Himmel uber Langani
wenn sie wieder im Büro war. Er sollte eine Stunde Zeit haben, um sich zu beruhigen. Sicher war es nicht leicht für ihn, und sie hatte zu wenig Rücksicht auf seine Gefühle genommen. Sie musste Verständnis dafür haben, dass er eifersüchtig war. Als sie weiterschlenderte, hatte sie Lars bald vergessen und stellte sich stattdessen vor, wie Viktor sich über sie beugte, um sie zärtlich in die Arme zu nehmen.
Als sie zum Haus zurückkehrte, flirrte die Luft vor Hitze, und kleine Staubsäulen wehten über das Land. Hannah wünschte, die Regenzeit hätte ein wenig länger gedauert. Das Land war bereits ausgedörrt und von trockenen Grasstoppeln übersät. Wegen der schlechten Weidebedingungen würde das Vieh bald teures Zusatzfutter brauchen. Sie ging geradewegs ins Büro, doch von Lars war nichts zu sehen. Auch beim Mittagessen blieb sein Platz leer.
» Pole [62] , Memsahib . Es tut mir so Leid. Pole sana .« Mwangi verzog bekümmert das Gesicht.
»Was tut dir denn Leid?«, fragte Hannah verdattert. Ein weiteres Problem hatte ihr jetzt gerade noch gefehlt. »Heute ist ein scheußlicher Tag, Mwangi, an dem man neue shauris besser vermeidet. Kann es nicht bis morgen warten?«
»Es tut uns allen Leid, dass Bwana Lars fort ist«, erwiderte er. »Er war ein guter Mann.«
Hannah starrte ihn entgeistert an und rang um Fassung. Angst schnürte ihr die Kehle zu, sodass sie keinen Bissen mehr hinunterbekam.
»Tja, so etwas dauert nie lang, Mwangi. Wir machen einfach weiter wie bisher, und der Rest wird sich zeigen.«
Der Mund wurde ihr trocken, als sie Piets Schritte auf der Veranda hörte.
»Wir reden im Büro.« Seine Miene war finster.
»Ich konnte ja nicht wissen, dass er gleich davonrennt«, rechtfertigte sich Hannah, sobald er die Tür hinter ihnen geschlossen hatte.
»Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, was du uns eingebrockt hast?«, zischte er wütend. »Lars hat mich aus reiner Freundschaft unterstützt, und zwar für ein lächerliches Gehalt. Er ist mein Freund, mein Berater und der beste Verwalter, den wir je kriegen werden.«
»Ich kann nichts für seine Eifersuchtsanfälle«, protestierte Hannah, doch Piet war so in Rage, dass ihre Entschlossenheit ins Wanken geriet.
»Du wusstest, dass er dich liebt. Gut, du liebst ihn nicht, so etwas kommt öfter vor. Aber du musstest ihm ja ständig deine Affäre mit Viktor unter die Nase reiben. Du hast Viktor schöne Augen gemacht und ihn angeschmachtet, während Lars direkt daneben gesessen hat. Das war rücksichtslos, taktlos und gedankenlos von dir, Hannah. Du kreist nur um dich selbst, und jetzt hast du eine Riesendummheit angerichtet.«
»Piet, es tut mir Leid. Können wir ihn nicht zurückholen?«
»Vor einer halben Stunde hat er aus Nanyuki angerufen. Er wird eine Weile bei seinem Onkel in Kiambu bleiben und dann vermutlich nach Norwegen fliegen.«
Hannah brach in Tränen aus. Nach einer Weile legte Piet ihr die Hände auf die Schultern.
»Wir werden eine Lösung finden«, versprach er. »Lars hat mir Mike Stead als Ersatz empfohlen. Also sollte ich mich so bald wie möglich mit ihm treffen, wenn ich aus Nairobi zurück bin. Er sucht Arbeit und ist ein netter Kerl. Vielleicht können wir ihn ja auf Probe einstellen, bis wir wissen, ob wir miteinander klarkommen. Ist es übrigens für dich in Ordnung, heute Nacht allein im Haus zu sein? Eigentlich wollte ich heute Nachmittag losfahren, aber das lässt sich auch verschieben.«
Hannah starrte ihn an. Sie hatte ganz vergessen, dass er verreisen wollte.
»Schon gut«, sagte sie hastig, um eine weitere Auseinandersetzung zu vermeiden. »Du musst deine Verabredungen in Nairobi einhalten. Mir macht es nichts, ein paar Tage allein zu bleiben. Wirklich nicht.«
Nachdem er fort war, ging sie in ihr Zimmer, denn die Dienstboten sollten nicht sehen, dass sie den Tränen nah war. Auf ihrem Frisiertisch lag ein Brief, den sie widerstrebend öffnete. Als ihr die volle Tragweite der Ereignisse klar wurde, schlug sie die Hand vor den Mund.
Liebe Hannah,
du hattest Recht. Dein Privatleben und deine geheimen Sehnsüchte gehen mich nichts an. Leider habe ich meinen Gefühlen freien Lauf gelassen und dadurch die Grenze zwischen Arbeitgeberin und Verwalter sowie die zwischen Freundschaft und Liebe überschritten.
Unter den gegebenen Umständen kann ich nicht weiter in Langani arbeiten. Es wäre weder für uns noch für die Farm gut. Da ich dich und Piet jedoch nie im Stich lassen würde, habe ich euch einen
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