Himmel uber Langani
die Waffe.
Während sein Finger sich um den Abzug krümmte, war ein hohes Surren zu hören. Darauf folgten ein dumpfes Geräusch und ein leises Schmatzen, als Faanie, ein Messer in der Kehle, zusammensackte, Blut rann ihm die Brust hinunter und auf den Boden. Jan starrte ihn entgeistert an. Woher kam die Waffe? Als er sich umdrehte, sah er den Kundschafter, den er befreit hatte. Er hatte seinem Bruder das Messer abgenommen, sich ein Stück aufgerichtet und es mit einer letzten übermenschlichen Anstrengung nach dem Menschen geworfen, der ihn so gequält hatte.
»O Gott, es war meine Schuld«, murmelte Jan.
Er trug die Verantwortung für Faanies Tod. Nun hatte Kobus seinen Sohn verloren, so wie er und Lottie ihren Piet. Wenn er den Kaffer nicht losgeschnitten hätte, wäre das nie geschehen. Jan griff nach der Whiskyflasche. Er legte den Kopf in den Nacken und trank gierig, bis die halbe Flasche leer war. Ihm drehte sich der Kopf, als er sich über Faanies Leiche beugte und das Messer aus der Wunde zog. In der Ferne hörte er Schüsse und hastige Schritte. Die Pistole in der Hand, wirbelte er herum. Er fühlte sich benebelt. Die Bäume ringsherum schienen in einem großen schwarzen Kreis um ihn herumzutanzen und die Äste wie Klauen nach ihm auszustrecken. Sie zerrten an seinen Kleidern, als er stürzte und sich den Kopf an dem Stein anschlug, über den er gestolpert war. Eine seltsame Stille umfing ihn, und er glaubte zu schweben. Plötzlich war die Lichtung voller Menschen, und er hörte Kobus’ Verzweiflungsschreie, die sich in den Nachthimmel erhoben, als er neben seinem toten Sohn auf die Knie fiel. Im ersten Moment wollte Jan ihm erklären, dass er die Schuld trug. Aber er war zu müde, um zu sprechen. Immer noch sah er Faanies bösartigen und grausamen Blick vor sich, während er das Gewehr anlegte. Und dann seinen fast komischen erschrockenen Gesichtsausdruck, als ihm plötzlich das Blut aus dem Hals schoss und in der afrikanischen Erde versickerte. Irgendwo daneben lag der Kundschafter und starrte ins Leere. Er wusste es. Dann wurde alles schwarz.
Als Jan zu sich kam, lag er in einem schmalen Krankenhausbett. Lottie saß neben ihm auf einem Stuhl. Der Kopf war ihr auf die Brust gesunken, und sie hatte die Hände im Schoß verschränkt. Jan bemerkte, dass ihre Finger zuckten. Als er sich räusperte, schlug sie sofort die Augen auf.
»Wasser.« Wie mühsam es war, das Wort auszusprechen.
Lottie sprang auf und rannte zur Tür. »Schwester! Schwester Sweeney! Er ist aufgewacht. Er ist wieder bei Bewusstsein.«
»Wasser«, wiederholte er.
»Ich gebe dir einen Schluck mit diesem Strohhalm«, sagte Lottie. »Aber nicht zu viel, sonst wird dir übel. Komm, Janni. Ich hebe dir den Kopf an, und dann trinkst du einen Schluck.«
Das Wasser rann ihm in den Mund, und Lottie betupfte seine trockenen Lippen damit. »Janni?« Aber er war schon wieder eingeschlafen. Sie sah Schwester Sweeney fragend an.
»Keine Angst, meine Liebe. Von nun an geht es bergauf. Er ist wieder unter den Lebenden, und er kann sprechen. Der Rest ist eine Frage der Zeit. Ich gebe Dr. Jackson Bescheid.«
Lottie nickte und setzte sich wieder. Während Jan mit dem Tod gerungen hatte, war sie nicht von seiner Seite gewichen. Er sah immer noch elend aus. Seine Haut war fleckig, und sein Atem ging stoßweise. Eine Blutvergiftung, hatte der Arzt ihr erklärt. Die Kopfwunde hatte sich entzündet, und schließlich hatten die Bakterien seinen gesamten Organismus überschwemmt. Eigentlich hätte er tot sein müssen. Nach einer stundenlangen Fahrt im Lastwagen war er in einem schrecklichen Zustand eingeliefert worden. Nur halb bei Bewusstsein, hatte er getobt, geschrien und geweint, bis man ihm ein Beruhigungsmittel verabreicht hatte. Anschließend war er ins Koma gefallen. Kobus hatte einige Tage gebraucht, um Lottie in Johannesburg ausfindig zu machen. Sie war sofort zurückgekehrt und wachte seitdem an seinem Bett. Während sie auf Anzeichen einer Besserung wartete, hatte sie immer wieder über ihre schmerzliche Entscheidung und ihre ungewisse Zukunft nachgegrübelt. Eine Zukunft ohne Mario.
An ihrem ersten Abend in Johannesburg hatte sich alles verändert. Sie wusste nicht mehr, was richtig und was falsch war. Ihre Welt stand Kopf, und vieles, was ihr jahrelang am Herzen gelegen hatte, war plötzlich ohne Bedeutung. Sergio hatte sie ermutigt, zu weinen und ihm alles über den tragischen Tod ihres Sohnes und ihre Schwierigkeiten in Rhodesien zu
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