Himmel uber Langani
Lebens.« Camilla empfand nur noch Verachtung für ihre Eltern. »Und keiner von euch hat auch nur einen Gedanken daran verschwendet, welche Auswirkungen eure Lebenslüge auf mich haben könnte!« Sie packte Marinas Arm und drückte fest zu, bis ihre Mutter vor Schmerz zusammenzuckte. »Verschwinde aus meiner Wohnung, Mutter, und lass mich ab jetzt in Ruhe! Ich will euch beide nicht mehr sehen und nichts mehr mit euch zu tun haben. Ihr habt schon genug Schaden angerichtet.«
»Camilla …«
»Hier ist dein Mantel, Mutter. Bitte geh jetzt.«
Danach saß Camilla wie in Trance eine Stunde lang allein im Zimmer, wo noch ein Hauch von Marinas Parfüm in der Luft lag. Als es dämmerte, machte sich ein kaltes gelbliches Licht im Zimmer breit, und der Wind, der aufgekommen war, strich flüsternd um die Fenster. Schließlich stand Camilla auf, um sich zum Ausgehen umzuziehen. Sie badete, cremte Arme und Beine ein und schminkte sich so professionell und geschickt wie möglich. Zu guter Letzt kämmte sie die Ponyfransen über ihre Stirn und fixierte sie mit Haarspray. Dann schlüpfte sie in ein enges Kleid, das knapp über dem Knie endete. Im Hotel Savoy lächelte sie dem Barmann zu und bestellte einen Wodka.
»Ich habe Sie schon einige Wochen nicht hier gesehen, Miss Broughton Smith«, begrüßte er sie. »Sind Sie mit Ihrem Vater verabredet? Möchten Sie einen Tisch reservieren?«
»Danke, ich brauche keinen Tisch, James. Nur einen Drink.«
»Camilla! Wo haben Sie denn gesteckt, meine Liebe? Tolle Frisur.« Keith Short war Journalist und hatte einige Male in seiner Gesellschaftsspalte über sie berichtet. »Wollen Sie mit mir zu Abend essen? Ich treibe mich hier herum und hoffe, dass einer der Jungs von der afrikanischen Delegation über die Stränge schlägt und mir Stoff für meine Kolumne am Mittwoch liefert. Außerdem gibt es da eine gewisse Dame von königlichem Geblüt, die hin und wieder der Appetit auf schwarze Haut packt. Ich habe gehört, dass sie möglicherweise heute auftaucht. Ein Fotograf steht bereit, nur für den Fall, dass ihr eine nette kleine Indiskretion unterläuft.«
»Sie haben wirklich einen reizenden Beruf, Mr. Short«, entgegnete Camilla nur halb im Scherz.
»Dafür können Sie mir dankbar sein, meine Liebe. Schließlich habe ich in meinen Artikelchen schon oft genug über Sie berichtet. Also, was halten Sie jetzt von einem Abendessen?«
»Danke, aber ich bin bereits verabredet«, erwiderte Camilla. »Es wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, als die Öffentlichkeit ganz allein aufzuklären.«
»Da kann man wohl nichts machen. Und wo haben Sie sich in letzter Zeit versteckt?«
»Ich war für ein paar Wochen in Kenia.«
»Die Jungs in der oberen Etage, die ich im Auge behalten möchte, sind auch von dort.« Keith bestellte noch einen Drink. »James sagt, dass sie sich großartig amüsieren.«
»So sind sie alle«, verkündete der Barmann. »Mit diesen afrikanischen Politikern ist es immer dasselbe, ganz gleich, woher sie kommen. Kaum zu glauben, wie viel Alkohol sie vertilgen. Die saufen das Zeug wie Wasser, und dabei heißt es doch, dass die afrikanischen Länder alle bankrott sind. Sie kommen her, um Geld zu erbetteln, weil sie sonst verhungern. Aber mal ganz unter uns, Sir, mit dem Geld, das sie für Limousinen, Suiten und Alkohol allein in diesem Hotel ausgeben, könnten sie ihr Land vermutlich ganz allein finanzieren. Und dazu noch die teuren Frauen, die sie sich kommen lassen!«
»Sind Sie häufig an der Bar?«, fragte Camilla.
»Nein. Sie bestellen alles aufs Zimmer. Das Telefon läutet pausenlos. So geht es schon seit einigen Tagen. James, eine Flasche Glendfiddich für Zimmer vier-sechs-drei. James, eine Magnumflasche Dom Perignon für vier-sechs-drei. James, könnten Sie dafür sorgen, dass vier-sechs-drei den Armagnac bekommt? Von allem immer nur das Beste. Die Rechnung geht vermutlich nach Whitehall, und dann dürfen Sie und ich das mit unseren Steuergeldern bezahlen.«
Camilla leerte ihr Glas und verließ die Bar. Als sich die Aufzugtür im vierten Stock öffnete, zögerte sie einen Moment. Dann jedoch stieg sie aus, ging langsam den mit Teppich belegten Flur entlang und studierte die diskreten Nummern an den Zimmertüren. Als sie anklopfte, reagierte zunächst niemand. Camilla war so aufgeregt, dass sie sich am Türrahmen festhalten musste.
»Guten Abend.« Der Mann, der schließlich öffnete, blickte sie erstaunt an. »Ich habe so früh mit niemandem gerechnet. Sind
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