Himmel uber Langani
verschwenden.
»Wir wollen einander ein paar fröhliche Tage schenken, solange wir hier sind«, sagte Mario, als sie geendet hatte. »Lassen Sie uns versuchen, unsere Trauer eine Weile zu vergessen. Was halten Sie davon?«
»Das ist der beste Vorschlag, den ich seit langem gehört habe«, erwiderte Lottie.
Den restlichen Tag verbrachten sie damit, einander von ihrem Leben zu erzählen und Erinnerungen und Ereignisse miteinander zu teilen. Er erzählte von seinem florierenden Restaurant in Kapstadt, das er nach dem Tod seiner Familie nicht mehr hatte betreten können. Noch wie betäubt von der schrecklichen Nachricht, habe er sofort gewusst, dass er es aufgeben und fortgehen musste, wenn er nicht den Verstand verlieren wollte. Eine Weile hatte er in den Tag hineingelebt und war zu seinen Angehörigen in die Toskana zurückgekehrt. Doch im letzten Jahr hatte er zufällig ein altes Haus auf dem Land unweit von Siena entdeckt und es gekauft und restauriert. Inzwischen genoss es wegen der gastlichen Atmosphäre und der guten Küche einen ausgezeichneten Ruf.
»Für mich ist es ein Zeitvertreib«, meinte er achselzuckend. »Vielleicht baue ich den Seitenflügel irgendwann zu einem kleinen Hotel aus. Es hilft mir dabei, mein Leben in den Griff zu bekommen, und das genügt mir zurzeit.«
Die Tage vergingen wie im Fluge. Lottie verbrachte die meiste Zeit mit Mario, ohne sich darum zu kümmern, was die anderen davon halten mochten. Sie ließ sich von diesem wundervollen Mann bezaubern, der ihre Bedürfnisse verstand und versuchte, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Sergio hatte zwar, wie sie wusste, Bedenken, aber er drängte sie nicht, darüber zu sprechen. Elena hingegen schien es nicht zu stören, dass Lottie eine Affäre hatte. Lottie selbst hätte sich nie träumen lassen, dass sie ihrem Mann einmal untreu werden könnte. Doch als Mario sie küsste und liebkoste, warf sie sich voller Leidenschaft in seine Arme, ließ sich von ihm lieben und weigerte sich, an die Zukunft zu denken. Sie fühlte sich wie neu geboren. Und ihr anfängliches schlechtes Gewissen hielt der Freude darüber, endlich wieder als Frau begehrt zu werden, nicht lange stand.
Fünf Tage später lagen sie zufrieden und schon halb schlafend in Marios Hotelbett, als das Telefon läutete und das zerbrechliche Gebäude ihres gemeinsamen Glücks mit der Gewalt eines Hurrikans niederriss.
»Carlotta.« Es war Sergio, und seine Stimme klang ernst. »Jans Cousin Kobus hat aus Rhodesien angerufen.«
Das Bettlaken über die Brust gezogen und den Hörer fest in der Hand, saß sie reglos da.
»Jan ist in einen Hinterhalt geraten und verletzt worden. Er wurde vor einigen Tagen ins Krankenhaus von Bulawayo eingeliefert, aber sie wussten nicht, wie sie dich erreichen sollten.«
»Wie schlimm ist es?« Sie ertappte sich dabei, dass sie grundlos flüsterte. Mario hatte sich aufgesetzt, stützte ihr den Rücken und musterte sie besorgt.
»Er hatte eine Kopfwunde, die sich entzündet hat. Daraus ist eine Blutvergiftung geworden. Es geht ihm sehr schlecht. Ich weiß nicht, was du jetzt tun willst. Wenn du zu ihm möchtest, buche ich dir für morgen früh einen Flug.«
Sie fühlte sich wie betäubt, als Mario ihr beim Aufstehen half, ihre Sachen zusammensuchte und ihr das Kleid zuknöpfte wie einem kranken Kind.
»Vielleicht ist es ja nicht so ernst, wie es aussieht«, meinte er. »Du hast mir doch erzählt, dass er ziemlich robust ist.«
»Ja.« Voller Wehmut sah sie ihn an.
»Carlotta, ich weiß, dass er dich jetzt braucht. Aber wir haben etwas gefunden …«
Das schreckliche Gefühl, sich von ihm trennen zu müssen, war ebenso unerträglich wie das schlechte Gewissen, weil sie Jan im Stich gelassen hatte und nun nur widerstrebend zu ihm zurückkehrte. Lottie schluckte die Tränen hinunter und klammerte sich an Mario.
»Ich will nicht nach Rhodesien. Ich habe solche Angst, dass ich für immer dort festsitzen werde. Aber selbst wenn wir uns nie wiedersehen …«
»Wir werden uns wiedersehen, cara . Das hier ist erst der Anfang, und ich glaube, dass es uns bestimmt ist, zusammen zu sein. Versprichst du, mir zu schreiben und mich nie zu vergessen?«
Sie tat es, doch ihr Glücksgefühl schwand bereits unter dem Druck der rauen Wirklichkeit. Sie hob den Kopf, um Mario noch ein letztes Mal zu küssen.
»Ich fahre dich hin«, sagte er.
»Nein, ich nehme ein Taxi zu Sergio. Ich möchte mich nicht in Gegenwart der anderen von dir verabschieden müssen. Es
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