Himmel uber Langani
geschoben hatte und dass an seinem Kiefer ein Muskel zuckte. Eine Weile setzten sie schweigend ihren Weg fort, bis er plötzlich stehen blieb und sie ansah. »Meine Frau ist Amerikanerin. Wir haben sehr jung geheiratet. Sie hat meinen Beruf gehasst. Tja, nicht unbedingt meinen Beruf, aber die viele Zeit, die ich damit verbracht habe. In ihren Augen war ich arbeitssüchtig, und wir haben deshalb ständig gestritten. Außerdem wollte sie sofort Kinder, während es mir wichtiger war, mich zuerst zu etablieren. Wahrscheinlich hätten wir vor der Hochzeit über diese Dinge reden sollen.«
»Du hast mir einmal gesagt, dass man im Nachhinein immer klüger ist«, erinnerte ihn Camilla.
»Sie hatte eine Affäre, und zwar mit einem Amerikaner, den sie in London kennen gelernt hatte. Dann wurde sie schwanger und bat mich um die Scheidung. Sie ist mit ihm nach Boston gezogen.«
Edward wandte sich ab und ging weiter. Sein Gesicht war fahl und traurig. Camilla folgte ihm und zermarterte sich das Hirn nach einem anderen Gesprächsthema.
»Während der Geburt erlitt sie einen schweren Schlaganfall«, fuhr Edward fort. »Heute ist sie ein lebender Leichnam, und er versorgt das Kind. Sie liegt in einem Pflegeheim, und ihre Eltern kümmern sich um sie. Sie erhalten sie am Leben, in der Hoffnung, dass irgendwann einmal eine Wunderdroge erfunden wird, die sie heilt. Sie sind sehr wohlhabend und lehnen mich strikt ab. Ihrer Ansicht nach trage ich die Schuld an der Tragödie: Wenn ich sie nicht so vernachlässigt hätte, wäre sie heute noch gesund, froh und glücklich und hätte einen ganzen Stall voller wunderbarer Kinder.«
Camilla berührte ihn am Arm. »Wie schrecklich«, meinte sie betroffen. »Übrigens möchte ich dir noch sagen, wie dankbar ich dir für deine Unterstützung bin. Du bist so gut zu mir und zu Marina. Aber jetzt gehen wir und feiern. Das haben wir uns alle verdient. Vielleicht war es uns sogar bestimmt, einander in dieser Situation zu helfen. Los, Edward. Trödeln gilt nicht. Bis der Truthahn gar ist, ist es sicher schon fünf Uhr, und ich beiße gleich vor Hunger in den Teppich. Und wie du sicher weißt, würde das der lieben Marina gar nicht gefallen.«
Marina hatte aus London einen kleinen Baum mitgebracht und mit Christbaumkugeln und sternförmigen Lämpchen geschmückt. Darunter lag ein Haufen von Geschenkpäckchen. Nachdem alle einander umarmt hatten, folgte die Bescherung, und Camilla war froh, dass sie vor ihrer Abreise aus London noch ein Buch für Edward gekauft hatte. Er hatte für alle sorgsam ausgewählte und wunderschön verpackte Geschenke mitgebracht. Als Camilla ihr Päckchen öffnete, entdeckte sie einen ovalen Armreifen, der aus mehreren geflochtenen Goldsträngen bestand. Sie fing den Blick ihres Vaters und das wissende Lächeln ihrer Mutter auf, als sie ihn anlegte.
»Danke«, sagte sie. »Das wäre doch nicht nötig …« Verwirrt betrachtete sie das kostbare Schmuckstück und war völlig überrascht, als er mit beiden Händen ihr Gesicht umfasste, um sie zu küssen. Hastig wich sie zurück und tat die Geste mit einer scherzhaften Bemerkung ab, da ihr die beifälligen Mienen ihrer Eltern nicht entgingen. Dann aber rettete Edward sie aus ihrer peinlichen Lage.
»Ab in die Küche mit dir! Ich brauche einen Sklaven. Marina, ich würde Ihnen vorschlagen, ein oder zwei Stunden zu ruhen. Ärztliche Anordnung.«
»Ich hole Holz aus dem Schuppen und kümmere mich um das Feuer«, schlug George in aufgesetzt fröhlichem Ton vor.
Als es dunkel wurde, kehrte Edward in den Bear zurück, um sich frisch zu machen. Camilla setzte sich zu ihrem Vater und schenkte ihm eine Tasse Tee ein.
»Ich möchte dir von Langani und den Arbeiten dort erzählen«, begann sie. »Piet hat eine wundervolle Lodge gebaut. Vermutlich hast du schon in Nairobi davon gehört. Bald ist die Eröffnung.«
George hatte bereits mit Anthony darüber gesprochen, wollte diesen Namen aber lieber nicht erwähnen. Deshalb hörte er wortlos zu, wie Camilla die Schwierigkeiten schilderte, mit denen Piet zu kämpfen hatte.
»Ihm fehlen die Mittel, um die Farm, die Lodge und das Wildreservat zu finanzieren und gleichzeitig Wildhüter oder Wachen zu bezahlen. Das alles kostet viel Geld. Deshalb habe ich mich gefragt, ob deine Organisation ihm vielleicht unter die Arme greifen kann – falls ihr derartige Projekte überhaupt fördert.«
»Das wäre möglich«, erwiderte er. »Mitte Januar fliege ich nach Nairobi. Vielleicht kann ich bis
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