der treulose d’Artage hatte zwar versucht, ihn zu verwirren, aber die Sonne ließ sich nun einmal nicht versetzen. Sein Standort befand sich nordwestlich von Averette, gut zwanzig Meilen Luftlinie von der Feste entfernt. Da lag ein hartes Stück Arbeit vor ihm, aber der Gaul war ein Rassepferd, vermutlich einem Ritter geklaut. Eigentlich, so überlegte Frederic, konnte er da bis …
„Wohin des Wegs, du Jungfuchs?“, grollte da plötzlich eine derbe Stimme aus den Schatten am Schneisenrand.
„Eine Botschaft befördern. Für Lord Richard.“
Ein glatzköpfiger Hüne, noch übler stinkend als der Sachsenführer, löste sich aus dem schattenhaften Dunkel. „Wohin? An wen?“
Frederic drückte das Kreuz durch. „Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig.“
Der Söldner zog das Schwert. Soweit Frederic bei den Lichtverhältnissen erkennen konnte, steckte im Gürtel des Glatzkopfs noch ein Dolch. Allerdings trug er kein Kettenhemd, sondern offenbar bloß ein Lederwams. Wie die anderen Söldner glaubte der stinkende Widerling wohl, er habe ein verhätscheltes Edelbübchen vor sich, zu verweichlicht, um einen Mann zu töten, zu furchtsam, um mit voller Wucht zuzuschlagen, ohne Mumm und kaltblütige Entschlossenheit.
Während der Halsabschneider auf ihn zukam, wartete Frederic auf den günstigsten Zeitpunkt, so wie er’s bei Sir Bayard gelernt hatte: Abwarten bis zum letzten Augenblick, dann gnadenlos das Moment der Überraschung nutzen! Die Schwäche des Gegners erkennen, seine Achillesferse. Den Widersacher in dem Glauben wiegen, man erstarre gleichsam aus Angst vor ihm. Erst recht, wenn man tatsächlich die Hosen voll hat.
Dann zuschlagen und zwar hart. Eine zweite Gelegenheit kriegte man so schnell, nicht wieder.
Aus all diesen Gründen also ließ Frederic seinen Gegner kommen. Der sollte schon bald erfahren, wie sträflich er den Jungfuchs Frederic de Sere unterschätzt hatte.
21. KAPITEL
„Ist dein Hemd denn inzwischen trocken?“, fragte Bayard, als er sich kurz vor Morgenanbruch die Hose anzog. Der Zuber mit dem inzwischen kalt gewordenen Wasser stand nach wie vor mitten in der Kammer, die sie seit Bayards Rückkehr von der Patrouille nicht verlassen hatten. Sie selber hatten keinen Anlass dazu gesehen, und es hatte auch niemand nach ihnen gesucht.
„Bisschen klamm noch, aber es geht“, erwiderte Gillian mit einem Blick über die Schulter, denn sie streifte sich das Kleidungsstück gerade über.
„Erkälte dich bloß nicht. Warte doch hier“, schlug er vor, „und ich sage Seltha, sie soll dir ein anderes bringen.“
„Auf keinen Fall. Ich merke schon, wann ein Unterkleid trocken genug zum Tragen ist. Ich bin schließlich kein Kind, das Dummheiten macht. Das müsstest du doch inzwischen wissen.“
Er umfing sie mit den Armen und zog sie an seine Brust. „Ich bin mir durchaus der Tatsache bewusst, dass du eine Frau bist, Verehrteste.“
„Und keine dumme?“
„Um Gottes willen, nein!“, rief er in gespieltem Entsetzen. „Du bist sogar die am wenigsten dumme Person, die ich kenne. Selbst Armand wirkt gegen dich wie ein Waisenknabe.“ Er merkte, wie sie erstarrte bei dieser Bemerkung, und drehte sie zu sich herum. „Was hast du?“, fragte er, als er ihr Gesicht sah.
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich bin doch nicht andauernd so ernst!“
Er küsste sie auf die Stirn und dann auf die köstlichen Lippen. „Weiß ich doch! Habe ich dir schon gesagt, wie herrlich ich dein Lachen finde?“
Sie sah ihn verblüfft an. „Was, ehrlich?“
„Na, und ob. Und wenn du tanzt. Ich kann mich noch an den Abend beim Erntefest erinnern. Da warst du alles andere als ernst.“
Sie schmiegte den Kopf an seine Brust.„Das war mir überhaupt nicht geheuer, weil ich dachte, ich verstoße gegen die Etikette. Wenn man mal überlegt, was ich seitdem gemacht habe …“
„Allerdings“, bekräftigte er. „Alle Sorgen umsonst. Jetzt aber Schluss mit diesem Herumtrödeln“, rief er in dem Versuch, sie in bessere Stimmung zu bringen. Nur mit Mühe löste er sich von ihr. „Ich muss einen Spähtrupp führen und du dir ein Kleid anziehen. Wenn du das nicht machst, komme ich hier nicht weg, denn dann werde ich dich überreden, mir Gesellschaft zu leisten. Ich kann sehr überzeugend sein, das wirst du noch früh genug merken. Also,
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