Himmel uber Langani
es ist, sich damit abzufinden, und du musst mich auch nicht wiedersehen. Aber ich hoffe, dass es mir gelungen ist, dich wenigstens ein bisschen zu überzeugen, bevor es zu spät ist. Gute Nacht.«
Sie blickte dem Taxi nicht nach, als dieses im Regenschleier verschwand. Drinnen in der Wohnung ging sie zuerst ins Schlafzimmer ihrer Mutter. Marina lag reglos da. Für ein paar Minuten setzte sich Camilla an ihr Bett und nahm ihre Hand. Die Pflegerin murmelte ein paar aufmunternde Worte und fügte fürsorglich hinzu, Camilla solle aufpassen, dass sie sich mit ihrem nassen Haar und den durchweichten Schuhen nicht den Tod holte. Im Badezimmer zog Camilla die feuchten Sachen aus und untersuchte ihren Knöchel. Er war geschwollen und pochte. Camilla stieß einen entnervten Seufzer aus. Nun würde sie Tom anrufen und ihm beichten müssen, dass sie sich den Knöchel verstaucht hatte. Seine ärgerliche Reaktion konnte sie sich schon lebhaft vorstellen. Sie drehte den Wasserhahn auf und goss eine halbe Flasche parfümiertes Badeöl in die Wanne. Obwohl es sehr warm in der Wohnung war, zitterte Camilla am ganzen Leib, während sie ins Wasser stieg und sich zu beruhigen suchte. Aber sie musste trotzdem ständig an Giles Hannington denken. Gewiss war ihr Vater diesem Mann vollkommen hörig. Und sicher rechnete er damit, dass seine Zukunft nach Marinas Tod gesichert sein würde, denn dann würde er George mit niemandem mehr teilen müssen. Vielleicht war er ja sogar ein Erpresser und lebte von der Angst seiner Opfer. Er sah gut aus und machte einen gebildeten Eindruck. Ein arbeitsloser Schauspieler womöglich. Ganz bestimmt ließ er sich von ihrem Vater aushalten und für die Stunden bezahlen, in denen er ihm zu Diensten war. Es konnte auch sein, dass Giles Hannington nur einer von vielen jungen Männern war, mit denen George eine Affäre hatte. Der Gedanke schnürte ihr die Kehle zu, und sie spürte, wie Panik in ihr aufstieg. Sie kletterte aus der Wanne und hinkte in die Küche, um sich eine Tasse Milch warm zu machen. Später im Bett lag sie da, lauschte dem prasselnden Regen, verfluchte ihren Vater und seinen Liebhaber und verwünschte die Krankheit ihrer Mutter, die sie erst in diese Lage gebracht hatte. Und vor allem war sie wütend auf sich selbst.
»Ich habe mir den Knöchel verletzt«, sagte sie am nächsten Morgen am Telefon zu Tom Bartlett.
»Ach du meine Güte, Camilla!«, schimpfte er. »Kannst du gehen? Die Sache mit der Schmuckfirma steht nämlich inzwischen. Schaffst du es, heute Nachmittag zu dem Zeitschrifteninterview zu kommen?«
»Ja, es ist nur eine Verstauchung. Ich lasse den Knöchel jetzt bandagieren, und dann müsste es eigentlich klappen.«
»Gut, dann rufe ich Heim und Haushalt an und gebe Bescheid.«
» Heim und Haushalt? Willst du mich auf den Arm nehmen?«
»Dir wird das Lachen schon noch vergehen, wenn du den Scheck siehst. Es wird ein mehrseitiger Artikel, und außerdem zahlen sie viel besser als die Hochglanzmagazine. Wenn du dich interviewen lässt, bringen sie dein Foto auf der Titelseite. Sie möchten etwas über deine Abenteuer in Afrika schreiben. Mut im Angesicht der Gefahr und solches Zeug. Was ist eigentlich mit deinem Verehrer Edward Carradine? Meinst du, er hätte Interesse zu erklären, wie er die Narbe auf deiner Stirn entfernen und dich wieder in eine makellose Schönheit verwandeln will?«
»Du weißt doch, dass Ärzte nicht in Zeitschriften über ihren Beruf sprechen dürfen. Das gilt als Werbung und verstößt gegen die Standesregeln. Und er würde es sowieso nicht tun.« Camilla stellte sich vor, wie peinlich Edward diesen Vorschlag finden würde.
»In diesem Fall musst du eben selbst ein paar Bemerkungen fallen lassen, wie dankbar du ihm bist. Geht er eigentlich häufig mit seinen Patientinnen in teure Restaurants?«
»Keine Ahnung.«
»Wenn ich daran denke, wie er dich letztens angesehen hat, glaube ich nicht, dass sein Interesse an deinem Gesicht rein beruflicher Natur ist. Das entstellte Fotomodell und ihr Chirurg, der ihr die Schönheit wiedergibt und sich in sie verliebt. ›Partygirl macht Schluss mit dem Nachtleben und sucht sich ein Liebesnest.‹ Das wäre doch eine tolle Geschichte für Heim und Haushalt .«
»Sei nicht albern, Tom. Er hatte erfahren, was mit meiner Mutter los ist, und wollte mich aufheitern, indem er mich zum Essen einlud.«
»Wenn in meinen Worten nicht ein Körnchen Wahrheit wäre, würdest du es nicht so heftig abstreiten. Kein Mann kann
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