Himmel ueber fremdem Land
betrachtete das erschrockene Gesicht ihrer Gesprächspartnerin. Im Gegenlicht der Fackeln sah sie eine einzelne glitzernde Träne über ihre Wange rollen.
»Ich würde Ihnen gern sagen, Sie sollen die Hoffnung nicht aufgeben, aber ich kann es nicht. Hannes hat schon zu viel davon in Ihnen geweckt.«
Als wolle sie die Erinnerung an diesen Abend abwischen, strich Edith sich mit beiden Händen über das Gesicht und wandte sich dann zum Gehen.
»Wissen Sie, wie Sie nach Hause kommen?«
»Ich gehe zur Straßenbahn und fahre zum Bahnhof.«
Demy warf einen prüfenden Blick zum Himmel, wo sich zwischen ein paar dunklen Wolken nur vereinzelte Sterne zeigten, doch sie schwieg, war sie doch nicht in der Position, der verzweifelten Frau eine Begleitung oder gar eine Kutsche zur Verfügung zu stellen.
***
Kaum zurück im kleinen Foyer kam eine rotwangige Henny auf Demy zu und ergriff sie am Arm, ließ sie aber schnell wieder los, als ihr klar wurde, dass sie gesellschaftlich hochstehende Zuschauer hatten.
Demy warf ihr einen bestürzten Blick zu. Was hatte Henny so aufgewühlt? »Sie werden gesucht, Fräulein. Der Herr Rittmeister sah sehr wütend aus, als er den Herrn Hans in sein Arbeitszimmer rief. Gleich darauf veranlasste er die Suche nach Ihnen.«
Ein flaues Gefühl breitete sich von Demys Magen in ihre Beine aus, und sie suchte mit der Hand Halt an Hennys Schulter. Ging der Patriarch davon aus, sie habe von Hannes’ Plänen gewusst, ihm gar dabei geholfen, Edith ins Haus zu schmuggeln? War er so aufgebracht, dass er für eine Zurechtweisung nicht einmal das Ende des Festes abwarten wollte?
»Gehen Sie bitte, Fräulein. Den Herrn Rittmeister warten zu lassen verbessert seine Laune nicht.«
Bei dem Gedanken, dass Henny mit großer Wahrscheinlichkeit wusste, wovon sie sprach, blickte sie gehetzt in Richtung des überfüllten Saals, aus dem noch immer Tanzmusik und fröhliche Stimmen in den Eingangsbereich herunterhallten. Sie verharrte auf der Stelle, wobei sie einmal mehr die Nase kraus zog.
Wovor fürchtete sie sich eigentlich? Das Schlimmste, was Meindorff tun konnte, war, sie zu entlassen und zurück in die Niederlande zu schicken, ohne dabei zu ahnen, dass er ihr damit einen großen Gefallen tat. Vielleicht sollte sie es mit ein paar entsprechenden Worten sogar darauf anlegen …?
»Ich bete für Sie«, raunte Henny ihr zu. »Weil ich nicht will, dass Sie fortgeschickt werden. Um meiner Schwester willen und auch um meinetwillen.«
Demy atmete tief durch. Nun stritt ihr geheimer Wunsch, Berlin schnellstmöglich in Richtung Koudekerke verlassen zu können, mit dem Gefühl von Freude, dass sie hier gebraucht wurde und willkommen war. Mit zitternden Knien drängte sie sich durch die Menschenmenge, bis sie vor Meindorffs Bürotür ankam. Lag es an dem Geräuschpegel hinter ihr oder an dem in ihren Ohren rauschenden Blut, dass sie keine erregten Stimmen nach draußen dringen hörte?
Das harte, ungeduldige »Herein!« auf ihr Klopfen hin war hingegen keinesfalls zu überhören. Demy drückte die verschnörkelte Klinke hinunter und schob die Tür auf. Beim Eintreten musste sie gegen den hellen Lichtschein der elektrischen Lampen im Arbeitszimmer anblinzeln. Trotzdem bemerkte sie, dass Hannes sich höflich erhob und ihr einen Stuhl zurechtschob. Sie wartete auf das knappe Nicken des älteren Meindorff als Aufforderung, sich niederzulassen.
»Der drohende Eklat, den ich Gott sei Dank verhindern konnte, zwingt mich, dieses Gespräch mit euch, das eigentlich für später vorgesehen war, unverzüglich zu führen.«
In den Ohren des Mädchens klang Meindorffs Stimme beängstigend ruhig, dennoch wagte sie weder den Hausherrn noch seinen Sohn anzusehen. Ihre Finger spielten nervös mit der winzigen Schmuckblüte an ihrem Gürtel.
»Mit Joseph und Tilla ist die Angelegenheit besprochen. Eurem Fehlverhalten heute verdanken wir jedoch den Umstand, dass auf die sinnvollen Überlegungen, die vor allem Tilla eingebracht hat, keine Rücksicht mehr genommen werden kann. Ich bin nicht in der Lage …« Der Mann stockte und machte seiner aufgestauten Wut nun doch durch einen kräftigen Fausthieb auf seinen Schreibtisch Luft.
Demy zuckte zusammen, als habe er sie geschlagen.
»Machen wir es kurz«, sagte Meindorff und unterbrach sich dann, wobei er seinen Blick auf Demy richtete. Seine warnend erhobene Hand war als deutliches Signal zu verstehen, ihm ja keine Widerworte zu geben. Weshalb dann diese quälende
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