Himbeersommer (German Edition)
Kunstkenner.“
Er sieht mich an, seine Augen leuchten.
„Ein Kunstfreak. Ich glaube, dann hab ich eine Idee, die ihn deinen kleinen Fauxpas ganz schnell vergessen lässt.“
Er nimmt Stift und Papier zur Hand und fängt an zu zeichnen.
„Hier, das Piratenschiff, da die Stellplätze, stimmts?“
Er malt ein paar Schnörkel neben das Schiff.
„Wie wäre es, wenn du die Himbeersiedlung, die ja vor allem für junge, moderne Familien umgebaut wird künstlerisch gestaltest. Kind und Kunst. Es wird sich doch ein Künstler finden lassen, der da ein tolles Objekt hinzaubern will.“
Ich sehe ihn an und umarme ihn. Und halte ihn ganz, ganz fest.
„Das ist super. Wirklich. Das hätte glatt von mir sein können“, ich lächle ihn an. Doch dann wird meine Miene bitterernst. „Aber es geht nicht. Wir haben kein Budget dafür. Und Baltimore ist ein Oberknauser, der macht bestimmt nichts locker!“
Daniel sieht mich an und überlegt.
Am nächsten Morgen habe ich einen Termin mit den Bauherren. Und meine Brüste spannen!
Ich rase zum Drogeriemarkt, kaufe einen Schwangerschaftstest und verkrieche mich im Bad.
***
Ich wage es nicht, die Packung zu öffnen, starre erst die verstaubte Lampe über mir und dann mein aschfahles Gesicht im Spiegel an. Und ich sehe nur Falten! Eine neue, tiefe Furche an meiner Stirn scheint über Nacht hinzugekommen zu sein, mindestens eine, wenn nicht zwei. Meine Lippen sind trocken, spröde, verlieren Kontur. Endlich weiß ich, wieso es Lippenkonturenstifte gibt, für die Frau ab 39!
Das arme Kind, falls es jemals ein Kind von mir auf dieser Welt geben wird. „Ist das deine Oma?“, wird es im Kindergarten sicher gefragt. „Nein, äh … meine … äh … Mama.“
Mir ist übel, und der Test bestätigt es. Ein Smiley lacht mir höhnisch entgegen. Schwanger, schwanger, schwanger!
Daniel und ich haben nach unserem ersten Mal, das zum Glück gut gegangen ist, mit der Temperaturmethode verhütet. Aber wie man ja eigentlich als einigermaßen gebildete Frau weiß, aber gerne verdrängt, ist das die sicherste Methode, schwanger zu werden. Verhütung für Frauen, die sich insgeheim ein Kind wünschen, das dem Partner gegenüber – und sich selbst vielleicht auch nicht - nie offen sagen würden.
Ich bin am Boden zerstört. Keine Freude. Nur eine große Leere und viele Tränen, die eine nach der anderen den grünen Badteppich beträufeln. Grün war die Hoffnung.
Ich rufe sofort Magda an. Jacky fällt aus, denn Gregor hat Windpocken und schreit noch mehr als sonst. Hinzu kommt, dass Jacky die Sache mit Daniel sowieso nicht verstehen kann - oder will.
„Daniel sagst du es erst einmal nicht“, versucht Magda mich zu beruhigen, während ich auf ihrem lila Sessel sitze und meine Handknöchel malträtiere. Sie kocht mir einen Fenchel-Tee, sieht mich immer wieder besorgt an. „Fenchel-Tee regt die Milchproduktion an, sorry, vielleicht noch etwas zu früh.“
„Ich habe einen Magen-Darm-Virus,“ wimmele ich Daniel und unser nächstes Treffen per Handy ab. Nicht ahnend, dass das kein Grund für Daniel ist, mich nicht zu sehen.
Magda und ich reden viel und wirr. Da klingelt es und Ruby, deren Hort heute geschlossen hat, wird in unsere Überlegungen notgedrungen mit einbezogen.
„Voll krass, von einem zwölf Jahre Jüngeren! Cool.“ Ruby ist hin und weg. Wenigstens eine , die das richtig gut findet.
„Abtreibung kommt aber wohl nicht in Frage?“, will Magda vorsichtig wissen.
„Natürlich nicht! Wir versuchen seit zwei Jahren schwanger zu werden!“
Wir ? Ein „Wir“ existiert nicht mehr. Oder doch? Und ich weiß nicht warum, ob es die Hormone, der natürliche Nestbautrieb oder sonst was ist - mir ist schlagartig klar, dass Tobias mein Mann ist und bleiben soll.
„Ich werde ihm sagen, dass ich die Spritzenmethode probiert habe und dass es sofort geklappt hat. Er wird zwar sauer sein, dass ich ihn nicht eingeweiht habe, wer der Spender ist, aber das kann ich nicht ändern.“ Ich sehe die beiden mit großen Fragezeichen in den Augen an, nippe an meinem Stilltee und bilde mir ein, die Milch in meine Brüste einschießen zu spüren.
„Ja, klingt vernünftig“, stimmt Magda zu.
„Vernünftig schon, aber große Liebe ist was anderes“, meint Ruby enttäuscht.
Ich zeige ihr ein Foto von Daniel in meinem Handy und sie findet ihn total süß.
„Wenn du den nicht willst, nehm ich ihn. Ich steh auf ältere Männer“, grinst sie und nimmt die zerfledderte, erogene Zonen-„Petra“ zur
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