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Himmel uber Langani

Himmel uber Langani

Titel: Himmel uber Langani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara und Stefanie Keating
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einschlummerte.
    Sie war nicht sicher, was sie aufgeweckt hatte. Langsam drangen eine leise Stimme und unterdrücktes Gelächter in ihr Bewusstsein. Beunruhigt und verwirrt setzte sie sich auf und warf einen Blick auf Camillas Bett. Es war leer. Sarah fuhr mit den Füßen in ihre Pantoffeln und ging zum Fenster. Die Veranda war in kaltes weißes Mondlicht getaucht. Scharf umrissene Schatten hüteten die Geheimnisse der Nacht. Am Rand der Dunkelheit lehnte sich Camilla gegen das hölzerne Geländer. Dann trat sie mit einem leisen, weichen Lachen ins Licht und murmelte Worte, die Sarah nicht verstehen konnte. Der kalte Wind brachte die Eukalyptusbäume zum Wispern und blähte die Falten ihres Nachthemds. Sie fröstelte. Dann trat Piet aus den Schatten hervor und nahm Camilla in seine Arme. Sarah sah ihre Augen im Mondlicht glitzern. Sie beobachtete, wie Piets Hand nach oben glitt und die Stelle berührte, wo Camillas Brüste sich unter ihrem Pullover wölbten, sah zu, wie Camilla sich zurücklehnte und ihn anlachte.
    Sarah stand wie erstarrt in der Dunkelheit. Der Schmerz, der sie durchdrang, war so heftig, dass sie glaubte, jemand habe ihr ein Messer in den Körper gestoßen. Sie zwang sich, vom Fenster wegzugehen, aber obwohl sie die Augen schloss und sich die Bettdecke über den Kopf zog, konnte sie das Bild nicht verdrängen, wie Piet Camillas Gesicht in seine Hände nahm und sich herabbeugte, um ihre Lippen zu küssen.

Kapitel 3
    Kenia, Dezember 1962
    S ie standen dicht nebeneinander im Morgennebel auf dem Bahnsteig, lachten und weinten, umarmten die Nonnen und Lehrer, was sie in all den Jahren in den Klassenzimmern kein einziges Mal getan hatten. Sie versprachen, in Kontakt zu bleiben, sich Briefe zu schreiben und einander bald zu besuchen. Hannah war zum Bahnhof gekommen, um sich zu verabschieden. Nun stand sie neben Camilla und machte dumme Witze, um ihre Verlegenheit und Traurigkeit zu überspielen. Sarah trat zur Seite, unfähig ihre Tränen zu verbergen. Ein Teil ihres Lebens war nun bereits vorbei. Sie fühlte sich aus dem Gleichgewicht geworfen, so als müsste sie sich nun ohne Richtlinien und vertraute Gesichter in einen leeren Raum stürzen. Der indische Stationsvorsteher erschien auf dem Bahnsteig. Sein Atem verdampfte in der frostigen Luft, als er tränenreiche Abschiedsszenen unterbrach und plappernde Mädchen in die Waggons wies. Er schlug Türen zu und rief dem Lokführer, den Maschinisten und dem Schlafwagenschaffner Kommandos zu. Die Mädchen beugten sich weit aus den Fenstern, winkten und riefen ihre letzten Abschiedsgrüße, als der Zug den Bahnhof im Bergland verließ und sie mit einem jammervollen Pfeifen von ihren Kindheitsjahren fortbrachte.

    Als sie am späten Nachmittag in Nairobi eintrafen, standen die Eltern in Grüppchen auf dem Bahnsteig. Ihre Gesichter strahlten vor freudiger Erwartung. Willkommensgrüße ertönten, als die Kinder und ihr Gepäck auf den Bahnsteig gebracht wurden. Gepäckträger rollten Schrankkoffer zu den bereitstehenden Autos. Sarah versuchte zu erraten, wer in der Menge Marina Broughton-Smith war.
    » Jambo [21] , Saidi. Unser Gepäck steht dort drüben.« Camilla begrüßte einen Mann in einer Chauffeursuniform. »Das ist meine Freundin Memsahib [22] Sarah, die bei uns wohnen wird.«
    »Wo sind deine Eltern?« Instinktiv wusste Sarah, dass sie nicht danach hätte fragen sollen, aber die Worte waren ihr einfach so herausgerutscht.
    »Keine Ahnung. Ich nehme an, sie sind beschäftigt. Wir werden sie noch früh genug zu Gesicht bekommen.«
    Saidi fuhr sie durch die breiten Straßen der Stadt zu der Wohnsiedlung Muthaiga, wo Alleen großflächige Grundstücke mit gepflegten Rasenflächen und Blumenbeeten einrahmten. Das Haus der Broughton-Smiths wirkte auf beunruhigende Weise kalt und unpersönlich, und als Sarah über die Schwelle trat, brachte die Stille sie aus der Fassung. Sie hatte das Gefühl, sich in einem Haus zu befinden, das keine Seele hatte: Es war nur ein imposanter Steinhaufen, der keine Ähnlichkeit mit einem Zuhause hatte, wie sie es kannte. Von Camillas Eltern war keine Spur zu sehen, als sie dem Hausboy die Treppe hinauf in den Gästeflügel folgte. In ihrem Zimmer stand ein Himmelbett und ein mit Samt bezogenes Sofa mit einem dazu passenden Sessel. Daran schloss sich ein eigenes Bad an. Es war beeindruckend und löste ein Gefühl der Verlorenheit in ihr aus. So stellte sie sich eine Suite in einem teuren Hotel vor, obwohl sie noch nie eine

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