Himmel uber Langani
betrachtete sie forschend, während sie den Tee einschenkte.
»Ja, danke.«
»Gefällt es dir hier wirklich? Abgesehen von den Geistern auf der Aussichtsplattform«, neckte er sie.
»Es ist …« Meine Güte! Sie musste die Panik abschütteln, die sie ergriffen hatte. Das war Piets Traum. Sie wollte ihm ihre Begeisterung zeigen und ihn ermutigen. »Das ist der fantastischste Ort auf der ganzen Welt. Du hast großartige Arbeit geleistet. Du und Hannah werdet es schaffen, da bin ich mir ganz sicher.«
Ausgelassen umarmte er sie. »Ach, ich bin ganz aus dem Häuschen. Die Tiere kommen jetzt regelmäßig. Wir haben schon die verschiedensten Arten von Böcken gesehen, Elefanten, einige Großkatzen, jede Menge Büffel und noch viel mehr! Hannah hat sich um die Einrichtung gekümmert und das Personal angelernt.« Er ging hinaus auf die Plattform und rief nach Simon. Sarah brachte es nicht über sich, ihm zu folgen.
» Bwana ?« Simon tauchte an der Tür zum Foyer auf und ließ sie zusammenzucken.
»Wo warst du? Memsahib Sarah musste den Tee kochen. Hast du die Aufregung vorher nicht mitbekommen? Nicht gehört, dass sie geschrien hat?«
Sarah krümmte sich vor Verlegenheit. Wollte er etwa Simon erzählen, dass sie seltsame Dinge sah und in seiner neuen Lodge Anfälle bekam?
»Ich habe nichts gehört, Bwana . Kipchoge und ich haben uns die Spuren der Büffel angesehen. Letzte Nacht müssen sehr viele hier gewesen sein.«
»Gut. Bereite jetzt die Tabletts mit den Getränken vor. Die anderen müssten bald hier sein.«
»Ich werde sie gleich herrichten. Und die Toasts.«
Sarah sah auf ihre Armbanduhr. Bereits fünf Uhr! Sie wollte nicht, dass die Zeit so schnell verflog. In der Schule waren die Wochen im Schneckentempo dahingekrochen, und sie hatte sich immer nach den Wochenenden auf Langani oder den Ferien zu Hause gesehnt. Jetzt rasten die Tage viel zu schnell vorbei. Ich glaube, ich werde alt, dachte sie. Eigentlich glaubte ich, dass man erst so empfindet, wenn man wirklich schon alt ist.
»Piet?« Sie zwang sich, zu ihm hinauszugehen, und griff zögernd nach seiner Hand.
Er sah sie lächelnd an. »Was ist?«
»Es war ein wunderschöner Tag. Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du mir die Lodge zuerst gezeigt hast – und dass dir meine Meinung wichtig war.«
»Was möchtest du tun, wenn du dein Studium abgeschlossen hast?« Er war ihr sehr nah, aber seine Stimme klang eher freundschaftlich als zärtlich. »Weißt du noch, wie wir uns darüber lustig gemacht haben, dass du wahrscheinlich im Kloster landen wirst?«
Sie lachte, aber in ihrer Antwort schwang leiser Ärger mit. »Diese Vorstellung existierte nur in deiner Fantasie. Mein Wunsch ist es, nach Kenia zurückzukehren und hier zu arbeiten. Ich möchte an einem Forschungsprojekt über Wildtiere mitwirken. Und dabei möchte ich auch meine Kamera benutzen. Glücklicherweise kann Fotografie sehr hilfreich bei der Arbeit sein, auf die ich hoffe. Und wie sich gezeigt hat, habe ich da ein gewisses Talent.«
»Camilla hat mir erzählt, dass du einen Wettbewerb gewonnen hast. Hast du einige dieser Bilder mitgebracht?«
Camilla. Das war wohl unvermeidlich. Trotz allem, was er Hannah gesagt hatte, stand seine alte Flamme immer noch zwischen ihnen.
»Ich habe Abzüge meiner besten Bilder von der Ausstellung mitgebracht. Für alle, die sie sehen wollen.«
»Natürlich wollen wir sie sehen. Warum nicht? Oder handelt es sich etwa um unanständige Bilder?« Er grinste sie anzüglich an.
»Nein, natürlich nicht«, erwiderte sie lachend. »Es sind Porträts meiner Freunde aus dem Obdachlosenasyl in Dublin. Morgen werde ich sie dir zeigen.«
»Wenn du nach deinem Abschluss auf der Suche nach einem wissenschaftlichen Projekt bist, könntest du vielleicht in Langani etwas finden. Die Lodge wird schon bald eröffnet werden, und du könntest dir nebenher etwas Geld verdienen, wenn du uns hilfst. Ich weiß, Hannah hätte dich sehr gern hier. Ein anderes weibliches Wesen, das ihr hier und da den Rücken stärkt! Kipchoge und ich könnten dir dabei helfen, das Wild aufzuspüren oder mit den Einheimischen zu reden. Ich spreche Massai und Kikuyu, und Kipchoge ist ein Nandi. Auch Anthony könnte dir ein paar Tipps geben. Was hältst du davon?«
Sarah presste die Lippen zusammen und versuchte den Freudenschrei zu unterdrücken, der sonst die sanfte Stille des Abends zerrissen hätte. Eine wunderbare Vorstellung von Abenden auf der Farm tauchte vor ihren Augen auf: Hannah
Weitere Kostenlose Bücher