Hill, Susan
Therapeuten gewesen, hatte sie ihm erzählt, wobei die alle in Lafferton waren.
»Hast du die Mittagsnachrichten im Radio BEV gehört? Annie kam zu mir reingerannt, um es mir zu erzählen. Offenbar hat die Polizei einen Aufruf wegen eines vermissten Mädchens durchgegeben.«
»Wieso, kennst du sie?«
»Sie war bei mir. Dickes Mädchen mit schlechter Haut. Nett. Naiv. Ich hoffe nur, dass ihr nichts zugestoßen ist.«
Stephen trank seinen Becher aus und stand auf. »Ich muss die neuen Bremsen an meinem Fahrrad montieren lassen, bevor ich den Laden aufmache.« Stephen war ein strikter Autogegner, ließ es Dava aber gerade noch durchgehen, dass der seinen alten Kleinbus brauchte, um täglich die siebzehn Meilen von zu Hause nach Starly zu fahren.
»Weißt du, wann dieser Typ seine Praxis aufmacht?«
»Der Psychochirurg? Keine Ahnung. Aber sie sind schon am Renovieren. Kann nicht mehr lange dauern.«
Colin stöhnte. Er hatte genug über Anthony Orford gelesen, um zu wissen, dass der eine ernste Bedrohung für sein eigenes Geschäft war. Colin war sich nicht sicher, wie der Mann zu seinem Ruf gekommen und ob da irgendetwas dran war, wobei er das eher bezweifelte. Ihm gefiel die Sache ganz und gar nicht. Mit Leuten zu reden, sie dazu zu bringen, sich zu entspannen, zu meditieren und sich auf Dinge außerhalb ihrer selbst zu konzentrieren, ihnen sogar Vitamine und pflanzliche Mittel zu verschreiben, all diese Dinge, die er tat, waren in Ordnung, aber er hatte nie vorgegeben, ein Heiler zu sein, nie behauptet, Krankheiten heilen zu können, wenn er sich auch sicher war, dass viele, die zu ihm kamen, von stressbedingten Symptomen geheilt wurden. Durch Anspannung verursachte Kopfschmerzen und Müdigkeit und Verdauungsstörungen konnten durchaus verschwinden, obwohl er nie Versprechungen machte. Krebs und Herzkrankheiten und multiple Sklerose – das war etwas völlig anderes, und vorzugeben, Operationen an Menschen durchzuführen, ging entschieden zu weit. Es schockierte ihn. Solche Leute verliehen anständigen Therapeuten wie ihm, die ihren Lebensunterhalt verdienen und unglücklichen Menschen ein wenig helfen wollten, einen gefährlich schlechten Ruf.
Er aß auf, ging zum Zeitungskiosk, um sich den Guardian zu kaufen, und machte dann mit raschem Schritt seinen üblichen Stadtrundgang von einer Dreiviertelmeile, die einzige Bewegung, die er während des Tages bekam. Als er oben in die Straße zu seinem Haus bog, sah er einen schwarzen Rover 45 davor anhalten. Eine Frau und ein Mann stiegen aus und fanden, nachdem sie wie alle ein paar Sekunden gesucht hatten, die Klingel. Colin blieb, wo er war, sah, wie Annie die Tür öffnete und die beiden hineinließ.
Er hatte vor drei Uhr keinen weiteren Termin, also wer war das? Er ging den Hügel hinunter und musterte das Auto. Ein völlig anonymes Fahrzeug, nichts lag auf den Sitzen oder der Ablage, nichts steckte in den Türtaschen, außer einer zusammengefalteten Straßenkarte. Welche Art Menschen besaßen ein total sauberes und leeres Auto? Er steckte den Schlüssel in die Tür.
»Colin? Da bist du ja.« Annies Gesichtsausdruck war dramatisch. »Die Polizei ist da.«
Natürlich. Er trat in die Nische, die als Garderobe diente, wusch sich die Hände, spülte seinen Mund aus und band den Pferdeschwanz neu. Besser, sich ihnen so zu präsentieren, in einer ganz gewöhnlichen Jacke statt in seiner Robe mit offenen Haaren. Annie hatte die Polizisten in seinen Raum geführt, wo der Mann die Schautafeln mit den Chakren und astrologischen Zeichen betrachtete und die Frau mit übergeschlagenen Beinen – hübschen Beinen, bemerkte er – am Tisch saß und etwas schrieb.
»Entschuldigung, ich war in der Mittagspause. Ich bin Colin Davison.«
Er hatte es immer für richtig gehalten, freundlich zu Polizisten zu sein, selbst wenn sie einen nur anhielten, weil der Auspuff vom Bus herunterhing. Erstaunlich, wie oft sich das auszahlte.
»Detective Sergeant Freya Graffham, und das ist DC Nathan Coates.«
Colin schüttelte beiden die Hand und setzte sich ebenfalls an den Tisch. Es hatte keinen Zweck, dachte er, so zu tun, als wisse er nicht, worum es sich handelte.
»Ich nehme an, Sie sind wegen Debbie Parker hier?«
Wenn die Polizistin wegen seiner Direktheit überrascht war, verbarg sie es gut.
»Das stimmt. Wie haben Sie davon gehört?«
»Ich selbst gar nicht, sondern Annie, meine Assistentin – sie hörte die Durchsage auf Radio BEV und hat es mir sofort erzählt. Es ist
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