Himmel uber Langani
Bier?«
»Ich nehme einen Sherry, bitte.«
An den bisherigen Wochenenden hatte man den Mädchen hausgemachte Limonade oder Ingwerbier angeboten und im vergangenen Jahr hin und wieder ein kühles Bier. Heute Abend hatte Lottie jedoch Sherry und Wein aus dem Keller geholt und das Beste von allem ausgesucht, was in ihrem Küchengarten wuchs. Dies war ihr letzter Besuch, bevor sie die Schule beenden und an weit entfernten Orten ein neues Leben beginnen würden. Sarah hatte schon einmal Sherry probiert. Er hatte ihr nicht besonders geschmeckt, aber sie wusste nicht, was sie sonst hätte wählen sollen. Ihre Mutter trank gern spanischen Sherry, trocken und hell und mit holzigem Geschmack. Der afrikanische Sherry leuchtete jedoch dunkel in dem Glas und schmeckte süß. Und er war ziemlich stark. Als Sarah daran nippte, spürte sie sofort, wie er ihr zu Kopf stieg. Befangen sah sie sich um. Hannah saß auf einem Hocker neben dem Sessel ihres Vaters und hatte ihre kräftigen Beine angezogen. Das blonde Haar war zu einem Zopf geflochten, der ihr seitlich über die Schulter fiel. Ihr rundes Gesicht strahlte.
»Du siehst gut aus, Sarah! Anders. Was sagt der Rest der Gesellschaft dazu?«
»Ich dachte schon, du wärst unter der Dusche ertrunken. Eben wollte ich nach dir sehen.« Camilla sah vom Sofa auf, wobei das Licht auf ihr Gesicht fiel und ihre schimmernde, makellose Haut zur Geltung brachte.
»Setz dich und beachte die beiden einfach nicht«, meinte Lottie. »Hannah hat Recht – du siehst gut aus. Tatsächlich wirkt ihr alle heute Abend bezaubernd, jede auf ihre Weise. Wie neue Blüten in meinem Garten. Blumen aus Licht, wie es in dem Gedicht heißt.«
»Du bist heute Abend in sehr romantischer Stimmung«, warf Jan ein. »Diese Mädchen werden sich von deinen italienischen Anwandlungen hinreißen lassen, Carlotta, und sich dann nicht mehr auf die Abschlussprüfungen konzentrieren können. Ich denke, du bringst sie jetzt besser auf den Boden der Tatsachen zurück.«
»Was schadet es, ein paar Minuten in den Wolken zu verbringen, während wir auf Piet warten? Lange wird es nicht mehr dauern. Ich kenne meinen Sohn – bestimmt hat er inzwischen einen Bärenhunger. Normalerweise braucht er nicht so lange, um sich zum Abendessen frisch zu machen.«
»Normalerweise sitzt er beim Abendessen auch nicht mit drei jungen Damen am Tisch.« Jan hob seinen Bierkrug und prostete seiner Tochter und ihren Freundinnen zu. »Dass er das Rugbyspiel am Wochenende in Nanyuki abgesagt hat, hängt sicher auch damit zusammen.«
»Guten Abend, Ma. Abend zusammen.«
Piet trug eine frisch gebügelte khakifarbene Hose und ein grünes, am Kragen offenes Hemd. Im Schein des Kaminfeuers erschien er Sarah wie eine blank polierte Götterstatue. Er trank einen großen Schluck Bier. Als sie den Schaum an seiner Lippe sah, verspürte sie unwillkürlich den Drang, diesen mit dem Finger abzuwischen. Vielleicht ihn zu kosten. Eine unerträgliche Beklommenheit überkam sie, und ihr Nacken brannte. Er betrachtete sie lächelnd. Ob er wohl erriet, was sie dachte? Konnte er die lächerlichen Gedanken lesen, die sie aufwühlten? Piet wischte sich mit der Hand den Schaum vom Mund. Sarah trank hastig einen Schluck Sherry und verschluckte sich. Er kam zu ihr herüber und klopfte ihr kräftig auf den Rücken.
»Tut mir Leid. Das ist mir in die falsche Kehle geraten.«
Sie verhaspelte sich und schnappte nach Luft. Die Mascara, die sie so sorgfältig auf die Wimpern aufgetragen hatte, lief ihr nun sicher über die Wangen. Verzweifelt versuchte sie, ihren Atem unter zu Kontrolle zu bekommen, und kramte in ihrer Handtasche nach einem Taschentuch. Meine Güte, wie schrecklich! Wie konnte sie sich nur so dumm und ungeschickt verhalten?
»He! Ich liege nicht im Sterben!«, protestierte sie.
Der Vorfall endete in Gelächter, als alle sich um Sarah versammelten, ihr gute Ratschläge gaben und sie trösteten. Piets Hand lag auf ihrer Schulter, und der tröstende Druck seiner Finger brannte sich förmlich in ihre Haut. Als der Gong zum Abendessen rief, erhob sie sich mit zitternden Knien.
Lottie hatte Kerzen angezündet, und in der Mitte des langen Tisches stand eine Schale mit den scharlachroten Blüten eines Tulpenbaums. Alle hielten die Köpfe gesenkt, während Jan das Tischgebet sprach. Dann ging die Tür zur Küche auf, und Mwangi, der Hausboy, gekleidet in ein weißes kanzu [15] , trug eine große Suppenterrine herein.
»Wo kommt denn der alte Gauner jetzt
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