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Himmel über Darjeeling

Himmel über Darjeeling

Titel: Himmel über Darjeeling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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ein Mann, der es gewohnt war, bei allem, was er tat, seinen ganzen Körper einzusetzen. Er mochte ein gefährlicher Gegner im Kampf sein und rücksichtslos bis zur Brutalität, wenn er sich gegen Widerstände, gleich welcher Art, durchzusetzen suchte.
    »Sehen Sie, Miss Lawrence«, begann er und schlug die Beine übereinander, »Sie stehen vor dem vollkommenen finanziellen Ruin. Sie haben keinen Farthing zur Verfügung, sogar mehrere Hundert Pfund Schulden. Neben der Schande, nach dem Tod Ihres Vaters bankrott zu sein, droht Ihnen das Gnadenbrot bei einer engstirnigen, verbiesterten Tante und Ihrem Bruder das Schicksal eines Schreiberlings mit tintenverschmierten Fingern. Die Alternative besteht darin, sich in einem mehr oder weniger guten Haus als Gouvernante zu verdingen, um dort gegen einen Hungerlohn verwöhnten Bälgern das Einmaleins beizubringen, nebst diversen Schikanen als Zugabe, und dazu noch gezwungen zu sein, die Gelüste des Hausherren zu befriedigen.«
    Erneut schoss Helena das Blut ins Gesicht, vor Wut wie vor Scham. Es war ihr unheimlich, wie viel er über sie in Erfahrung gebracht hatte, schien ihr fast übernatürlich.
    »Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.«
    Er nickte bedächtig. »Das ist richtig. Ich will es mich aber etwas angehen lassen. Sehen Sie«, er runzelte die Stirn, »ich bin nicht ganz unvermögend, und es bestünde die Möglichkeit, Ihnen ein akzeptables Auskommen zu ermöglichen. Ihr Bruder erhielte die beste Ausbildung, die für Geld zu kaufen ist, und Mrs. Brown könnte endlich auf ihr wohlverdientes Altenteil gehen, in diesem Haus, sofern sie es wünscht, für dessen Instandsetzung und Unterhalt ich natürlich sorgen würde.«
    Helena brauchte ein paar Herzschläge, um dieses Angebot in seinem ganzen Ausmaß zu begreifen. Etwas Unausgesprochenes lag in der Luft, das Misstrauen aufkeimen ließ angesichts dieser Großzügigkeit, die ihnen Rettung und Erfüllung all ihrer Wünsche versprach.
    »Und was – «, sie schluckte heftig an dieser Frage, an der Ahnung einer Antwort, »was wollen Sie dafür?«
    »Sie.«
    In der Stille, die folgte, drang das Ticken der beiden Uhren grell unter ihren Glasglocken hervor, fand einen aggressiven, sich wechselseitig aufschaukelnden Takt.
    »Um Missverständnissen vorzubeugen – ich hege dabei durchaus ehrenhafte Absichten.« Helena zuckte zusammen, als seine Stimme das Schweigen zerschnitt. »Offen gestanden werden mir die Damen, die mich dazu drängen, sie selbst oder ihre Töchter und Nichten zu ehelichen, allmählich lästig. Indien ist kein Platz für Ladys, die schon in Tränen ausbrechen, wenn sie eine Fliege an der Wand entdecken.«
    » Indien «, entfuhr es Helena heiser.
    »Darjeeling, am Fuße des Himalaya«, präzisierte Neville. »Ich brauche eine Frau, die stark und selbständig genug ist, eine Plantage mit mir zusammen zu führen. Sie muss ausgezeichnet reiten können, intelligent genug sein, um die dortigen Sprachen zu lernen, fähig, die Führung des Haushalts zu übernehmen, und vielleicht keine allzu langweilige Gesellschaft.« Er machte eine kleine Pause. »Ich biete Ihnen hiermit in aller Form an, meine Frau zu werden.«
    Stumm und abwehrend schüttelte Helena den Kopf.
    »Was stört Sie? Dass ich mich nicht mit Blumenbuketts und Pralinés bei Ihnen einschmeichle, Ihnen keine romantischen Billetts zukommen lasse, in denen ich von Ihrer Anmut und Tugend schwärme, bevor ich demütig vor Ihnen auf die Knie sinke?« Amüsiert hob er eine Augenbraue, ehe seine Miene wieder kühl und undurchdringlich wurde. »Sehen Sie, ich vertrete den Standpunkt, dass Ehen, die ohne Leidenschaft geschlossen werden, besser und dauerhafter sind als solche, in denen blinde Schwärmerei mit der Zeit in Enttäuschung und Gleichgültigkeit endet, oder gar solche, in denen Verliebtheit zum Wahn wird. Ich gebe zu, ich habe hohe Ansprüche, aber ich bin gewillt, es mit Ihnen zu versuchen.«
    »Sie sind gewillt – «, Helena blieben die Worte angesichts seiner Arroganz förmlich im Hals stecken. »Wofür halten Sie sich? Sie können mich doch nicht einfach kaufen wie einen beliebigen Gegenstand!«
    »Jeder Mensch hat seinen Preis, Miss Lawrence – auch Sie. Tatsächlich befinden Sie sich in einer äußerst misslichen Lage, und es wäre ratsam, diesen Preis nicht zu hoch treiben zu wollen.«
    »Ich will gar nichts aushandeln, vor allem mit Ihnen nicht!«
    Ungerührt erhob sich Neville. Dicht vor Helena blieb er stehen, so nahe, dass sie die Wärme

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