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Himmel uber Langani

Himmel uber Langani

Titel: Himmel uber Langani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara und Stefanie Keating
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malten sich Zuneigung und Anteilnahme auf ihren Gesichtern, und sie vermittelten Sarah Trost und Zuversicht. Als sie in jener ersten Woche eines Morgens ins Esszimmer kam, fand sie Mwangi weinend am Tisch vor. Sie stellte fest, dass er ganz automatisch ein Gedeck für Piet aufgelegt hatte, das er nun wieder entfernte. Dabei beugte er sich über den Stuhl, der erst der Platz von Jan und später der des jungen Mannes gewesen war, den er seit seiner Kindheit gekannt hatte. Sarah umarmte den Alten, um ihm zu zeigen, dass sie seine Trauer mit ihm teilte.
    Die Gespräche während der Mahlzeiten waren recht einsilbig, da sich jeder bemühte, verfängliche Themen zu vermeiden. Hin und wieder ließ Anthony eine scherzhafte Bemerkung fallen, und sie wurden kurz von ihrem Kummer abgelenkt, bis ein falsches Wort oder eine Geste erneut eine grausige Erinnerung wachrief. Dann wurde Hannah ganz still und blickte in die Ferne, während Sarah den Kopf senkte, mit der Gabel Muster aufs Tischtuch malte, verbissen ihr Glas und ihren Teller betrachtete und schließlich fragte, ob sie den Kaffee am Tisch oder im Wohnzimmer trinken sollten. Dann bemühte sich Anthony wieder verzweifelt, ein neues Thema zu finden, und sie verhielten sich wie eine Gruppe von Tänzern in einer komplizierten, aber unvollendeten Choreographie. Sie umkreisten einander, traten vor und wichen zurück, berührten sich kurz an den Händen, waren aber nicht in der Lage, einen dauerhaften Kontakt herzustellen.
    Lottie rief an, aber als Hannah ihren Vater sprechen wollte, flüchtete sie sich in Ausreden. Janni fühle sich nicht wohl. Sie gebe sich zwar Mühe, ihn am Trinken zu hindern, doch das sei nahezu unmöglich. Zu guter Letzt flehte sie Hannah an, doch zu ihr zu kommen, damit sie gemeinsam trauern könnten.
    »Warum treffen wir uns nicht in Johannesburg, Hannah?«, fragte sie. »Du musst uns ja nicht zu Hause besuchen. Wir drei könnten eine Weile bei deinem Onkel Sergio wohnen. Er hätte uns gern einmal wiedergesehen.«
    Aber Hannah weigerte sich, Langani auch nur für kurze Zeit zu verlassen. Nachbarn und Freunde erschienen, um sich zu erkundigen, ob sie etwas für sie tun könnten. Doch Hannah lehnte die angebotene Unterstützung stets höflich und kühl ab, sodass sich die Kontaktaufnahmen bald nur noch auf Telefonate beschränkten. Niemandem gelang es, die Mauer zu durchbrechen, die sie um sich herum aufgebaut hatte. Also sagten sich alle, dass man ihr Zeit lassen müsse, ungestört zu trauern. Wenn sie bereit sei, Hilfe anzunehmen, werde sie sich schon melden. Und dann würden sie für sie da sein.
    Sarah brachte es nicht über sich, zur Lodge zu fahren. Wenn sie nur daran dachte, wirbelten ihre Gedanken wild durcheinander. Anthony war der Einzige, der den Mut dazu fand. Nachdem die Polizei den Tatort untersucht hatte, hatte er für den Abtransport und die Beerdigung der Leichen von Kipchoge und Ole Sunde gesorgt. Ihm war es auch gelungen, Hannah zur Teilnahme an der Beerdigung zu bewegen. Starr vor Trauer stand sie an den Gräbern und umklammerte Sarahs Hand, während die schlichten Särge in die Erde hinuntergelassen wurden und Anthony die angemessenen Dankesworte sprach. Doch als die letzten Schaufeln frischer Erde auf die Gräber geworfen wurden, sprach Hannah den trauernden Familien ihr Beileid aus, umarmte die Frauen und schenkte ihnen Lebensmittel und Geld. Die Menschen schüttelten ihr die Hand und murmelten leise Antworten, während die Kinder sich an Hannahs Rock klammerten, sie aus großen Augen ansahen und das schreckliche Elend in ihrem Blick erkannten. Die Lodge würde geschlossen bleiben, bis Hannah fähig war zu entscheiden, was daraus werden sollte. Allerdings steckten fast die gesamten Ersparnisse von Langani in dem brachliegenden Gebäude, und in der Anlage, die einst Piets Lebenstraum gewesen war, machten sich allmählich Unkraut und Spinnweben breit.
    Die Polizei hatte keine neuen Erkenntnisse, was ein Mordmotiv oder Simons Aufenthaltsort betraf. Der junge Kikuyu schien im Wald verschwunden zu sein. Polizisten und Fährtenleser waren seiner Spur bis in den undurchdringlichen Busch am Fuße des Berges gefolgt, hatten sie dort aber verloren. Hardy sagte, Simon sei beim Tarnen seiner Fußabdrücke sehr schlau vorgegangen und habe sich die Beschaffenheit des Bodens zunutze gemacht. Man merkte dem Polizisten an, wie ratlos er war. Er hatte die Arbeiter in Langani und auf den umliegenden Farmen vernommen, doch die Männer konnten oder wollten

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