Himbeersommer (German Edition)
Gegenteil.
Die Quiche erinnert mich an mein Picknick mit Daniel am Wannsee. Ich habe mir eine neue Handy-Nummer zugelegt und ich fürchte, er hat es verstanden. Jedes Mal wenn es an der Tür klingelt, zucke ich zusammen und mein Herz rast. Aber es ist zum Glück nie Daniel, sondern nur der Postbote oder Magda. Meine neue, zweitbeste Freundin.
Mit Jacky ist leider immer noch der Wurm drin. Sie scheint persönlich beleidigt, dass ich mich von Daniel habe schwängern lassen und lässt sich diesen Irrsinn nicht ausreden.
„Hast du denn immer noch nicht kapiert, was es heißt, alleinerziehend zu sein?!“, sagte sie bei unserem letzten Mittwochslunch und winkte den dicken Aushilfskellner her. Jacky war lange Maskenbildnerin beim Fernsehen. Aber mit Kind ist dieser Job utopisch. Seitdem hält sie sich mit Verkaufsjobs in Boutiquen über Wasser.
„Hast du Werner doch nicht getroffen?“, fragte ich ahnungsvoll nach.
„Schön, dass dich das doch mal interessiert“, erwiderte sie schnippisch. „Wir reden ja nur noch über Daniel, deine Schwangerschaft und deine Baustelle.“
„Ich dachte, du willst das wissen, aber …“
„Natürlich, aber du könntest dich zur Abwechslung mal wieder für mich interessieren.“ Sie lächelte plötzlich. „Ich hab in Zukunft weniger Zeit. Werner hat wirklich Interesse an mir. Trotz Kind.“
„Was? Das sagst du mir jetzt erst?! Das ist doch toll. Oer gibt es einen Haken?“
„Bis jetzt noch nicht“, Jacky zahlte, lächelte den dicken Aushilfskellner an. „Aber du weißt ja, bei Männern gibt es immer einen Haken.“
Der Aushilfskellner, ein kleiner, feister Mann mit widerlich behaarter Brust, lächelte und schüttelte den Kopf.
„Bei mir gibt es keinen Haken!“
Wir sahen uns an und schafften es, erst auf der Straße loszuprusten.
Da mich die Schwangerschaftsübelkeit voll erwischt hat, und meine Beine bereits jetzt Wasser einlagern - so dass ich aussehe wie die alte Frau Piske ohne Perücke - bin ich froh, nur ein paar Häuser weiter rollen zu müssen, wenn ich eine gute Freundin brauche, um mich auszuheulen. Denn was Hormone aus einer taffen Frau Ende 30 machen können, steht in keinem dieser unzähligen weisen Schwangerschaftsratgeber beschrieben.
Magda hat immer ein Kleenex und einen guten Tipp parat. Sie erinnert sich zwar nur noch vage an die Babyzeit mit Ruby und Wanda – „Wahnsinn wie schnell man das alles vergisst“ –, aber so nach und nach fällt es ihr wieder ein.
„Ich habe mich morgens und abends mit Bio-Olivenöl eingeschmiert. Schenkel, Po, Bauch und nicht zu knapp. Das Ganze einmassieren und voilà, schau, ich habe keine Schwangerschaftsstreifen.“ Sie reißt ihr T-Shirt hoch und ich bewundere ihren Bauch, der so flach ist, wie es mein Bauch noch nie war. Auch nicht zu meiner Geburt.
Natürlich befolge ich ihren Rat und schmiere, was das Zeug hält. Seitdem ist der Absatz unseres kleinen Bio-Ladens, was Olivenöl betrifft, sprunghaft in die Höhe geschnellt.
Je größer mein Bauch wird, desto mehr öle ich. Ein toller Tipp von Magda, wenn man die Preise für Schwangerschaftsöl einmal aus der Nähe betrachtet. Ich hoffe es hilft – und auch, dass die Fettflecken auf meinen Kleidern und dem Bettlaken durch Waschen wieder herausgehen.
„Toll, dass du so schwaches Bindegewebe hast.“ Sie lacht entschuldigend auf. „Aber das ist jetzt wirklich ein Vorteil. Ich bin mir sicher, du kommst um diese fürchterlichen Risse herum.“
Risse. Na wunderbar. Wenigstens jetzt kann ich mich über mein schlaffes und dehnbares Gewebe endlich mal freuen. Da hat die Natur so richtig mitgedacht.
Tobias ist wirklich entzückend zu mir. Er bringt kleine Geschenke mit (was er seit ungefähr sieben Jahren nicht mehr getan hat), auch für das Kind, und es hilft nichts, ihn darauf aufmerksam zu machen, dass es ja noch gar nicht geboren ist.
Wir machen uns daran, die Einrichtung des Kinderzimmers zu planen, sind uns da aber nicht immer einig.
Die immer wiederkehrenden Gedanken an Daniel schiebe ich traurig beiseite. Ich habe das Gefühl, ich werde nie mehr hundertprozentig glücklich sein können und frage mich, was ich meinem Kind je über seinen Vater sagen soll.
Eine Wiege und andere Kindersachen haben wir schon, und der Rest kommt von Ikea. Andere Varianten werden schnell verworfen. Beim Thema Baby will einem die Industrie ja so richtig schön das Geld aus der Tasche ziehen.
„Hormongesteuerte Glucken scheinen dafür optimal bescheuert zu sein“, hat Jacky mal
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