Himmel uber Langani
Camilla. »Bei Freunden am Nyali Beach.«
»Ach du liebe Zeit!«, rief Betty aus. »Wir müssen sie gemeinsam mit Jan und Lottie morgen zum Abendessen einladen. Das wäre großartig.«
»Dann könnte Jan sich mit Camillas Vater über die Situation auf Langani unterhalten«, meinte Sarah begeistert.
»Sarah.« Raphael runzelte warnend die Stirn. »Der arme Mann will sicher nicht über geschäftliche Dinge reden. Schließlich macht er hier Urlaub.«
»Es wäre doch eine günstige Gelegenheit. Ich bin sicher, deinem Vater würde es nichts ausmachen, oder, Camilla?« Als keine Antwort kam, versuchte Sarah es noch einmal. »Camilla?«
Camillas Gesicht wirkte so verschlossen wie in Gegenwart ihrer Eltern. »Wir alle zusammen – das könnte Spaß machen.« Ihre Worte klangen beiläufig, aber Sarah bemerkte, dass Camilla die Hände im Schoss so fest verkrampfte, dass ihre Knöchel von dem Druck weiß wurden. »Nach dem Abendessen werde ich ihre Telefonnummer heraussuchen.«
»Ich habe deinen Vater vor einigen Wochen getroffen«, brach Raphael das entstandene Schweigen. »Es war auf einer Konferenz. Wir brauchten Geld für die neue Kinderabteilung im Krankenhaus, und er hat uns sehr geholfen. Es wäre wunderbar, wenn wir uns alle treffen könnten. Vielleicht können wir sie überreden, auch Silvester mit uns zu feiern.«
Nach dem Abendessen gingen sie zum Kaffee auf die Veranda. Kein Lüftchen regte sich.
»Ich denke, wir werden euch jetzt allein lassen, Kinder.« Betty war es leid, die kleinen Mücken zu bekämpfen, die sich ständig auf ihren Armen, ihrem Gesicht und ihrem Haar niederließen. »Raphael hatte im vergangenen Monat wieder einen Malariaschub, und seitdem haben wir sehr ruhig gelebt. Heute ist er zum ersten Mal aufgeblieben, um sich einen Drink zu gönnen und richtig zu Abend zu essen. Schlaft gut.«
»Das Mädchen macht mir wirklich Sorgen«, sagte sie zu ihrem Mann, als sie sich neben ihn legte und ihren Kopf an seine Schulter schmiegte. »Irgendetwas stimmt nicht mit ihr. Sarah erzählte, dass es in ihrem Elternhaus sehr bedrückend war. Anscheinend behandelte sie der Vater recht freundlich, aber die Mutter war sehr schwierig. Vielleicht sollten wir sie doch nicht zum Abendessen einladen.«
»Doch, natürlich.« Raphael nahm sie in die Arme. »Es würde merkwürdig aussehen, wenn wir uns nicht bei ihnen melden würden, wo wir doch wissen, dass sie hier an der Küste sind.«
»Ich weiß nicht recht, Raphael. Es ist seltsam, dass Camilla gar nicht darüber gesprochen hat.«
»Trotzdem bin ich der Meinung, dass du sie auf jeden Fall anrufen solltest. Es ist sehr kurzfristig, aber dann hast du es zumindest versucht. George Broughton-Smith wird dir gefallen. Und falls seine Frau ein wenig kompliziert ist, so ist sie nicht die erste unglückliche Memsahib , der wir begegnet sind. Und unser Gast aus Ghana ist ein bemerkenswerter Mensch. Das wird eine großartige Mischung geben.«
»Da ist noch etwas. Denkst du, ich sollte dem Personal sagen, dass …?«
»Wir hatten schon viele Gäste, die nicht aus Europa kamen. In wenigen Monaten kommt die uhuru , und dann werden alle in diesem Land jeden Tag gemeinsam an einem Tisch essen.«
Den nächsten Morgen verbrachte Betty damit, die Dinnerparty vorzubereiten. Zu ihrer Überraschung hatten die Broughton-Smiths ihre Einladung angenommen. Ein vages Gefühl der Unruhe beschlich sie, während sie Gläser und Silber polierte, im Garten Blumen abschnitt und den Tisch mit ihrem besten Geschirr deckte. Im Haus war es still, und das Ritual der Vorbereitung beruhigte sie. Tim war mit den Mädchen zu dem Strandhaus gefahren, das die van der Beers gemietet hatten; sie würden erst am Spätnachmittag zurückkommen. Als Betty einen letzten prüfenden Blick auf den Tisch warf, stellte sie stolz fest, dass sie gute Arbeit geleistet hatte.
Um sieben Uhr dreißig erstrahlte das Wohnzimmer im Kerzenlicht. Vom Plattenspieler erklang Tanzmusik, und die Hausboys trugen gestärkte weiße kanzu mit scharlachroten Schärpen. Sarah fand, dass die weißen Smokings mit schwarzer Fliege ihren Vater und ihren Bruder in unglaublich attraktive Wesen verwandelt hatten, während ihre Mutter einem der Geschöpfe in den Modejournalen ähnelte, die jeden Monat mit den Postbooten aus England kamen.
»Du siehst bezaubernd aus.« Raphael hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, dass seine Tochter kein Schulmädchen mehr war. Ihre Kindheit war so rasch verflogen, und er hatte nicht bemerkt,
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