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Himmel ueber Falludscha

Titel: Himmel ueber Falludscha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Dean Myers
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hinzog.
    So wie ich das verstand, marschierten die Marines zuerst ein und beseitigten jeden Widerstand. Dann kam die 3. Infanteriedivision, sicherte die Positionen und richtete die Kommunikationsverbindungen ein. An manchen Orten war es umgekehrt und die Dritte kam zuerst, während die Marines ihnen folgten. Es war eine Wahnsinnsoperation, die nach Schema F ablaufen sollte. Reingehen, Positionen einnehmen, Vorposten einrichten, dann die Kommunikation zum Ausgangspunkt sichern. Und dann kamen die Mädels von der 507.: Sie versorgten die Vorposten.
    »Supereinfach«, meinte Captain Coles. »Einfach auf der Liste abhaken, während man vorrückt.«
    »Wir müssen so bald wie möglich den Fernseher in Betrieb nehmen«, forderte Marla. »Damit wir wissen, wie es steht. Bis jetzt, glaube ich, 1 : 0 für die Koalition.«
    Während der Fahrt wurden unregelmäßig Pausen gemacht. Immer wenn ein oder zwei Kilometer vor uns aufder Straße irgendetwas los war, hielten wir an, bis wir als Einheit zusammen weiter vorrücken konnten. Es war fast halb acht am Abend und die Sonne war bereits untergegangen, als wir den Befehl bekamen, anzuhalten und einen Feldlagerbereich abzustecken.
    Marla machte viel Aufhebens davon, den Fernseher aufzustellen, und brachte sogar Sergeant Harris dazu, die Antenne festzuhalten. Nachdem wir ein wenig damit herumprobiert hatten, bekamen wir schließlich CNN herein. Sie interviewten gerade einen rundgesichtigen Marine.

    »Ich weiß, dass wir einen Krieg gegen den Terror führen und dass wir Opfer bringen müssen, um einen entschlossenen Feind zu besiegen und die Welt von Massenvernichtungswaffen zu befreien. Ich bin bereit, meinen Teil dazu beizutragen …«

    »Wenn er gesagt hätte, dass er die Hosen voll hat, wäre er nicht ins Fernsehen gekommen«, behauptete Marla.
    »Wenn sie mir eine Kamera vor die Nase halten, werde ich genau das Gleiche sagen wie der Marine«, erklärte Jonesy. »Ich war noch nie im Fernsehen.«
    Der Nachrichtensprecher nannte Namen und Heimatstadt des Marines. Dann schalteten sie zu einem anderen Reporter, der offenbar auf einem Balkon stand. Im Hintergrund waren Explosionen zu sehen. Er zuckte zusammen, während er versuchte, die Szene zu beschreiben.
    »Glaubt ihr, dass die Bomben irgendjemanden treffen?«, fragte Marla. »Ich kann keine Leichen herumliegen sehen.«
    Das stimmte. Immer noch sprachen sie von Angst und Schrecken und davon, wie viele Bomben um Bagdad fielen,aber sie zeigten keine Toten. Ich wollte auch gar keine sehen.
    Wir hatten unseren Humvee neben der Straße geparkt und uns daneben hingelegt. Es war eine heiße Nacht und wir schwitzten alle. Als ich einen üblen Geruch bemerkte, glaubte ich erst, es sei Jonesy, doch dann fiel mir auf, dass ich es selber war. Zuerst überlegte ich, ob ich aufstehen und mich waschen sollte, doch ich war zu müde dazu.
    * * *
    »Wir rücken ab!«, rief Captain Coles ins Zelt. Ich hörte ihn, aber nichts, was er sagte, ergab irgendeinen Sinn. Irgendwie kam ich in die Senkrechte, fand den Zeltausgang und trat in den hellen Wüstenmorgen hinaus. Vor dem Latrinenzelt stand bereits eine kleine Schlange, also ging ich hinter die Zelte der Trupps und pinkelte auf den Boden. Schräg gegenüber sah ich Harris. Er sorgte dafür, dass ihn auch ja jeder sah. Na klasse.
    Wir packten unseren Kram zusammen, kontrollierten das Gelände und brachten unsere Extra-Ausrüstung in den Versorgungswagen. Jean Darcy kam mit einem Plastiktablett mit ihrem Frühstück vorbei. Ich sah Rührei, Würstchen und Kartoffeln.
    »Magst du Menschen?«, fragte sie, mich von unten her ansehend.
    »Ja, schon«, antwortete ich.
    »Perverser!«
    Bei der Army gibt es schon merkwürdige Weiber, dachte ich. Merkwürdig und stark.
    Ich sah auf die Uhr. Es war erst fünf Uhr. Wie konnte man nur so früh am Morgen schon so angenervt sein?
    Captain Coles kam vorbei und sagte uns, dass wir in dreißig Minuten abfahren würden.
    »Wissen Sie, wohin es geht?«
    »McDonalds in Bagdad«, antwortete er.
    Ich sah mich nach Darcy um, um ihr zu sagen, dass ich doch keine Menschen mochte, konnte sie aber nicht finden. Stattdessen fand ich Marla, die Jonesy beim Anlegen seiner Schutzweste half.
    »Sieh dir mal diesen Sonnenaufgang an«, sagte sie.
    Ich sah in die Richtung, in die sie wies. Am Horizont stand die Sonne und darüber eine feine rote Linie, die sich ins Unendliche erstreckte. Sand stieg wie ein Schatten in wechselnden Dunkelbraun- und Orangeschattierungen empor und kam

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