Hill, Susan
bin sicher, dass es da eine Verbindung gibt. Das könnte bei jemandem eine Erinnerung an die andere Frau auslösen.«
»Schon möglich, trotzdem würde ich damit lieber noch warten, bis Debbies Eltern hier sind und wir die Möglichkeit hatten, ihnen den neuesten Stand mitzuteilen. Ich möchte nicht, dass sie aus dem Radio von einer weiteren vermissten Frau erfahren, bevor wir sie vollständig ins Bild gesetzt haben. Und ich möchte auch nicht, dass die Presse eine Ausrede hat, uns SERIENMÖRDER in Balkenlettern ins Gesicht zu schreien.«
»Stimmt.«
»Was haben Sie jetzt vor?«
»Ich fahre zurück zum Revier und hole Nathan Coates ab, um mit ihm zusammen in Starly diesen Therapeuten aufzustöbern.«
»Dava.« Der DCI verzog das Gesicht. »Ich würde gerne hören, was meine Mutter dazu meint.« Sie lächelten sich an, erkannten ein gemeinsames Verständnis für Meriel Serrailler.
»Ihre Mutter hat mich übrigens gebeten, ihr bei einem Frühjahrsbasar zu helfen.«
»Tja, nehmen Sie sich in Acht. Sie hat Stahlklauen.«
»Ich weiß nicht mal, wofür der Basar ist … ein Tagesheim?«
»Ja. Sie ist Schirmherrin. Ein Tagesheim für alte Menschen mit Demenz und ähnlichen Problemen. Als Nächstes wird sie Sie für das St.-Michael-Hospiz krallen.«
»Von dem sie ebenfalls Schirmherrin ist?«
»Vorsitzende.«
Es war angenehm, hier in der Wintersonne zu stehen, mit ihm zu reden, beide entspannt, miteinander zu scherzen und einen Moment lang den Grund ihres Hierseins beiseite zu schieben. Er hatte eine Art, ihrem Blick zu begegnen und zu lächeln, nicht flirtend, sondern einfach, als möge er sie und wolle sich mit ihr über andere Dinge in ihrem Leben als den Beruf unterhalten. Lass den Augenblick verweilen, dachte Freya, lass ihn verweilen.
»Ich verdanke Ihrer Mutter viel. Sie hat mich willkommen geheißen und mich Leuten vorgestellt, Freunden. Es ist nicht leicht, an einem fremden Ort neu anzufangen.«
»Das kann ich mir vorstellen. Sie werden allerdings merken, dass in Lafferton gerne getratscht wird. Wir sind eigentlich nicht mehr als ein Marktflecken mit einer Kathedrale. Trotzdem muss es leichter sein als in London, hier neue Freunde zu finden.«
»Wissen Sie, ich glaube, ich möchte London nie wiedersehen.«
»Das geht vorüber.«
»Ich vermisse dort niemanden.«
Wieder begegnete er ihrem Blick. Er ist direkt, dachte sie, weicht nicht aus.
»Starly, DS Graffham«, sagte er dann.
»Ja, Sir.«
Für den Rest des Tages trug sie sein Lächeln mit sich.
24
C olin …!«
Noch nie hatte er Annie brüllen hören, und dies war ein Brüllen, das man besser nicht ignorierte. Das Haus könnte in Flammen stehen.
»Colin …!« Sie kam ohne anzuklopfen herein. »Hast du die Nachrichten auf Radio BEV gehört?«
»Natürlich nicht, ich hatte den ganzen Morgen Kundschaft.«
»Eine von denen wird vermisst. War der Aufmacher der Nachrichten.«
Colin Davison alias Dava hatte seine Robe aufgehängt und schlüpfte in seine Jeansjacke. Seit neun Uhr hatte er einen Kunden nach dem anderen gehabt, zwischendurch hatte es gerade für eine Tasse Kaffee gereicht – echten, nicht dieses Löwenzahngebräu –, und er war hungrig. Aber was ihm seine Sekretärin da sagte, war alarmierend.
»Um wen geht es denn, Annie? Beruhige dich.«
»Sie war Anfang dieser Woche hier, und davor schon einmal, ich hab nachgeschaut. Debbie. Debbie Parker.«
»Du weißt, dass ich sie sofort vergesse, wenn sie den Raum verlassen haben.«
»Pummeliges Mädchen mit Pickeln.«
Er erinnerte sich ganz genau. Sie war eine derjenigen gewesen, die sofort Vertrauen fassen, alles in sich aufsaugen und entschlossen sind, ihr Leben zu ändern. Beim zweiten Mal war die Veränderung bereits sichtbar gewesen. Es erforderte so wenig, hatte er gedacht, nichts, was sie nicht selbst für sich hätten tun können, und doch kamen sie zu ihm, kamen immer wieder, brauchten Bestätigung, wollten sich an die Hand nehmen lassen, hatten kein Vertrauen in sich selbst. Sie taten ihm wirklich Leid.
»Und, was ist mit ihr passiert?« Er griff in die Tasche. »Hast du mal Feuer?«
»In meiner Schreibtischschublade, aber hör zu … Es war der Aufmacher, wie gesagt. Die Polizei bittet alle um Hinweise, die sie gesehen haben. Sie ist nicht nach Hause gekommen.«
»Tja, was soll’s, viele Leute gehen nicht nach Hause, finden es da schrecklich, haben die Schnauze voll davon. Das kann man ihnen nicht vorwerfen.«
Er verließ sein Zimmer durch das Kabuff, in dem
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