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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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und vielfarbige Plantagenanlagen, aus denen die hohen Palmen herausragten wie aufgereckte, grüßende Hände. Durch das dunkle Grün der Pflanzen leuchteten hier und da die weißen Landhäuser der Araber.
    » So habe ich es in meinen Träumen gesehen.«
    Er musste sich zu ihr hinüberlehnen, um ihre leisen Worte durch das Rattern und Tuckern des Dampfers hindurch zu verstehen.
    » Die bläulichen Wellen, die immer heller und durchsichtiger werden, wenn sie über den Sand lecken. Das dichte Gewirr der Pflanzen, wie ein grünes Gewölk, das auf der weißen Koralleninsel lagert. Dort, im Schatten riesiger Bäume, schlummern Teiche, auf denen rosige und gelbe Blütenknospen treiben…«
    Sie hatte den Mund ein wenig geöffnet, als wolle sie den Anblick nicht nur mit den Augen in sich aufnehmen, sondern ihn einatmen wie einen erregenden Duft. George war bewegt. Undeutlich erinnerte er sich, dass sie damals tatsächlich von Bildern gesprochen hatte, die sie in ihren Träumen sah. Es hatte ihm gefallen. Die kleine Charlotte mit den exotischen Augen und dem schwarzen Haar war ihm damals wie eine Verkörperung seiner eigenen Sehnsüchte erschienen. Jetzt erst begriff er, wie ernst und tief sie empfand, und etwas wie Reue stieg in ihm auf, dass er sie damals so bald wieder vergessen hatte.
    » Zayn z’al barr«, sagte er ihr ins Ohr. » Das haben die arabischen Seeleute damals ausgerufen, als sie diese Inseln zum ersten Mal erblickten. Auf Deutsch heißt es so viel wie: › Schön ist dieses Land.‹«
    Das dunkelblaue Wasser im Hafen von Sansibar-Stadt schien wie von zahllosen, weißen Papierstückchen bestreut, so viele kleine Boote fuhren jetzt hinaus aufs Meer. Es waren nicht nur Dhaus, sondern vor allem Einbäume mit doppeltem Ausleger, die mit ihrem großen Segel pfeilschnell durchs Wasser glitten. Am Ufer lagen einige größere Handelsschiffe vor Anker, Segler und Dampfschiffe, unübersehbar auch ein englisches Kriegsschiff. George versuchte, Charlotte die Aufteilung der Stadt zu erklären, den Bereich des Sultanspalasts, die Basare der Inder mit ihren mehrstöckigen Häusern, deren Fensterläden stets graublau und grün gestrichen waren, das Negerviertel, wo kleine Hütten aus Lehm eng nebeneinander standen. Er zeigte ihr auch die Klinik, in der er arbeitete: ein weißer Bau mit zwei zinnenbewehrten Treppentürmchen. Sie lag im Viertel der Ausländer direkt am Meer. Doch hörte sie ihm überhaupt zu?
    » Der Palast des Sultans, sagst du? Aber das sind Ruinen, ganze Mauern sind zusammengefallen, die Dächer eingestürzt…«
    » Sie sind nicht eingestürzt, Charlotte, sie wurden von den Kanonen englischer Kriegsschiffe zerschossen. Hat man denn drüben in Daressalam nichts davon gehört?«
    Sie überlegte kurz, dann nickte sie. Die deutschen Frauen, die sie hin und wieder besuchte, hatten von einem » Operettenstückchen« geredet, das auf Sansibar stattgefunden habe. Die Araber dort hätten für ein paar Stunden den Aufstand geprobt, aber die britische Marine habe sie recht bald wieder zur Räson gebracht.
    Die Schilderung ärgerte ihn, obgleich ihm die Hochnäsigkeit britischer und deutscher Offiziere längst bekannt war.
    » Das ist nett ausgedrückt. Die britische Schutzmacht war mit dem Nachfolger des verstorbenen Sultans nicht einverstanden und wünschte sich einen anderen Kandidaten auf dem Thron. Ende August haben fünf britische Kriegsschiffe Stadt und Sultanspalast beschossen, um diese Ansprüche durchzusetzen. Es hat über fünfhundert Tote und noch mehr Verletzte gegeben– auf Seiten der Sansibarer natürlich, die Briten haben keinen einzigen Mann verloren.«
    Er hatte versucht, einen ironischen Ton anzuschlagen, doch ihr betretenes Schweigen zeugte davon, dass sie seine Verbitterung herausgehört hatte. » Die Lage ist inzwischen wieder ruhig«, erklärte er und bemühte sich um ein Lächeln. » Die Menschen hier haben schon viele Eroberer kommen und gehen sehen. Sansibar wird bleiben.«
    Sie sah ihn zweifelnd an, und er spürte, dass sie ihm nicht so recht glaubte. Vielleicht sollte er das Thema später noch einmal anschneiden.
    Inzwischen war eine Flut von schwarzen Händlern dem Dampfer entgegengerudert. Auf ihren kleinen Einbäumen transportierten sie Orangen, Ananas und Kokosnüsse, bunte Papageien oder auch kleine Affen, die sie den Passagieren lauthals anpriesen. Sie folgten ihnen auch, als sie an Land gingen, und George hatte seine liebe Not, die aufdringlichen Burschen loszuwerden. Charlotte

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