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Himmel uber Langani

Himmel uber Langani

Titel: Himmel uber Langani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara und Stefanie Keating
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Langani zu erörtern. Camilla war den ganzen Tag beschäftigt, fuhr mit Edward zum Einkaufen, erstellte Listen und durchkämmte das Dorf nach den Zutaten für das Weihnachtsessen.
    »Als Erstes brauche ich ein Kochbuch«, verkündete sie. »Ich habe noch nie im Leben einen Truthahn gebraten. Vielleicht musst du dich ja in den Bear oder einen anderen Gourmet-Tempel am Ort flüchten.«
    Abends versammelten sie sich bei Kaviar, Champagner und foie gras , die Edward aus London mitgebracht hatte, im Wohnzimmer. Marina war elegant gekleidet, und Camilla hatte ihr beim Frisieren und Schminken geholfen. Als sie sich nun leicht an George lehnte und ihn mit schwärmerischem Blick ansah, wirkte sie fast geisterhaft zart und wunderschön. Er legte ihr den Arm um die mageren Schultern, zog sie an sich und hauchte ihr einen Kuss auf den Scheitel. Camilla beobachtete die beiden und stellte fest, dass ihm Tränen die Wangen hinunterliefen. Inzwischen hatte sie sich damit abgefunden, dass er Marina auf seine Art tatsächlich liebte. Außerdem musste sie zugeben, dass sie ihre Mutter bis jetzt noch nie wirklich glücklich erlebt hatte. Es war eine erschreckende Erkenntnis, und sie empfand die Absurdität der Situation als unerträglich. Als sie sich in die Küche flüchtete, legte Edward gerade letzte Hand an das Abendessen. Er hatte sich als passionierter Koch entpuppt und im Laufe des Abends ein Mahl gezaubert, das für Marina leicht verdaulich und dennoch festlich war. Camilla hatte den Tisch mit Kerzen und Weihnachtsschmuck gedeckt, die sie im Dorf aufgetrieben hatten. Ihr Vater war für die Weinauswahl zuständig, während Marina Blumen in ihrer Lieblingsvase arrangierte. Bis jetzt hatten sie noch nie auf diese Weise Hand in Hand gearbeitet, um eine schlichte, liebevolle und harmonische Familienfeier zu gestalten, und es hatte für sie alle etwas Bewegendes an sich. Sie wussten ja, dass dies ihr letztes gemeinsames Weihnachtsfest war.
    Eine dünne Schicht Schnee bedeckte den Boden, als Camilla am Weihnachtsmorgen erwachte. Beschwingt und voller Tatendrang trank sie ihren Kaffee und toastete ein paar Brotscheiben. Einer spontanen Eingebung folgend, verließ sie dann das Haus und ging raschen Schrittes durch das Dorf und zu der kleinen Kirche am Anger. Laut Aushang sollte um zehn Uhr ein Gottesdienst stattfinden, und sie war eine halbe Stunde zu früh dran. Da es kalt war, schlüpfte sie durch die schwere Tür ins Gebäude und setzte sich in eine der hinteren Bankreihen. Der Geruch von Weihrauch, Kerzen und Blumen und die traditionelle Krippenszene vermittelten ihr ein ungewohntes Gefühl der Geborgenheit, das sie an ihre Kinderzeit erinnerte. Einige Gemeindemitglieder erschienen, um den Gottesdienst vorzubereiten, wünschten ihr lächelnd fröhliche Weihnachten, unternahmen aber keinen Versuch, ein Gespräch mit ihr anzuknüpfen. Nach einer Weile kniete Camilla sich hin und betete zum ersten Mal seit ihren Tagen in der Klosterschule. Sie bat um die Kraft, Marina in ihren letzten Tagen beizustehen, und um den Mut, eine neue Beziehung zu ihrem Vater aufzubauen und sein Leid zu begreifen. Dann nahm sie sich vor, noch heute mit ihm über Langani zu sprechen. Anschließend wollte sie die Farm anrufen und ihren Freunden sagen, dass sie sie nicht vergessen hatte und sie immer lieben würde. Nach dem Gottesdienst und den Weihnachtsliedern ging sie ins Bear Inn und ließ sich bei Edward melden.
    »Draußen ist es wunderschön. Die Sonne scheint, und es hat geschneit. Hast du Lust auf einen Spaziergang?«
    »Ich komme sofort runter.«
    Sie rief ihren Vater an, um ihm mitzuteilen, wo sie war, und machte sich dann mit Edward auf den Weg. Gemächlich schlenderten sie dahin und genossen das schöne Wetter und das Knirschen des Schnees unter ihren Füßen. Rotkehlchen hüpften in den Hecken umher, und aus den hübschen Häuschen, wo durch die frisch gewaschenen Vorhänge Weihnachtskerzen schimmerten, stiegen Rauchwolken auf.
    »Hast du denn überhaupt keine Angehörigen?«, fragte Camilla.
    »Ich bin wie du Einzelkind. Mein Vater ist schon seit vielen Jahren tot, und meine Mutter ist vor achtzehn Monaten gestorben. Ich hatte sie sehr gern.«
    »Das tut mir Leid.« Sie zögerte, weil sie ihm nicht zu nahe treten wollte. »Aber du warst doch einmal verheiratet. Das hast du mir bei unserem ersten Abendessen erzählt, richtig?«
    »Ja, das habe ich.« Allerdings sprach er nicht weiter, und sie bemerkte, dass er die Hände tief in die Taschen

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