Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
Vom Netzwerk:
Kolonialregierung dieses Haus abreißen würde. Das würde uns nicht gefallen und Ihnen gewiss auch nicht. Es gäbe eine Möglichkeit, dieses Unglück zu verhindern…«
    Man wollte sie dazu bringen, das Haus zu kaufen. Sie sei eine Deutsche– weshalb sollten sich die Behörden nicht überreden lassen, einer Landsmännin diesen Gefallen zu erweisen?
    » Wie soll ich das bewerkstelligen? Ich habe doch gar nicht genug Geld!«
    » Das ist kein Problem, Frau Ohlsen. Wir leihen es Ihnen.«
    Sie sprachen von einem sehr günstigen Zins, da auch ihnen daran gelegen sei, dass dieses Haus nicht abgerissen werde, man arbeite sozusagen Hand in Hand.
    » Ihr Geschäft wird gut laufen; es wird unter unserem Schutz stehen, das sollten sie dabei nicht außer Acht lassen.«
    Charlotte durchschaute das Spiel. Man würde ihr das Geld leihen und anschließend ihren Laden ruinieren, damit das Haus rasch wieder in indischen Besitz überging, doch was blieb ihr für eine Wahl?
    » Ich werde es mir überlegen.«
    Die beiden jungen Männer verbeugten sich leicht, spannten ihre Schirme wieder auf und stiegen vorsichtig über die brodelnden Rinnsale, die sich inzwischen auf der Straße gebildet hatten.
    » Denken Sie bitte auch daran, dass unser Schutz nicht umsonst ist, Frau Ohlsen. Wenn Sie uns enttäuschen, könnte der Preis dafür sehr hoch werden…«

Dezember 1897
    Die privaten Räume des Ehepaars von Liebert im Gouverneurspalast ließen fast vergessen, dass man sich in der Kolonie Deutsch-Ostafrika befand, denn das Mobiliar stammte bis ins Kleinste aus Deutschland. Es waren edle Möbel, die in einem adeligen Landhaus oder im ersten Stockwerk einer Berliner Stadtwohnung gestanden haben mochten. Schränke und Sessel waren aus Eichenholz gefertigt und mit kunstvollem Schnitzwerk versehen, hinter den geschliffenen Glasscheiben der Vitrine standen schön bemaltes Porzellan, silberne Teekannen, Kerzenleuchter sowie eine große Schale mit dem eingearbeiteten Monogramm der Familie. Nur der schwarze boy, der dienstbeflissen neben der Portiere aus weinrotem Samt verharrte, passte nicht zu dem deutsch-heimatlichen Ensemble.
    » Nehmen Sie von diesem Konfekt«, sagte Frau von Liebert lächelnd und schob Charlotte den Teller hinüber. » Meine Mutter hat es mir geschickt, ein altes Familienrezept. Eigentlich wird es bei uns erst zur Weihnachtszeit gebacken, aber seitdem wir in Daressalam leben, stellt meine Mutter die Pralinen ein paar Wochen früher her, damit sie rechtzeitig vor dem Fest bei uns eintreffen.«
    Charlotte bedankte sich artig, nippte an ihrer Teetasse und kaute auf einer trockenen Marzipanpraline herum. Es war schon seltsam mit den alten Familienrezepten– Mandeln, Rosenöl und Zucker waren auch in Darassalem zu haben. Aber natürlich schmeckte es anders, wenn das Konfekt in Deutschland gefertigt worden war.
    » Ehrlich gesagt, liebe Frau Ohlsen«, nahm die Gouverneursgattin den Gesprächsfaden wieder auf. » Ich verstehe Sie nicht so ganz. Weshalb klammern Sie sich an dieses hässliche Haus in der Inderstraße? Das ist doch keine gute Gegend für eine Deutsche. Überhaupt bereiten die Inder in der Stadt meinem Mann recht viel Sorgen, sie sind unfassbar geschäftstüchtig, besitzen überall Grund und Boden und machen deutschen Geschäftsleuten das Leben schwer…«
    Draußen ging ein kräftiger Regenguss herunter, und der schwarze boy erhielt den Auftrag, die Läden vorzuklappen, damit die Fensterscheiben geschont wurden.
    » Aber sie tun doch auch etwas für die Stadt«, wandte Charlotte vorsichtig ein. » Denken Sie doch nur an das Eingeborenenhospital, das Sewa Hadji gestiftet hat.«
    » Nun ja– das sind Einzelfälle. Im Übrigen ist es ein Unding, dass ein Inder in unserer Kolonie ein so gewaltiges Vermögen erwerben kann. Man weiß nie, auf welchen Wegen diese Orientalen dazu kommen, als Deutscher kann man ihnen einfach nicht vertrauen…«
    Frau von Liebert war ein gutes Stück jünger als ihr Ehemann, eine zierliche, dunkelblonde Frau mit ernsten Gesichtszügen und blauen Augen, die Willenskraft offenbarten. Ihr Lächeln war verbindlich, sie vergaß jedoch niemals, dass zwischen ihr und der verwitweten Charlotte Ohlsen ein gewaltiger Standesunterschied lag. Charlotte war klar, dass dieser Abstand in den Augen der Gouverneursgattin noch ein gutes Stück gewachsen wäre, hätte sie von ihrer indischen Großmutter gewusst.
    » Aber gerade deshalb kann es doch nur gut sein, wenn eine deutsche Geschäftsfrau in der

Weitere Kostenlose Bücher