Himmel uber Langani
sicher treffen wir uns bald wieder. Allie, du musst deinen Schützling mit nach Nairobi bringen, wenn du dich das nächste Mal nach den Lichtern der Großstadt sehnst.«
»Darauf würde ich nicht hoffen«, entgegnete Allie. »Ich meide Nairobi wie der Teufel das Weihwasser. Zu viel Lärm und Menschengewühl. Das ist das Problem mit Fossilien wie Dan und mir. Wir haben die Fähigkeit verloren, über Banalitäten zu plaudern. Warum kommst du nicht stattdessen nach Buffalo Springs? Dan wird sich freuen, ein paar Gläschen mit dir zu trinken.«
Das war eine sehr lange Ansprache für Allies Verhältnisse. Sarah bemerkte, dass sie ein wenig mit Viktor flirtete. Offensichtlich war er ein guter Freund. Inzwischen hatte er die Zigarre ausgemacht, nahm nun Allies Hände und küsste sie. Dann wandte er sich wieder Sarah zu.
»Also werde ich wohl gezwungen sein, die Reise in die Wildnis anzutreten, wenn ich meine Bekanntschaft mit Miss Mackay vertiefen möchte.« Er zog die schwarzen Augenbrauen hoch und schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Dann leerte er sein Glas in einem Zug und winkte den Kellner heran, um einen neuen Drink zu bestellen.
»Was möchten die Damen trinken? Glauben Sie, dass es hier guten Champagner gibt? Nein, sicher nur mittelmäßigen, und wohl auch nicht richtig gekühlt. Also Pimm’s! Wie wär’s mit einem Pimm’s? Das passt ausgezeichnet zum Curry und wird dich beim Fahren beflügeln, Allie.« Er nickte Sarah zu. »Sie sind noch nicht mit dieser Frau gefahren. Eine wahre Mutprobe!«
»Was redest du für Unsinn, Viktor. Aber ein Pimm’s wäre wunderbar. Möchtest du mit uns zu Mittag essen?«
Viktor holte sich einen Stuhl und setzte sich zu ihnen. Wie Sarah auffiel, hatte er einen gesegneten Appetit. Er verschlang zwei gewaltige Portionen Curry, die er mit enormen Mengen Gin hinunterspülte. Sie wunderte sich, wie er so viel essen und trinken konnte, ohne dabei dick zu werden und ohne dass man ihm die Wirkung des Alkohols anmerkte. Sie hingegen nippte nur vorsichtig an ihrem Glas, denn sie fürchtete, dass ihr von zu viel Alkohol mitten am Tag übel oder schwummerig werden könnte. Es machte ihr Spaß, Viktors Fragen zu beantworten, und bald erzählte sie ihm und Allie alles über ihre Kindheit in Kenia, ihr Studium in Dublin und ihre Sehnsucht, nach Afrika zurückzukehren. Da es ihr sonst schwer fiel, offen mit Fremden zu sprechen, wunderte sie sich über sich selbst. Offenbar hatte Allie nichts dagegen, schweigend zuzuhören, ihren zweiten Drink zu genießen und dazu eine von Viktors Zigarren zu rauchen. Vielleicht ist das ja ihre Methode, sich ein Bild von ihrer neuen Assistentin zu machen, dachte Sarah. Als Allie dann erwähnte, dass Sarahs Fotografien einen Preis gewonnen hatten, wollte Viktor sie sofort sehen.
»Wo sind denn diese Kunstwerke? Haben Sie sie mitgebracht? Wir müssen sie uns sofort anschauen. Künstlerin und Wissenschaftlerin, was für eine Kombination! Allie, du hast ein Juwel entdeckt, um deine staubige Einöde damit zu schmücken.«
Da die beiden darauf bestanden, holte Sarah ihre Mappe und reichte sie ihnen voller Lampenfieber. Die Mappe enthielt die Fotos vom Wettbewerb und die Bilder, die sie während der Safari in Samburu aufgenommen hatte. Während Viktor sie betrachtete, war er ungewöhnlich still, und als er sie schließlich wortlos Allie reichte, sank Sarah das Herz. Sie hätte sich nicht dazu überreden lassen dürfen, sie zu zeigen! Umso mehr überraschte sie sein Kommentar.
»Sie haben ungewöhnliches Talent. Was sagst du dazu, Allie? Sie hat den richtigen Blick, um die Aura eines Menschen, eines Tiers oder eines Orts einzufangen. Wenn sie deine Elefanten so fotografiert, wird dein Projekt weltberühmt werden! Und sie selbst ebenfalls.«
»Du hast Recht«, stimmte Allie zu. »Die Fotos sind von hoher Qualität. Dan wird sich freuen, sie für unsere Fotodokumentation verwenden zu können.«
»Gestochen scharfe Aufnahmen kann jeder Techniker machen«, sagte Viktor. »Doch diese Bilder haben eine Seele. Sie hat das Wesen ihrer Motive erfasst. Die Fotos sprechen zu ihrem Betrachter. Dieses Porträt hier sagt die Wahrheit.«
Erschrocken blickte Sarah auf das Bild, das er ausgesucht hatte. Es war ein Schnappschuss von Piet, wie er auf einem Gipfel in Samburu stand. Die Abendsonne tauchte sein Haar in einen goldenen Schein, und er blickte lächelnd und überrascht in die Kamera. Es war ihr Lieblingsfoto von ihm.
»Das ist das Gesicht der Liebe«, stellte Viktor
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