Hill, Susan
anzuvertrauen … nicht der Heilerin. Vermutlich würde man es Gott nennen.«
»Ich in jedem Fall.«
»Ich war auch bei einer Homöopathin.«
Cat schnaubte. »Das ist Voodoo. Völlig nutzlos, Karin. Es bewirkt einfach nichts, und wenn es doch so scheint, dann aus zwei Gründen. Erstens, das Problem hätte sich sowieso von alleine gelöst; zweitens, es ist ein Placebo. Ein sehr mächtiges Instrument, Placebos. Ärzte könnten nicht ohne auskommen.«
»Das sehe ich anders. Sie versucht nicht, den Krebs zu heilen, sie behandelt mich ganzheitlich. Und bitte schau nicht so und sag nicht ›hm‹ mit diesem ganz besonderen Unterton.«
»Ich versuche es. Sonst noch was?«
»Ich habe Unterlagen von der Gerson-Klinik angefordert und werde zwei Tage im Krebsselbsthilfezentrum in Bristol verbringen. Ansonsten lese ich. Denke nach. Verändere mein Leben. Arbeite nach wie vor am Garten deiner Mutter. Alles andere habe ich abgesagt, ich muss mich darauf konzentrieren, gesund zu werden, aber ich bin so gerne in Hallam House. Deine Mutter ist ein echtes Stärkungsmittel.«
Cat verzog das Gesicht.
»Eines solltest du vielleicht wissen. In Starly fängt gerade ein neuer Heilkundler an, der sich als ›Psychochirurg‹ bezeichnet.«
»Als was?«
»Ich hab im Internet nachgeschaut. Ziemlich gespenstisch. Offenbar gibt es eine ganze Menge davon, auf den Philippinen und so – und alles Scharlatane. Ein Psychochirurg behauptet, von jemandem besessen zu sein, der in einem anderen Jahrhundert Arzt war.«
»Willst du damit sagen, dass er Operationen durchführt?«
»Ich bin mir nicht sicher … Das ist alles esoterischer Kram, soweit ich das beurteilen kann, aber es täuscht viele verletzliche Menschen. Zwei Frauen in dem Café in Starly haben sich über jemanden unterhalten, dem dieser Kerl einen Kehlkopftumor entfernt hat.«
»Was?«
»Sie sagten, es gehe ihm besser, es sei ein Wunder, die Ärzte hätten ihn bereits aufgegeben – du weißt schon, was da so kommt.«
»Das muss aufhören.«
»Wie denn? Ist es illegal?«
»Du kannst Gift darauf nehmen, dass ich das herausfinden werde.« Cat sah ihre Freundin scharf an. »Du denkst doch nicht daran, zu ihm zu gehen?«
»Das hatte ich mir tatsächlich überlegt. Ich bin sehr daran interessiert, die Schafe von den Böcken zu trennen.«
»Hör zu, du weißt, wie ich zu alldem stehe. Es trifft sicherlich zu, dass eine gute Diät, körperliche Betätigung und eine positive Einstellung nützlich sind. Nützlich, aber nebensächlich, Karin. Der Rest ist Schwachsinn, und nicht alles davon ist ungefährlich.«
»Ich fall doch nicht auf diese Sache mit der Psychochirurgie rein. Für wie blöd hältst du mich?«
Cat sah sich in Karins Küche um, die Glaskuppel in der Decke, die Pflanzen und Setzlinge auf den breiten Fensterbrettern in der Sonne, ordentlich beschriftet, in den verschiedensten Wachstumsstadien. Der Boden war mit alten französischen Bauernhofkacheln gefliest, der Tisch ein langer Block gefirnisster Ulme, und der Raum mit einer neuen Stereoanlage ausgestattet. Geld, dachte sie, Geld und Geschmack – Karin hat das und alles, wofür es sich zu leben lohnt, einen Mann, der sie anbetet, endlich den richtigen Beruf, gutes Aussehen, Freunde, Intelligenz. Als Ärztin weiß ich, dass sie die falsche Entscheidung trifft, und es ist meine Pflicht, sie zu überreden, ihre Meinung zu ändern. Aber als Freundin …
»Ich bin gespalten«, sagte sie schließlich. »Ich will alles über diesen Psychochirurgen erfahren, aber ich will nicht, dass du dich dafür in Gefahr bringst.«
»Komm schon, Cat, ich bin zäh, ich kann auf mich selbst aufpassen. Also – hat deine Mutter dir von ihren Plänen für das neue Gewächshaus erzählt?«
Cat wusste, dass es keinen Zweck hatte, das Gespräch wieder auf Karins Gesundheitszustand zu bringen. Außerdem wollte sie tatsächlich etwas über die neuesten gärtnerischen Extravaganzen ihrer Mutter hören, vor allem, um darauf vorbereitet zu sein, wenn ihr Vater deswegen einen Wutanfall bekam. Seit Jahren benutzte Meriel Serrailler Arbeit und Familie als Puffer in einer unglücklichen Ehe mit einem verbitterten und ständig wütenden Mann. Jetzt, wo die Familie ihre Zeit kaum mehr in Anspruch nahm und Meriel ihren Posten als Beraterin des National Health Service aus Altersgründen aufgegeben hatte, beschäftigte sie sich intensiv damit, den großen Garten von Hallam House, der bisher nicht viel mehr als ein Familienspielplatz gewesen war,
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