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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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Eintritt der Dunkelheit, noch bevor es im Lager still geworden war, brennend vor Ungeduld. Der flackernde Schein der Lagerfeuer leuchtete durch die Zeltwand hindurch, als er ihr die Kleider abstreifte. Er ließ ihr nicht einmal das Hemd, war begierig, ihren bloßen Körper ganz und gar zu besitzen, fand jede noch so verborgene Stelle, um sie mit Händen und Lippen zu berühren. Irgendwo stritten zwei Frauen miteinander, ein Saiteninstrument erklang, und eine raue, kehlige Stimme sang dazu eine eintönige Melodie. In der Ferne rauschte der Wasserfall.
    In dieser Nacht widerfuhr Charlotte etwas Erstaunliches, von dem sie bisher keine Ahnung gehabt hatte. Sie spürte zum ersten Mal, dass eine Frau die gleiche Lust wie ein Mann empfinden konnte, und es verwirrte sie sehr, da sie bislang angenommen hatte, derlei Gefühle stellten sich höchstens bei einer Dirne, niemals aber bei einer Ehefrau ein.

Dezember 1898
    Die Dschagga-Frauen waren zwischen den großblättrigen Bananenstauden kaum zu sehen, doch man hörte sie schwatzen und singen, während sie das Unkraut mit Hacken und Buschmessern eindämmten. Max von Roden mochte ihre Lieder, sie klangen anders als die der Männer, die auf seinem Land arbeiteten, getragener, ein wenig melancholischer, dann wieder ertönten helle, trillernde Laute, und man hörte Gelächter. Diese Frauen waren fleißige Arbeiterinnen, drüben auf der anderen Seite hatten sie Mais gepflanzt, der trotz der Trockenheit in diesem Jahr recht gut stand und bald geerntet werden konnte. Im Grunde war es schade, dass er nur wenige Dschagga-Frauen auf seiner Plantage beschäftigen konnte. Ihre Männer ließen sie nicht gehen, denn sie mussten die eigenen Felder bestellen, auf denen ihre Ehemänner und Brüder keinen Finger rührten.
    Er ritt noch ein wenig näher heran und zügelte dann das Maultier, um sich die Pflanzung gründlich zu betrachten. Sie zog sich weit den Hang hinauf und umfasste etwa drei Hektar Land; wie alle Dschagga-Felder wurde sie von ausgeklügelten Bewässerungskanälen versorgt. Eigentlich war es sein Land, er beanspruchte den Besitz offiziell immer noch für sich, denn er gehörte zu der Plantage, die der Araber ihm damals verkauft hatte. Dennoch hatte er dieses Landstück den Dschagga für unbestimmte Zeit abgetreten und verlangte auch keine Pacht dafür. Es war der Preis, den er damals für Charlotte hatte zahlen müssen, um sie aus ihrer Gefangenschaft zu befreien.
    Zuerst war er wütend gewesen, hatte daran gedacht, die Schutztruppe zu Hilfe zu rufen, um sich sein Eigentum zurückzuholen, dann hatte er es sich anders überlegt. Die Gefahr, dass die Burschen ihm aus Rache dort oben das Wasser abgruben, war nicht zu unterschätzen, und er brauchte verdammt viel Wasser auf der Plantage. Nicht nur für die Pflanzungen, auch für die Kaffee-Ernte und vor allem für den Sisal, der im kommenden Jahr zum ersten Mal geschnitten und zu Fasern verarbeitet werden sollte.
    Jetzt hatten die Dschagga-Frauen ihn entdeckt, kamen zwischen den Bananenstauden hervor und beschatteten die Augen mit den Händen, um ihn besser sehen zu können. Zwei von ihnen trugen leuchtende, karminrote Gewänder, ganz sicher von dem Lohn gekauft, den ihre Männer auf der Plantage verdient hatten. Eine der jüngeren Frauen hatte sich ihren Säugling auf den Rücken gebunden; sie warf nur einen kurzen, gleichgültigen Blick auf den weißen bwana und bückte sich dann, um weiterzuhacken. Eine Begrüßung oder Ähnliches fand nicht statt, man kannte sich und ließ einander in Ruhe.
    Er musste schmunzeln, als er sein Maultier den Abhang wieder hinunterlenkte. Charlotte wäre jetzt zu den Frauen hinübergeritten, um mit ihnen zu schwatzen. Auf welche Weise sie sich mit ihnen verständigte, hatte er noch nicht ganz herausgebracht, sie mischte Suaheli mit neu aufgeschnappten Worten der Dschagga-Sprache, behalf sich mit Gesten und Mimik– und irgendwie klappte es. Sie hatte ihnen sogar Hühner und ein paar Ziegen abgehandelt, die stinkenden Biester vermehrten sich inzwischen auf der Plantage wie die Karnickel. Wenn eines der Zicklein für einen leckeren Braten sein Leben lassen musste, lief Charlotte davon, da sie es nicht mit ansehen konnte, wie es geschlachtet wurde.
    Charlotte– seine Frau. Sie war ein Geschenk des Schicksals, das beste und größte, das er je erhalten hatte. Gar nicht auszudenken, dass sie diesem zwielichtigen Inder anheimgefallen wäre, hätte er nicht den raschen Entschluss gefasst, an die Küste zu

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