Himmel uber Langani
Erfahrung fehlt, aber ich werde mir Mühe geben und sicher alles lernen, wenn Sie anfangs Geduld mit mir haben.«
Allie hob ihr Glas. »Ich habe dir doch gesagt, dass sie sich für Fotografie interessiert und dass ich ein paar ihrer Bilder gesehen habe. Doch Viktor hat sie dazu gebracht, uns ihre ganze Mappe zu zeigen. Gute Aufnahmen. Sogar besser als gut. Viktor war ganz aus dem Häuschen, und er hat ein Auge für solche Dinge. Wenn Sarah eine richtige Fotodokumentation unseres Projekts anlegt, haben wir vielleicht bessere Chancen, wenn wir neue Mittel beantragen. Und du hättest Material, das du bei deiner nächsten Reise in die Staaten vorlegen kannst.«
»Klingt prima.« Dan stand auf. »Ich wette, dass ihr nach der langen Fahrt Hunger habt. Wir wollen schauen, dass wir etwas zwischen die Kiemen kriegen.«
Er nahm eine Kuhglocke vom Beistelltisch und läutete heftig. Ein magerer, verhutzelter kleiner Mann, der Khakishorts und eine Tunika trug, erschien in der Tür.
»Ahmed, das ist Miss Sarah. Ahmed ist unser Koch. Er ist schon seit zehn Jahren bei uns und gehört praktisch zur Familie. Wir würden jetzt gerne essen, Ahmed.«
Sie setzten sich an den Tisch, wo Allie zwei Kerzen entzündete. Es gab würzige Currysuppe, gefolgt von einer Frankolinkasserolle und frischem Obst mit Dosensahne zum Nachtisch. Sarah fragte sich, wie Ahmed es wohl geschafft hatte, in seiner Küche unter freiem Himmel heiße Gerichte zuzubereiten, ohne dass alles in Regenwasser ertrank. Beim Essen erzählte Dan amüsante Anekdoten aus seinen Studententagen in New York und schilderte, wie er Allie auf einer Konferenz in Edinburgh kennen gelernt hatte. Nach fünf Tagen hatte er ihr vor dem Löwengehege im Zoo von Edinburgh einen Antrag gemacht. Ihre gutbürgerliche schottische Familie war entsetzt gewesen.
»Ich hätte genauso gut vom Mars sein können«, meinte er. »Ein mittelloser Amerikaner ohne große Berufsaussichten, der für ein paar Dollar im Monat Elefanten beobachtet und in der afrikanischen Einöde in einem Zelt lebt. Nicht gerade der ideale Schwiegersohn für Allies Eltern. Aber wenigstens haben sie sich nicht lumpen lassen und uns zur Hochzeit einen Scheck geschenkt, mit dem wir uns einen zerbeulten alten Landrover kaufen konnten. Als sie glaubten, dass wir genügend Hausrat zusammengesammelt hatten, haben sie uns im Tsavo Nationalpark besucht. Seitdem kommen sie jedes Jahr, was man von meinen Eltern nicht behaupten kann. Mein Dad ist vor fünf Jahren gestorben, und meine Mutter fliegt lieber zu meiner Schwester nach Palm Beach, wo es gleich um die Ecke einen Schönheitssalon gibt. Afrika ist ihr ein wenig zu primitiv.«
»Schlafenszeit«, verkündete Allie nach der letzten Tasse Kaffee. »Ich bin völlig erledigt. Hier ist Ihre Laterne, Sarah. Neben Ihrem Bett liegt eine Taschenlampe für Notfälle. Wenn Sie nachts aufs Klo müssen, achten Sie darauf, dass Sie die Tür gut hinter sich zumachen. Wahrscheinlich wollen Sie bei Ihrer Rückkehr keinen ungebetenen Gast in Ihrem Bett vorfinden. Chai gibt es um sechs, und anschließend wird hier gefrühstückt. Gute Nacht.«
Sarah nahm ihre Lampe und versuchte sie vor dem Regenguss zu schützen, während sie den kurzen Weg zu ihrer Hütte lief, die sich tief unter eine Akazie duckte. Als sie die Tür öffnete, hörte sie das Rascheln von Eidechsen auf dem Strohdach. Dann trat sie in den Raum, der für die nächste Zeit ihr Reich sein sollte. Ein Bett aus mit Schnüren verspannten Holzlatten stand an der Wand. Es war mit einer Schaumgummimatratze, gestärkten weißen Laken, zwei dicken grünen Armeedecken und natürlich mit einem Moskitonetz versehen. Verärgert über die Störung, huschten Geckos im Lichtkegel der Lampe an der Decke entlang und stießen missbilligende Schnalzgeräusche aus. Ein grob gezimmerter Stuhl und ein Schreibtisch mit zwei Schubladen waren ans Fenster gerückt worden. In einer Ecke befand sich ein kleiner Schrank, der für ihre Habseligkeiten vorgesehen war. Der Boden bestand aus festgestampftem Lehm. Vor ihrem Bett lag eine geflochtene Strohmatte. Sie hörte das stete Prasseln des Regens auf dem Dach und das Rauschen des stark angeschwollenen Flusses jenseits des Lagerzauns. Während sie auspackte und alles im Schrank oder in den Schreibtischschubladen verstaute, drang das Grunzen von Flusspferden an ihr Ohr. Anschließend zog sie sich aus, schlug die Bettdecke zurück und untersuchte alles auf Käfer und anderes Kriechgetier, bevor sie genüsslich
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