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Himmel der Suende

Himmel der Suende

Titel: Himmel der Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riccarda Blake
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und nahm sie dennoch entgegen.
    „Es ist nicht so schwer“, sagte er. „Hier entsicherst du sie, und hier drückst du ab. Ziel auf die Mitte deines Gegners, und sei darauf vorbereitet, dass die Pistole bei einem Schuss bockt wie ein gestochener Gaul. Also halte sie mit zwei Händen und spann dabei deine Arme und Schultern leicht an, um den Rückstoß abzufedern. Die linke Hand hältst du unter der rechten Faust, damit sie dem Schlitten nicht in den Weg kommt und der dir nicht die Finger absäbelt. So, sieh her.“
    Er zeigte ihr mit seiner Waffe, was er meinte, und sie machte es mit der ihren nach. Die Einfachheit, mit der er ihr den Umgang mit der Pistole erläuterte, und das Gefühl der Waffe selbst beruhigten sie wieder ein wenig.
    „Keine Sorge“, sagte er. „Ich passe auf. Dieses Mal lasse ich dich nicht aus den Augen.“
    „Danke, Sergej“, sagte sie und küsste ihn auf die Wange. „Wenn alles wie verabredet läuft, steht der Wagen, den uns der Kapitän organisiert hat, etwa vierhundert Meter hinter der Baumlinie im Hof eines verlassenen Klosters. Von dort aus führt ein Feldweg schon nach zwei, drei Kilometern auf eine Landstraße, und dann sind wir auch schon bald auf der Autobahn in Richtung Ukraine. Bis wir im Wagen sitzen, hältst du dich die ganze Zeit hinter und nah bei mir. Verstanden?“
    Sie nickte und zog den Mantel enger um sich.
    Der Steuermann lenkte den Außenborder auf die Sandbank. Wie zuvor mit dem Kapitän vereinbart, gab Sergej ihm noch zwei weitere Goldbarren und der Seemann ihm dafür die Wagenschlüssel.
    „Sollen wir euch bis zum Wagen begleiten?“, fragte er. Er hatte wohl bemerkt, dass die beiden beunruhigt waren.
    Anya hätte am liebsten Ja gesagt, aber Sergej grinste und sagte: „Nein, danke. Ich weiß das zu schätzen. Aber es reicht, wenn ich auf sie aufpassen muss.“ Er nickte in Richtung Anya. „Aber sag deinem Skipper noch einmal vielen Dank. Ich werde ihn weiterempfehlen.“
    „Stets zu Diensten“, sagte der Steuermann und half Anya aus dem Boot auf den Strand, während Sergej leichtfüßig selbst heraussprang und seinen Koffer aus dem Boot holte. Sie warteten, bis die beiden Männer das Boot wieder in die Wellen hineinbugsiert und Fahrt in Richtung des Schiffes aufgenommen hatten, ehe sie in die Stille des Ufers hineinhorchten. Dann, als nichts Verdächtiges zu hören oder zu sehen war, schritten sie in Richtung der Bäume.
    Obwohl die riesige, über viereinhalb Millionen Einwohner zählende Stadt ganz in der Nähe war, schien hier am Südufer des Nevskayasunds, kurz vor der Brücke zur Insel Kronstadt, alles still und verlassen.
    Für Anyas Begriffe zu still.
    Normalerweise müsste um diese Uhrzeit die Luft schwanger sein vom Gezwitscher und Rufen der Vögel, aber nicht ein einziger war zu hören. Ihre knirschenden Schritte im Sand waren beinahe schon erschreckend laut.
    „Wie gesagt“, meinte Sergej leise, „bleib immer leicht hinter mir.“
    Anya sah an seinen konzentrierten Bewegungen, wie angespannt er war - sprung- und angriffsbereit.
    Sie erreichten die Baumlinie, und er gab ihr ein Zeichen, stehen zu bleiben.
    „Ich gehe vor“, sagte er flüsternd und deutete in die Richtung, die er nehmen würde. „Du folgst mir im Abstand von mindestens sieben Metern, aber auch nicht mehr als neun. Hast du das verstanden?“
    Sie nickte. „Aber warum kann ich nicht bei dir bleiben?“
    „Falls sich jemand hinter den Bäumen versteckt und ich ihn zu spät sehe, bist du weit genug entfernt, um aus relativ sicherer Entfernung zu handeln“, erklärte er. „Und denke daran, wenn du schießen musst, schieße immer zweimal - aber achte darauf, zwischen den beiden Schüssen neu zu zielen, sonst geht die zweite Kugel wahrscheinlich hoch in die Luft.“
    Sie nickte ein weiteres Mal. Dann ging er los - mit vorsichtigen, gezielt gesetzten Schritten, um dabei so wenig Lärm wie möglich zu machen, was durch das am Boden liegende Laub und den dazwischengewehten Dünensand geradezu unmöglich war. Dabei schwenkte er den Blick und die Mündung seiner Pistole in einem Hundertachtzig-Grad-Halbkreis von links nach rechts und wieder zurück, um hinter den Bäumen zu sichern, die er gerade passierte. Anya fiel auf, dass er dabei nicht geradeaus ging, sondern immer den Weg nahm, der am weitesten am nächsten Baum vorüberführte.
    Sie wartete, bis er etwa sieben Meter von ihr entfernt war, und ging dann los. So ungewohnt die Pistole in ihrer Hand sich anfühlte, so gab sie ihr

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