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Himmel über Darjeeling

Himmel über Darjeeling

Titel: Himmel über Darjeeling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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gutheißen sollte. Bei aller Achtung, die ich für unseren Gast empfinde, gebe ich doch zu bedenken, dass wir doch recht wenig über ihn wissen. Zu wenig, um ihm guten Gewissens unsere Tochter anzuvertrauen. Es gefällt mir nicht, was über ihn erzählt wird. Nicht nur, dass er keinen Titel hat, auch liegt seine Abstammung völlig im Dunkeln.«
    »Es steht einem Gentleman wie ihm nur gut an, nicht zu viele Worte über seine Herkunft zu verlieren.«
    An Sir Henrys Schläfe begann eine Ader zu pochen. »Was ist mit den zahllosen Frauengeschichten, die ihm nachgesagt werden, den wilden Orgien in diversen Clubs, mit Alkohol und Glücksspiel? Von den Gerüchten, er hätte schon einen Mann in einem Ehrenhandel getötet?«
    Lady Sophia senkte den Blick. Leise, aber unerbittlich entgegnete sie: »Du wirst wohl nicht abstreiten, dass es von Vorteil ist, wenn ihr Männer euch austobt, ehe ihr in den heiligen und unauflöslichen Stand der Ehe tretet.« Bedeutungsvoll sah sie Sir Henry an, an dem es nun war, den Blick zu senken. »Neville steht kurz vor seinem zweiunddreißigsten Geburtstag – seine wilden Tage sind gezählt, glaub mir, dafür wird Amelia schon sorgen. Er mag vielleicht keinen Titel haben«, fügte sie mit einem harten Unterton hinzu, »aber er hat Geld, viel Geld, und du solltest inzwischen erkannt haben, dass andere Zeiten angebrochen sind und wir es uns nicht leisten können, uns eine solche Chance entgehen zu lassen.«
    Ein Schweigen entstand, in dem jeder seinen eigenen Gedanken nachhing. Sir Henry grübelte über das Schreiben nach, das ihr Gast vor einigen Tagen erhalten und so nachlässig im Frühstückszimmer hatte liegen lassen. Wie es seine Pflicht als Amelias Vater war, hatte er einen Blick darauf geworfen, und er gratulierte sich im Stillen für die geniale Idee, sogleich per Telegraph eine Anleihe auf den Besitz aufgenommen und in dieses lukrative Geschäft investiert zu haben, das Neville so wenig zu interessieren schien und dessen Abschluss ihm heute per Eilbote bestätigt worden war.
    Unvermittelt setzte er seine Tasse ab.
    »Die kleine Lawrence hat mich heute Morgen aufgesucht.«
    »Was wollte sie – um Almosen betteln?«
    »Mich bitten, ihre Schulden zu stunden, bis sie Arbeit gefunden hätte und sie abbezahlen könnte.«
    »Arbeit finden?« Lady Sophia lachte auf. »Wie will sie das anstellen? Sie kann nichts, gar nichts, weil dieser alte Wirrkopf den Kindern nicht erlaubt hat, eine Schule zu besuchen. Nicht einmal zur Kirche hat er sie gelassen! Für einen Hungerlohn in die Fabrik gehen, ja, das kann sie, aber mehr als das wird ihr nicht übrig bleiben.«
    Ihr Gatte stützte die Ellenbogen auf die Armlehnen und ließ sein beginnendes Doppelkinn nachdenklich auf den gefalteten Händen ruhen. Natürlich hatte er gewusst, dass die Summe, um die ihn Arthur Lawrence damals gebeten hatte, weit über dem Wert des Grundstücks lag. Aber er hatte Mitleid mit dem verhärmten Mann gehabt und es nicht übers Herz gebracht, ihn herunterzuhandeln, auch wenn er nicht wirklich damit gerechnet hatte, das Geld je wiederzusehen.
    »Ich hätte ihr gerne geholfen, aber Ian hat mir bereits gestern nach dem Dinner das Angebot gemacht, die Schuldscheine der Lawrences zu kaufen – zu einem sehr guten Preis. Ich habe natürlich angenommen, auch wenn ich nicht die leiseste Ahnung habe, was er damit anzufangen gedenkt.«
    »Das braucht dich auch nicht weiter zu kümmern, Henry. Nun müssen wir uns schon nicht mehr darum sorgen, jemals auch nur einen Farthing davon zu sehen. Wie ich ihn kenne, wird unser geschätzter Mr. Neville sicher nicht der Mildtätigkeit anheim fallen. Die Lawrences waren ohnehin ein Schandfleck für die Gemeinde – je eher sie sie verlassen, umso besser.«
    Sir Henry lehnte sich zurück und betrachtete prüfend seine Frau, registrierte die Eleganz ihres Nachmittagskleides aus pflaumenblauem Taft, ihr Collier und die Ohrgehänge aus schwerem Gold und funkelnden Amethysten.
    »Du solltest wenigstens eine Spur von Mitleid für das arme Ding und ihr Los aufbringen, wie es deine Christenpflicht wäre.«
    Klirrend setzte Lady Sophia ihre Tasse ab.
    »Es widert mich an, wie sie um Alastair herumschleicht, die Arglosigkeit meines Jungen ausnutzt, um sich in unsere Familie einzuschleichen und sich des Titels zu bemächtigen. Ich hoffe, du warst Manns genug, ihr die Tür zu weisen! Ich bin sicher, gerade jetzt treibt sich diese Natter wieder bei den Ställen herum und versucht, deinen Erben

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