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Himmel über Darjeeling

Himmel über Darjeeling

Titel: Himmel über Darjeeling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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und spürte sie dennoch auf ihrer Haut.
    »Guten Morgen«, begrüßte er sie fröhlich und streckte die Hand nach ihr aus, doch sie setzte sich stumm auf die gegenüberliegende Seite des Tisches, den Blick auf ihren Teller gesenkt. Als der Diener ihr den Korb mit den Brötchen reichte, schüttelte sie den Kopf, nippte nur lustlos an ihrem Tee.
    »Du solltest etwas essen, wir haben einen langen Tag vor uns«, empfahl Ian.
    »Danke, ich habe keinen Hunger«, gab sie gereizt zurück und sah aus dem Augenwinkel, wie ein breites Lächeln in Ians Gesicht aufschien. Er beugte sich vor und flüsterte über den Tisch hinweg: »Nach letzter Nacht? Du kannst mir viel erzählen, aber das glaube ich dir nicht!«
    Helena wurde dunkelrot. Mit finster zusammengezogenen Augenbrauen schleuderte sie ihm entgegen: »Wenn ich nicht Acht gebe, passe ich bald in kein einziges Kleid mehr!«
    »Du warst ohnehin viel zu dünn«, gab Ian ruhig zurück. Er stockte, als sei ihm plötzlich ein Gedanke gekommen, und setzte leise hinzu: »Bist du …?«
    Erneut errötete Helena und schüttelte verlegen den Kopf. An jenem Abend im Innenhof von Surya Mahal, als ihr im Kreis der Frauen die roten Muster auf Handflächen und Fußsohlen gemalt worden waren, hatte sie durch die alten Lieder, die alten Verse verstanden, was es war, das Frauen und Männer so zueinander zog, wie die Vereinigung der beiden Geschlechter und das monatliche Unwohlsein mit der Zeugung von Kindern zusammenhingen. Doch etwas tobte noch in ihr, wie ein kleiner Dämon des Zorns, der einfach keine Ruhe geben wollte, und in einer plötzlichen Erkenntnis hob sie den Blick wieder zu ihm an, ihre Augen kalt und hart wie blaue Diamanten.
    »Darum ging es dir, nicht wahr? Das war der Grund für deine Eile … Deshalb hast du mich so schnell heiraten wollen – um so schnell wie möglich einen Erben zu bekommen – einen legitimen Erben, keinen dunkelhäutigen Bastard! Ich bin für dich nur eine – eine Zuchtstute, mehr nicht!«
    Helena redete sich immer schneller in Rage und sah nicht, wie Ians Gesicht sich verdüsterte, seine Augen sich drohend zu tiefstem Schwarz verdunkelten. Erst als sie einen Schlag, ein Klirren hörte, hielt sie erschrocken inne. Ian hatte seine Serviette vom Schoß gerissen und sie mitsamt der geballten Faust auf den Tisch donnern lassen, dabei seine Tasse heruntergefegt, die sich in winzigen weißen Splittern, wie eine zerbrochene Eierschale, über den Boden verteilte.
    »Schluss jetzt! Wenn ich gewusst hätte, dass du daherredest wie eine dumme Gans, hätte ich dich gewiss nicht geheiratet! Ich wollte mit dir heute den Tag in der Stadt unten verbringen, aber dazu ist mir ehrlich gesagt die Lust vergangen!« Wütend stand er auf und stürmte mit langen Schritten davon.
    Helenas Zorn war verraucht, nur noch ein quälendes Gefühl der Scham war übrig geblieben. In sich zusammengesunken saß sie da, starrte auf ihren noch immer leeren Teller. Der Diener hatte sich angesichts des drohenden Unwetters zwischen huzoor und Memsahib rechtzeitig ins Haus zurückgezogen, und lange saß sie alleine da, während die Tränen über ihr Gesicht rannen. Wie durch einen Schleier sah sie, dass Mohan Tajid und Jason auf die Veranda traten, von einem morgendlichen Ausritt zurückgekehrt und bester Laune. Mohan genügte ein Blick, und sogleich kommandierte er Jason freundlich ins Haus. Der Junge zögerte noch, sah Helena erschrocken an und trollte sich schließlich widerwillig, als Mohan mit einem leichten Klaps seiner Aufforderung nachhalf.
    Helena sah ihn durch ihre Tränen hindurch an.
    »Ich habe alles verdorben«, schluchzte sie ihm entgegen, und als er einen Stuhl zu ihr heranzog, weinte sie an seiner Schulter, sprudelte sie ihre Kümmernisse nur so heraus, ihre Eifersucht auf Shushila, ihren Kummer über das zu enge Kleid, den Streit von vorhin, und Mohan hörte schweigend zu.
    Endlich löste sie sich von ihm, wischte sich über die nassen Wangen, und als Mohan ihr sein Taschentuch reichte, putzte sie sich geräuschvoll die Nase.
    »Sicher hasst er mich jetzt«, murmelte sie unter dem Tuch hervor.
    Mohan schüttelte den Kopf. »Nein, ganz gewiss nicht. Damit er einen Menschen hasst, braucht es mehr als einen kleinen Streit. Er wird sich wieder beruhigen, darauf gebe ich Ihnen mein Wort«, setzte er auf einen zweifelnden Blick Helenas bekräftigend hinzu.
    Schniefend richtete sie sich auf. »Ich muss zu ihm. Wissen Sie, wo er ist?«
    Wieder schüttelte Mohan den Kopf. »Nein,

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