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Hill, Susan

Hill, Susan

Titel: Hill, Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Menschen dunkles Sehnen: Kriminalroman (German Edition)
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ausschließen, den Tag, das Leben.
    Nach dem Aufwachen gab es immer einen Sekundenbruchteil, in dem sie sich gut fühlte, normal fühlte, »Hey, es ist Tag, los geht’s«, bevor die erdrückende, düstere Trübsal über ihr Gedächtnis kroch wie ein einsickernder Tintenfleck über ein Löschblatt. Vormittage waren schlimm, und seit sie ihren Job verloren hatte, wurden sie noch schlimmer. Debbie wachte mit Kopfschmerzen auf, die ihren Geist vernebelten, sie herunterzogen und den halben Tag andauerten. Wenn sie die enorme Anstrengung unternahm, aufzustehen und im Ort herumzulaufen – irgendetwas zu tun –, ließen die Schmerzen langsam nach. Im Lauf des Nachmittags hatte sie dann das Gefühl, damit zurechtzukommen. Abends lief es oft richtig gut. In der Nacht nicht, selbst wenn sie ein paar Drinks zu sich genommen hatte und zwar nicht fröhlich, aber zumindest ohne viel nachdenken zu müssen ins Bett fiel. Um drei wachte sie mit einem Ruck auf, das Herz schlug zu schnell, sie schwitzte vor Angst.
    »Debbie …«
    Geh weg. Komm nicht rein.
    »Zehn vor acht.«
    Die Tür öffnete sich, Licht fiel auf die Wand.
    »Tee?«
    Debbie bewegte sich nicht, sagte nichts. Geh weg.
    »Nun komm schon …«
    Die Vorhänge wurden aufgerissen, mit einem Geräusch, als würden ihr alle Zähne gezogen. Sandy Marsh, munter, quirlig, hellwach – und besorgt. Sie setzte sich auf Debbies Bettrand.
    »Ich sagte, ich hab dir Tee gebracht.«
    »Mir geht’s gut.«
    »Das stimmt nicht.«
    »Doch.«
    »Vielleicht geht es mich nichts an, aber ich finde, du solltest zum Arzt gehen.«
    »Ich bin nicht krank«, murmelte Debbie in die dumpfigen Mulden der Bettdecke.
    »Du bist auch nicht gesund. Schau dich doch an. Vielleicht hast du diese Sache, die man SAD nennt – eine saisonal abhängige Depression … Wir haben Dezember. Es ist eine Tatsache, dass sich im Dezember und Februar mehr Leute umbringen als im restlichen Jahr.«
    Debbie setzte sich auf, warf die Decke mit einem wütenden Ruck zurück. »Oh, toll. Danke.«
    Sandys strahlendes, frisch geschminktes Gesicht verzog sich sorgenvoll. »Entschuldige. Tritt mich. Tut mir Leid. O Gott.«
    Debbie weinte, vornüber auf ihre Arme gestützt. Sandy umarmte sie.
    »Du kommst zu spät«, schniefte Debbie.
    »Ist doch egal. Du bist wichtiger. Komm.«
    Schließlich stand Debbie auf und schlurfte in die Dusche. Aber vor der Dusche kam der Spiegel.
    Die Akne war schlimmer geworden. Ihr ganzes Gesicht war vernarbt und verunstaltet von einem schlimmen, entzündeten Ausschlag, der sich über ihren Hals bis zu den Schultern hinunterzog. Vor Monaten war sie deswegen einmal beim Arzt gewesen. Er hatte ihr eine übel riechende, gelbe Tinktur gegeben, die sie zweimal am Tag auftragen sollte. Das Zeug hatte ihre Kleider beschmiert, das Bettzeug stinken lassen und an den Pickeln überhaupt nichts bewirkt. Sie hatte die Tinktur nicht aufgebraucht und war auch nicht wieder in die Praxis gegangen. »Ich hasse Ärzte«, sagte sie zu Sandy, als sie in der Küche mit den selbst zusammengebauten Küchenschränken saßen, deren Türen ständig herausfielen.
    Sie kannten sich seit der Grundschule, waren in derselben Straße aufgewachsen und hatten vor acht Monaten zusammen die Wohnung gemietet, als Sandys Mutter wieder geheiratet hatte und das Zusammenleben schwierig geworden war. Aber was viel Spaß zu werden versprach, war irgendwie nie eingetreten. Debbie hatte ihren Job verloren, als die Baugesellschaft ihre Büros in Lafferton schloss, und dann war die Schwärze in sie hineingekrochen.
    »Ärzte geben einem doch nur jede Menge Tabletten, die einen fertig machen.«
    Sandy tunkte ihren Teelöffel in den Teebecher und zog ihn wieder heraus, tunkte ihn ein und zog ihn heraus.
    »Na gut. Vielleicht kannst du zu jemand anderem gehen.«
    »Wem denn?«
    »Diesen Leuten, die im Bioladen Reklame machen.«
    »Was? Wie dieser gruselige Akupunkteur? Heiler und Kräuterfritzen? Ziemlich abgedreht.«
    »Tja, viele schwören darauf. Schreib dir doch einfach ein paar Namen auf.«

    Sobald Debbie draußen war, fühlte sie sich besser, fast heiter. Sie betrat den Zeitungskiosk und kaufte sich ein Notizbuch und einen Kuli, ging die Perrott zum Bioladen entlang, schaute zum Hügel über den Dächern hinauf, dessen Kuppe in zitronengelbes Sonnenlicht getaucht war.
    Der Bioladen lag an der Alms Street, in der Nähe der Kathedrale. Vielleicht geht’s mir bald wieder gut, dachte Debbie. Ich könnte was für mich tun, zehn Kilo

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