Himmel ueber Falludscha
wir es angeblich tun.«
»Und, tun wir das?«, wollte Jonesy wissen.
»Es sterben viele Menschen«, erwiderte Miller. »Ist das das Gleiche?«
* * *
Appell am Montagmorgen. Sehr lässig. In der Lounge war ein Tisch mit Kaffee, Donuts, Teilchen und Orangensaft aufgestellt. Ein dürrer Stabsoffizier mit tausend Falten imGesicht breitete ein Tischtuch über einem der Billardtische aus und legte eine kleine Orange, zwei Feigen und eine Handvoll Rosinen in die Mitte.
»Mein Name ist Lieutenant Colonel John Kelly. Ich bin Berufssoldat und mein Vater vor mir war auch schon Berufssoldat«, sagte er. »Soldaten, auf diesem Tisch ist nicht viel zu essen. Wenn man das einem Menschen gibt, gewinnt man vielleicht einen Freund damit. Teilt man es unter zwei Menschen auf, schafft man sich wahrscheinlich zwei Feinde. Vor diesem Problem stehen wir hier im Nahen Osten. Es gibt so wenig und zugleich so viele Menschen, die sowohl Nahrung als auch geistige Unterstützung brauchen. Wie viel wir auch leisten – wir schaffen uns immer nur mehr Feinde als Freunde. Sie sind schon eine Weile hier und sehen, wie es auf den Straßen und auf dem Land aussieht. Sie wissen also, wovon ich rede.«
So ging es immer weiter, aber er hatte recht. Ja, wir wussten, wovon er sprach. Im Irak herrschte nicht nur ein Krieg, sondern gleich ein ganzes Dutzend Kriege. Die Invasion hatte ein Machtvakuum geschaffen, in das mehrere Gruppen eindringen wollten. Es gab Schiiten und Sunniten und Stammesgruppierungen und Kurden und politische Parteien. Unsere Leute, unsere Armee und unsere Marines, wir waren mittendrin.
»Im Grunde genommen will ich sagen, dass wir an die Demokratie glauben und an die amerikanische Lebensart, und dass wir das in die Welt exportieren wollen. Bisher haben wir dabei gute Arbeit geleistet«, fuhr der Colonel fort. »1776 hatten wir die einzige wirkliche Demokratie auf der Welt. Mittlerweile sind fast alle Regierungen der Welt unseremBeispiel gefolgt. Ich will nicht utopisch klingen, aber wenn wir dem Nahen Osten eine Art 1776 bescheren, können wir die Welt verändern. Ihr jungen Leute könnt einen wichtigen Schritt in diese Richtung tun. Ihr könnt uns den Weg zeigen. Das erwarte ich von Ihnen, das erwartet Amerika von Ihnen. Vielen Dank.«
Der Lieutenant Colonel nahm Haltung an.
»Aach-tung!« Captain Coles stand auf und salutierte.
Kelly salutierte zackig, nickte und ging. Aus dem hinteren Teil des Raums trat ein weiterer Offizier nach vorn, diesmal ein Major. Er war asiatischer Herkunft, klein und ziemlich muskulös, von Kopf bis Fuß geschniegelt und gebügelt.
»Soldaten, wir schicken Sie in einen Einsatz, der ein wenig ungewöhnlich ist.« Der Major sprach langsam und deutlich. »Ihre Einheit ist nun seit mehreren Monaten im Irak und Sie wissen, dass der Feind – und mit Feind meine ich jeden, der uns angreift – sich am Rande des Spielfeldes bewegt. Manchmal verändern unsere Gegner die Regeln, was ihnen einen deutlichen Vorteil verschafft. Wir werden aus Ihrer Einheit ein Team zusammenstellen, das mit ein paar anderen Spielern auf diesem Feld bei einem Einsatz zusammenarbeiten wird. Sie werden auf dem Gebiet des Feindes spielen, und Sie werden nach den Regeln spielen, die zur Durchführung dieser Aufgabe nötig sind.
Wenn Sie Erfolg haben, werden Sie damit Leben retten: amerikanisches Leben, ja, aber auch irakisches. Oder lassen sie mich besser sagen: anderes Leben. Gut. Von jetzt an werden Sie über das, was Sie tun und wohin Sie gehen, nur das Allernotwendigste erfahren. Wenn Sie von dieser Mission zurückkehren, werden nur wenige Menschen auf derWelt wissen, was Sie geleistet haben. Aber die Armee wird es wissen der Präsident der Vereinigten Staaten wird es wissen und – was noch wichtiger ist – Sie werden es wissen. Ich betrachte diesen Einsatz nicht als besonders riskant. Sie sollten in der Lage sein, hinzugehen und zu tun, was nötig ist, ohne dass Schüsse fallen. Sollte dennoch die Notwendigkeit dazu bestehen, können Sie sicher sein, dass sich Ihre Sicherungsgruppe erstaunlich effizient darum kümmern wird. Meiner Einschätzung nach wird es jedoch nicht notwendig sein.
Zu guter Letzt möchte ich Ihnen noch erklären, warum wir Sie dafür ausgewählt haben. Ihre Einheit hat sich sehr effektiv um die Zivilbevölkerung bemüht. Sie haben Brücken und Verbindungen aufgebaut, die von der 422. benutzt werden können, die jetzt die meisten Civil-Affairs-Funktionen übernehmen wird. Mit anderen Worten, Sie
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