Hill, Susan
bekannten Art von innerer Harmonie und dem Einklang mit dem Universum. Das ließ sich alles leicht abtun, und Cat bezweifelte, dass die Tabletten mehr enthielten als eine nutzlose Mischung sanfter Kräuter, aufgepeppt mit Soja. Die Salbe war sicher nicht gefährlich; es war nur Debbies Pech gewesen, dass sie auf etwas in dem einen oder anderen allergisch reagiert hatte.
Und doch machte Cat sich Sorgen. Ein Mädchen wie Debbie, übergewichtig, mit schlechter Haut, unattraktiv und geschmacklos gekleidet, ohne Job und ausreichendes soziales Umfeld, war verletzlich, und die Tatsache, dass sie eine ernsthafte Depression gehabt hatte, ließ noch mehr Alarmglocken klingeln. Ein nicht ausgebildeter Therapeut, der jemandem wie Debbie Parker psychologische Ratschläge gab, besonders wenn es mit einem Abtauchen in die Vergangenheit verbunden war, beispielsweise mit so genannter Regression oder »Rebirthing«, konnte ungemeinen Schaden anrichten.
Sie schrieb Dava auf ihren Block. Sie hatte nicht die Macht, jemanden wie ihn aus seinem Geschäft zu vertreiben, und selbst wenn er aus Starly verschwand, konnte er überall wieder aufmachen.
»Dava.« Cat sprach den Namen laut aus, spöttisch, bevor sie nach dem nächsten Patienten klingelte.
Debbie Parker ging die zwei Meilen nicht wieder zu Fuß nach Hause. Es hatte zu nieseln begonnen, und die Blase am Fuß tat weh. Stattdessen wartete sie am Ende der Adison Road eine halbe Stunde auf den Bus. Sie war durcheinander. Dr. Deerborn schien manchem, was Debbie aufgrund ihres Gesprächs mit Dava tat, nicht ablehnend gegenüberzustehen; die körperliche Betätigung, die Diät – dazu hatte sie ziemlich zustimmend genickt. Aber an ihrem Gesichtsausdruck und dem Klang ihrer Stimme war etwas gewesen, das Debbie ein unbehagliches, fast schuldhaftes Gefühl gab. Wie nach einer Vorladung beim Direktor. Danach fühlte man sich kleiner und törichter als beim Hineingehen. Aber sie war jetzt eine erwachsene Frau, warum sollte sie sich also wie ein dummes Kind fühlen?
Der Bus war warm und dampfig, und während sie mit dem Ärmel über das beschlagene Fenster wischte, um hinaussehen zu können, fiel Debbie ihre letzte Busfahrt ein, nach Starly. Der Gedanke an diese Fahrt, die Wartezeit im Café, die Erinnerung an Davas Haus in der steilen, engen Straße und an sein Sprechzimmer wie auch an den erstaunlichen Mann selbst erregte Debbie und machte sie gleichzeitig trotzig. Er hatte ihr besser getan als irgendjemand sonst, oder? Ihre Trübsal war verflogen, und sie fühlte sich zum ersten Mal seit Monaten ausgeglichen und glücklich. Was sollte daran schlecht sein? Sie war ihm dankbar und würde ihm das zeigen. Es war nicht Davas Schuld, dass sie so schlimm auf die Mittel reagiert hatte, das konnte jederzeit und jedem passieren. Dr. Deerborn hatte es selbst gesagt.
Im Stadtzentrum von Lafferton stieg sie aus und kaufte sich einen Müsliriegel mit Schokolade, um ihn auf dem Heimweg zu essen. Das sollte sie beide glücklich machen, dachte sie, als sie das Stanniol aufriss.
Auf der Fußmatte lag ein Brief. Als Debbie den Umschlag aufschlitzte, erkannte sie die wunderbare blaue Karte sofort. Sie schien in der Dunkelheit des Flurs zu leuchten, und das Leuchten schloss Debbie wie in einem warmen Kreis ein.
Dava
Bitte komme zu deinem nächsten Termin pünktlich um zwei Uhr fünfzehn am Dienstag, den 30. Januar.
Dieser Zeitpunkt ist sorgfältig und persönlich als der günstigste für deine Therapie ausgewählt worden.
Debbie machte sich eine Tasse Tee und setzte sich, mit der Karte vor sich, an den Küchentisch, versenkte sich in die Tiefe des magischen Blaus. Die Wirkung, die es auf sie hatte, war fast so stark, wie mit Dava in einem Raum zu sein. Sie fühlte sich belebt und verändert und war überzeugt davon, dass ihre Zukunft voll unendlicher Möglichkeiten war, über alles hinaus, was sie sich erträumt haben könnte, bevor sie diesen einen mutigen Schritt gewagt hatte.
Die Küche schien den ganzen Tag von der Ausstrahlung des spirituellen Lichts der Karte zu leuchten. Später erkannte Debbie, dass sie alles, was Dava ihr geraten hatte, immer und immer wieder tun wollte, damit er, wenn sie das nächste Mal zu ihm kam, ihr gratulieren und stolz auf sie sein würde. Also machte sie sich wieder auf den Weg, nachdem sie ihre Blase verpflastert und zwei Paar Socken angezogen hatte. Es war halb fünf, die Kinder kamen aus der Schule, hüpften mit ihren bunten Schultaschen über den
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