Himmel uber Langani
dahin die nötigen Fördermittel beantragen. Allerdings könnte es einige Wochen dauern, bis tatsächlich Geld fließt. Langani als Wildschutzgebiet scheint mir ein förderungswürdiges Projekt zu sein. Unsere Organisation sieht es gern, wenn Rancher und Farmer sich auf diesem Gebiet engagieren. Sobald ich wieder im Büro bin, kommt der Antrag ganz oben auf die Liste.«
Als Camilla diese Worte hörte, fühlte sie sich wie von einer Zentnerlast befreit. Nun hatte sie vielleicht noch eine Chance, ihr Verhältnis zu den Menschen, die sie am meisten liebte, wieder zu kitten. Der Rest des Weihnachtsfests verging wie im Fluge, und zwei Tage später reiste Edward nach London ab. Für den Silvesterabend lud er Camilla zu sich nach Hause ein, wo eine Dinnerparty stattfinden sollte, aber sie wollte sich nicht festlegen. Obwohl Marina sich bemerkenswert wacker geschlagen hatte, war es Zeit, nach London zurückzukehren, wo ihr Arzt ein Auge auf sie haben konnte.
»In letzter Zeit ging es mir prima«, meinte sie. »Ich fühle mich sogar stark genug für den Besuch der Santinis, die für einige Tage aus Rom herkommen wollten. An Silvester könnten wir gemütlich mit ihnen zu Abend essen. Hättest du Lust dazu, George? Außerdem kriegt Camilla hier sicher bald Hüttenkoller, auch wenn sie uns eine große Hilfe war.«
Der Chauffeur setzte Camilla am folgenden Nachmittag vor ihrer Wohnung ab. Sie rief sofort Tom an.
»Saul kommt morgen aus New York zurück«, berichtete er. »Ich habe für Montag einen Termin mit ihm vereinbart. Mein Anwalt hat zwar ein paar Anmerkungen zu dem Vertrag, aber es sind nur Kleinigkeiten. Die Sache läuft prima, Kleine.«
Froh, wieder zu Hause zu sein, saß Camilla auf dem Sofa. Sie freute sich auf das Projekt und hatte sich, vielleicht zum ersten Mal im Leben, in Gesellschaft ihrer Eltern wohl gefühlt. Marinas Krankheit hatte sie einander näher gebracht, und sie hatten gelernt, die bedrückende Vergangenheit ruhen zu lassen, wofür Camilla sehr dankbar war. Sie überlegte, ob sie in Langani anrufen sollte, verwarf diesen Gedanken aber. Noch in dieser Woche würde George ihr mitteilen, ob die Fördermittel bewilligt waren, und sie beschloss, diese Entscheidung abzuwarten. Sie freute sich schon darauf, einen Abend allein zu verbringen. Camilla nahm einen Karton vom obersten Schrankfach und holte ihre Perlenkragen und Armbänder aus Samburu heraus. Aus einer Schublade kramte sie eine Wildlederweste, die aus Italien stammte, setzte sich ins Wohnzimmer und begann, die Nähte aufzutrennen. Erst gegen drei Uhr morgens war sie fertig und hielt ihr Werk hoch, um es kritisch zu begutachten. Sie war zufrieden. Vor dem Auseinandernehmen der afrikanischen Schmuckstücke hatte sie die traditionellen Muster eingehend studiert und anschließend die Perlen und kleinen Metallstückchen sorgfältig auf das weiche Leder genäht. Nun verliefen um Halsausschnitt und Saum und entlang den Nähten Perlenstickereien. Allerdings roch die Weste nun ein wenig streng, und Camilla schmunzelte beim Gedanken an den wählerischen Kunden in der Bond Street, dem sie morgen ihre Kreation vorführen wollte.
Als sie am Morgen von einem lauten Klopfen geweckt wurde, rappelte sie sich mühsam auf, schlüpfte in ihren Bademantel und öffnete die Tür. Draußen stand ihr Vater mit trauriger Miene. Rasch zog sie ihn ins Wohnzimmer, voller Angst, Marina könnte einen Rückfall erlitten haben oder sogar gestorben sein. George ließ sich in einen Sessel fallen und schlug, um Fassung ringend, die Hände vors Gesicht. Dann blickte er sie an.
»Camilla, ich habe schreckliche Nachrichten, und ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll. Piet van der Beer ist ermordet worden, und zwar auf seiner Farm. Heute Morgen stand es in allen Zeitungen, und ich wollte nicht, dass du es auf diese Weise erfährst. Ach, mein Kind, es tut mir so Leid!«
Wie betäubt starrte Camilla ihren Vater an und begriff zunächst nicht, was sie gerade gehört hatte. Als er den Arm um sie legen wollte, riss sie sich los und setzte sich ihm gegenüber, um zu hören, was die Zeitungen gemeldet hatten. Laut Daily Telegraph erinnerte das Verbrechen an die Zeit des Ausnahmezustandes, als europäische Farmer um ihr Leben fürchten mussten und die Kämpfer der Mau-Mau sich geschworen hatten, jeden, ob schwarz oder weiß, niederzumetzeln, der ihre Überzeugungen nicht teilte. Die Tat, offenbar handle es sich um einen Ritualmord, sei so barbarisch, wie man es seit Jahren nicht mehr
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