Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmel uber Langani

Himmel uber Langani

Titel: Himmel uber Langani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara und Stefanie Keating
Vom Netzwerk:
Du wirst nicht einmal diesen lausigen Job behalten, wenn du so weitermachst. Und was sollen wir dann tun?« Sie trug die Flasche zum Spülbecken und schüttete den Inhalt hinein.
    »Gib das her!« Jan sprang wütend auf. »Gib mir das sofort zurück!« Er packte ihren Arm mit seinen riesigen Händen und wirbelte sie herum. Aus seinem Atem schlug ihr der Gestank nach schalem Alkohol entgegen. Sie wandte das Gesicht ab und versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien.
    »Was ist los?«, brüllte er sie an. »Kannst du es nicht mehr ertragen, deinen Pa anzusehen? Ist es das? Du willst wohl nicht daran denken, wie er wochenlang auf dem Bauch durch die Wälder gekrochen ist, damit du und deine Mutter und Piet sicher in euren Betten schlafen konntet, he? Ich habe es für euch getan, hörst du? Für euch alle, jawohl! Aber daran will sich jetzt niemand mehr erinnern.« Seine Augen füllten sich mit Tränen, und er schüttelte Hannah heftig.
    »Was hast du für uns getan?«, schrie Hannah. »Sag mir, was du getan hast? Was war so nobel, dass es uns unsere Zukunft auf Langani gekostet hat? Warum will mir das niemand sagen?«
    »Was weißt du schon? Du hast ein behütetes Leben geführt, wurdest immer beschützt und hast alles bekommen. Du hast nicht gesehen, wie dein Onkel aussah, als sie mit ihm fertig waren – der Bauch aufgeschlitzt, die Kehle durchschnitten und die Genitalien in seinen Mund gestopft. Genau das hätten sie auch mit mir und dir und mit deiner Mutter und deinem Bruder getan!«
    »Aber jetzt ist alles zerstört. Du hast alles kaputtgemacht! Du hast uns alle zerstört.« Hannah hob voll Zorn die Flasche und zerschmetterte sie am Rand des Spülbeckens.
    »Verflucht, Mädchen!« Jan griff nach den gezackten Überresten und schnitt sich an den Scherben. Er blickte auf die Wunde, aus der Blut auf den Boden tropfte, dann hob er seine verschmierte Hand und schlug Hannah mit voller Wucht auf die Wange. Sie wankte, fiel gegen das Spülbecken und stürzte zu Boden. Der rote Handabdruck pulsierte in dem Nebel aus Wut und Verzweiflung, der Besitz von ihm ergriffen hatte. Hannah versuchte aufzustehen. Ihre Augen wirkten durch den Schock wie erstarrt. Sie legte die Hand auf den Fleck auf ihrer Wange, ließ sie dann sinken und betrachtete sie wie betäubt. Weinend brach Jan neben ihr in die Knie.
    »Hannah! O Gott, meine kleine Hannah. Es tut mir so Leid! Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist! Komm her, lass mich dir helfen. Oh, es tut mir so Leid, mein kleines Mädchen …«
    Hannah ließ ihn auf dem Boden zurück, ging in ihr Schlafzimmer und schloss sich ein. Dann setzte sie sich auf das Bett und starrte die Wand an. Sie begann zu zittern. Wie aus weiter Ferne hörte sie ihren Pa an die Tür hämmern. Er flehte sie an, ihn hineinzulassen und ihm zu vergeben. Er würde aufhören zu trinken und nie wieder die Hand gegen sie erheben. Er weinte und bettelte, während sie stumm und fassungslos in dem stickigen, kleinen Schlafzimmer saß, bis sie ihn den Gang hinuntergehen hörte. Er murmelte vor sich hin, und nach wenigen Augenblicken hörte sie ein Knirschen und Klirren, als er sich daranmachte, die Scherben wegzuräumen. Später öffnete sich quietschend die Fliegengittertür und fiel dann ins Schloss. Danach herrschte Stille.
    Sie stand auf, machte leise die Tür auf und ging ins Badezimmer. Selbst nachdem sie sich das Gesicht gewaschen hatte, schien der Abdruck seiner Hand in ihrem Spiegelbild noch hell zu leuchten. Ihr Hinterkopf pochte schmerzhaft von dem Sturz gegen das Spülbecken. Sie ging zu ihrem Schrank, holte einen Koffer heraus und packte einige Kleidungsstücke ein. In der Küche zog sie die unterste Schublade der Anrichte auf und nahm Lotties Blechschachtel heraus. Darin befand sich ein Bündel Geldscheine, mit einem Gummiband zusammengehalten. Sie zählte sie sorgfältig und steckte sie in ihre Geldbörse, verließ das Haus und zog die Tür hinter sich zu.

    Der Bus nach Salisbury fuhr im Schneckentempo die steile Küstenstraße hinunter, und Hannah starrte aus dem Fenster, ohne das Geringste wahrzunehmen. Am Flughafen kaufte sie sich ein Ticket nach Nairobi. Während sie darauf wartete, dass ihr Flug aufgerufen wurde, hatte sie schreckliche Angst, dass ihr Name plötzlich aus den Lautsprechern ertönen würde, dass Lottie erraten hatte, wohin sie gegangen war, und ihre Flucht missglücken würde. Sie versuchte an den Garten auf Langani zu denken und rief sich jede Blume, jeden Busch und jeden Baum

Weitere Kostenlose Bücher