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Himmel über Darjeeling

Himmel über Darjeeling

Titel: Himmel über Darjeeling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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Tochter Amelia gemacht?«
    Man unterhielt sich gut und begegnete sich noch in der gleichen Woche auf einer weiteren Soiree. Nachdem die Erkundigungen, die Lady Sophia bei gemeinsamen Bekannten angestellt hatten, einigermaßen zufriedenstellend ausgefallen waren, verabredete man sich zu einer Ausfahrt mit der Kutsche, und am nächsten Tag flatterte ein Billett in das Haus am Grosvenor Square, in dem Lady Sophia Claydon im Namen der gesamten Familie ihre Vorfreude darüber aussprach, Mr. Ian Neville möglichst bald als Gast auf ihrem Landsitz Oakesley Manor willkommen heißen zu können. Und der indische Sekretär Mr. Nevilles überbrachte nach angemessener Frist die Nachricht, sein Herr würde dieser Einladung nur zu gern nachkommen – ob Anfang November ein wünschenswerter Zeitpunkt sei?
    Ungeduldig sah Ian auf, als Mohan Tajid den Salon im Gästetrakt von Oakesley Manor betrat.
    »Und?«
    Mohan Tajid nickte.
    »Ich habe es eben noch einmal bestätigt bekommen. Die Claydons sind so gut wie bankrott.«
    Ein kleines Lächeln huschte über Ians Gesicht. »Sehr gut.« In langen Schritten eilte er an den Sekretär und schrieb hastig eine Notiz, die er zusammenfaltete und Mohan hinhielt. »Das muss heute noch per Eilboten zu Jennings nach London. Wollen wir doch mal sehen, ob wir dem ehrenwerten Oberst nicht aus seiner prekären finanziellen Lage helfen können.« Er zwinkerte Mohan zu, einen spöttischen Zug um seine Mundwinkel.
    »Wie kommst du voran?«, wollte dieser wissen.
    »Hervorragend. Mutter und Tochter lauern förmlich darauf, dass ich mich erkläre, wie es so schön heißt. Aber ein, zwei Tage werde ich sie schon noch zappeln lassen. Mohan«, dieser wandte sich noch einmal um, die Hand schon am Türknauf, »gib bitte Bescheid, dass sie uns zwei Pferde satteln. Ich glaube, es hellt sich auf, und ich würde gern zum Strand hinunterreiten, zu den Klippen. Die Aussicht dort soll spektakulär sein.«



1
    » U nd dort sind Sie einander begegnet, an jenem Novembertag«, schloss Mohan Tajid seine Erzählung.
    Es war still, als er verstummte, totenstill. Selbst die Monsunwolken, deren zusammengeballte Feuchtigkeit die Nachtluft schwer und warm tränkte, schienen für einen Augenblick den Atem anzuhalten, Blitz und Donner für einen Moment auszusetzen. Mohan sah in den dämmrigen Raum hinein, noch mehrere Herzschläge lang in seine Gedanken an die Vergangenheit versunken, ehe er seinen Blick auf Helena richtete. Die Arme fest um die angezogenen Knie geschlungen, hatte sie ihr Gesicht halb dahinter vergraben, stumm vor sich hin starrend. Sie war wie gelähmt, unfähig, auch nur einen Finger zu rühren. Ihr war übel, übel von all dem Leid, all der Grausamkeit, von der Mohan ihr berichtet hatte, und unter der Taubheit eines unfassbaren Entsetzens tobte in ihr ein Sturm, von Bildern, Worten, Eindrücken, Vorstellungen. Endlich hob sie den Kopf.
    »Warum haben Sie mir das alles erzählt?«
    Ein kleines Lächeln schien in Mohans Gesicht auf. »Wem – wenn nicht Ihnen?« Das Lächeln verschwand wie der Mond hinter dunklen Wolken. »Sie haben – «, er räusperte sich, »Sie haben mich einmal gefragt, warum er Sie geheiratet hat. Ich wusste damals keine Antwort. Ich glaube, er war neugierig, und ohne es zu wollen, hatten Sie den Jäger in ihm gereizt. Mit der Zeit begriff ich, dass er hoffte, Sie könnten die Dämonen in die Flucht schlagen, die ihn umtrieben. Ich hoffte es selbst, sehr lange. Es – es schmerzt mich, dass wir alle wohl nicht stark genug waren, um diesen Kampf zu gewinnen. – Er liebt Sie«, fügte er hinzu, mit einem ratlosen Unterton in seiner Stimme. »Das weiß ich.«
    Helena bewegte sich nicht, starrte nur vor sich hin.
    »Vielleicht ist das manchmal tatsächlich nicht genug«, flüsterte sie schließlich.
    »Sie werden nicht bleiben, nicht wahr?«
    Helena schwieg einen Augenblick lang, als sie in sich hineinhorchte, und der Sturm in ihr bahnte sich seinen Weg, brachte in ihr eine fieberhafte Unrast hervor, den Drang, alles hinter sich zu lassen, was sie erlebt, was sie heute Nacht gehört hatte.
    »Nein«, sagte sie leise, mit einem Zittern in der Stimme, hinter dem eine Entschlossenheit aus Granit stand, »ich muss gehen.« Sie sah Mohan in die Augen, bat ihn stumm um Verzeihung, und er nickte.
    »Dann will ich Sie nicht länger aufhalten.« Er erhob sich. »Ich werde einen der Burschen wecken und bitten, zwei Pferde zu satteln und Sie zu begleiten.«
    »Nein«, rief Helena hastig und sprang

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