Himmel uber Langani
Bett wollte.«
Sie sah so verloren aus, dass er versucht war, den Arm um sie zu legen. Wie gerne hätte er ihr gestanden, dass er sich bis über beide Ohren in sie verliebt hatte, und zwar bereits bei ihrer ersten Begegnung. Er sehnte sich danach, ihr zu sagen, dass er jeden Tag stundenlang an sie dachte, auf Mittel und Wege sann, um sie wiederzusehen, und diese aus Angst, etwas zu überstürzen, wieder verwarf. Er wollte ihr erklären, dass er sich albern vorkam, weil er, ein erwachsener, erfolgreicher Mann, sich wie ein schwärmerischer Pennäler gebärdete. Stattdessen nahm er wieder Platz und tat, als wäre er Herr der Lage.
»Möchtest du mir nicht von dem Telefonat mit deinem Vater erzählen?«, fragte er.
»Da gibt es nichts zu erzählen. Ich wollte einfach nicht mit ihm sprechen. Aber dann ist noch etwas Schlimmeres passiert. Ich hatte Angst, er könnte wieder anrufen und versuchen, mit mir zu reden. Also bin ich zu einer Party in Chelsea gegangen. Es war ziemlich grässlich.«
»Und heute Morgen hast du dich elend gefühlt.«
»Nein. Ja. Doch das war nicht das Problem daran. Sein Liebhaber war dort.«
Edward runzelte verdattert die Stirn. Es dauerte eine Weile, bis er verstand.
»Tja, zumindest einer seiner Liebhaber.« Camilla biss sich auf die Lippe. »Der, mit dem ich ihn hier ertappt habe, als ich eines Nachmittags in die Wohnung geplatzt bin und gesehen habe, wie mein Vater in Wahrheit ist. Gestern Nacht habe ich diesen Kerl sofort erkannt. Er heißt Giles Hannington und wollte unbedingt mit mir reden. Also bin ich losgerannt, und dabei bin ich gestolpert und habe mir den Knöchel verstaucht.« Sie war den Tränen nah.
»Vielleicht ist es an der Zeit, dass du ein Gespräch mit deinem Vater führst, so schwer es dir auch fällt«, meinte Edward. »Wenn du dich dem Thema stellst, vor dem du Angst hast, hast du die entscheidende Hürde schon überwunden.«
»Was soll ich ihm denn sagen? ›Hallo, Daddy, alles vergeben und vergessen. Warum kommst du nicht vorbei und bringst deinen kleinen Freund mit, damit wir alle zusammen nett mit deiner sterbenden Ehefrau plaudern können.‹ Wenn ich nur daran denke, wird mir übel. Und mit Mutter ist es auch nicht besser. Ihr ganzes Leben lang hat sie sich nicht um mich gekümmert und an allem herumgemäkelt, was ich tat. Und jetzt muss ich für sie da sein und sie versorgen, bis dass der Tod uns scheidet, während der wunderbare George sich in der Weltgeschichte herumtreibt. Das ist doch ein Witz und außerdem ziemlich ungerecht.«
»Was dir zurzeit abverlangt wird, ist mehr, als die meisten Menschen ertragen könnten. Aber dein Vater kann sich nicht ändern, auch wenn er es sicher versucht hat. Er ist, was er ist, und zweifellos hat er teuer dafür bezahlt.«
»Jetzt stehst du auch schon auf seiner Seite«, zischte sie. »Du willst mir also weismachen, dass er nichts gegen sein Schwulsein tun kann und dass es in Ordnung war, Mutter zu heiraten. Er hat sie als Alibi benutzt, um beruflich weiterzukommen, und du erwartest jetzt von mir, dass ich auch noch Mitleid mit ihm habe. Und mit ihr ebenfalls. Ich habe den beiden eine miserable Kindheit zu verdanken, und nun soll ich großzügig über alles hinwegsehen!«
»Nein, ich meine doch nur …«
»Tja, mir tun sie aber überhaupt nicht Leid, denn schließlich haben sie nicht nur ihr eigenes Leben verpfuscht, sondern auch meins. Meine Mutter stirbt an Leukämie, und ich bin bereit, ihr die letzten Tage so angenehm wie möglich zu machen. Aber wenn sie nicht todkrank wäre, würde ich mich so selten wie möglich mit ihr treffen. Und ihn will ich ganz bestimmt nicht sehen.«
»Doch du vermisst ihn. Ihr wart euch doch einmal sehr nah.«
»Nein, das ist alles erstunken und erlogen. Wir waren uns nie nahe! Das war nur Theater. Ein grausames Spiel, so wie sein ganzes Leben. Das ist die Wahrheit, so hässlich sie auch sein mag. Und ich werde mir keine sentimentale Versöhnungsszene aufzwingen lassen. Weder von ihm noch von meiner Mutter, die andere Menschen immer nur benutzt hat.«
»Dann müssen die beiden deine Entscheidung respektieren«, erwiderte Edward beschwichtigend. Er wollte sie zu nichts drängen, da er fürchtete, das keimende Pflänzchen ihrer Beziehung zu zerstören. »Doch du musst aufpassen, damit du dir nicht selbst mehr wehtust, als sie dir je wehtun konnten.«
»Ich bin hart im Nehmen«, gab sie trotzig zurück. »Bis jetzt bin ich schließlich auch klargekommen, und ich werde es weiter
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