Himmel ueber fremdem Land
Gesprächspause?
»Wir sind übereingekommen, dass es allen Seiten dienlich ist, wenn ihr beide eure Verlobung bekanntgebt. Nicht in ein paar Wochen, wie ursprünglich geplant, sondern bereits in den nächsten Tagen.«
Demy erstarrte. Eine Welle aus Panik und Verwirrung drohte sie zu überrollen.
»Sollten Einwände von euch kommen, verkünde ich dieses freudige Ereignis heute noch.«
»Herr Vater, Ihr könnt mich bestrafen, aber nicht Demy. Sie hat mit der ganzen Geschichte nichts zu tun.« Bereits an der ungewöhnlich hohen Tonlage, in der Hannes sprach, war sein Schrecken deutlich zu hören.
»Sie hat allerdings etwas damit zu tun, indem sie ab sofort deine Braut ist und ich verlange, dass du sie mit dem gebührenden Respekt behandelst. Weiter ausführen muss ich das wohl nicht.«
Hatte sie die letzten Worte mehr wie durch einen Nebel hindurch wahrgenommen, schüttelte Demy nun ihre Benommenheit ab. Sie rutschte bis ganz nach vorn an die Stuhlkante und presste ihre Hände krampfhaft zusammen, um zu verhindern, dass sie irgendetwas ergriff und damit um sich warf.
»Herr Rittmeister, ich verstehe Ihren Ärger. Dieser rechtfertigt aber nicht, dass Sie …« Erschrocken hob sie den Kopf, als Hannes ihre Hände ergriff und eisern festhielt. Sie brach mitten im Satz ab und betrachtete ihre kleinen Hände in seiner großen. Was wollte Hannes ihr mit dieser vertraulichen Geste signalisieren? Dass er gewillt war, ohne Widerspruch auf die Anordnung seines Vaters einzugehen? Aber was war mit Edith und seinen Beteuerungen, wie sehr er sie liebe?
In Demys Kopf schien ein Schwarm Bienen stetig lauter zu brummen. Sollte auch sie sich fügen? Hatte sie eine andere Wahl, da dieses Thema laut Meindorff bereits mit Joseph und Tilla besprochen und eine abgemachte Sache war. Vielleicht sogar mit ihrem Vater?
Demys Schultern sackten nach vorn. War ihr eine Heimkehr für immer verwehrt, ihre Vermählung mit Hannes eine unumstößliche Tatsache? Heiße Schauer jagten durch ihren Körper, Verwirrung und Trotz drohten sie in einen Strudel aus dunklen Schatten zu ziehen. Ihr Blick wanderte erneut zu Hannes. Er nickte ihr ruhig, fast gelassen zu und drückte ihre Hand noch fester. Ihre Überraschung schlug in Widerwillen über die Art um, wie hier von Menschen, die sie kaum kannte, über ihre Zukunft entschieden wurde.
Wieder drückte Hannes ihre Linke und strich ihr mit seinem Daumen zart und tröstend zugleich über die Finger. Wollte er ihr Mut machen?
Demy konnte nicht mehr fassen, was um sie herum geschah. Sie mochte Hannes, aber doch eher wie einen älteren Bruder. Er nannte sie gern »Kleines«, so, wie große Brüder ihre Schwestern titulierten. Und was geschah mit Edith?
Erschrocken rief sie sich selbst zur Ordnung. Warum dachte sie überhaupt über diese Dinge nach? Sie wollte sich diese Zwangsehe doch nicht etwa schönreden? Ob es Tilla so ergangen war?
Entschlossen spannte Demy ihre Muskeln an. Sie war erst vierzehn! Vielleicht sollte sie diese nicht unwichtige Kleinigkeit dem feinen Herrn Rittmeister mitteilen! War dies nicht die richtige Gelegenheit, die Täuschung aufzudecken und dem ganzen Spuk ein Ende zu bereiten?
Meindorff kam ihr allerdings zuvor: »Eure Verlobung wird schnell bekannt gegeben, allerdings stimme ich mit Tilla überein, dass die Eheschließung nicht überstürzt folgen muss. Demy muss zunächst auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet werden.« Der Hausherr sah von ihr zu Hannes und wieder zurück. Täuschte sie sich, oder wirkte auch er erstaunt, dass jeglicher Protest von den beiden jungen Leuten ausblieb?
Wieder verstärkte sich für einen Augenblick Hannes’ Druck auf ihre Hand, ehe er anmerkte: »Demy braucht noch Zeit. Und jetzt möchte ich gern mit ihr allein ein paar Worte wechseln.«
»Ich verstehe und überlasse euch für dieses Gespräch gerne mein Kontor.«
Ehe Demy sich auflehnen konnte, erhob sich der Mann und verließ mit großen Schritten sein Reich. Nun erst fiel die lähmende Anspannung von ihr ab. Mit einem Satz sprang sie auf die Füße und wirbelte zu Hannes herum.
»Was ist in dich gefahren?«, fuhr sie ihn an.
Hannes stand ebenfalls auf und legte sanft seinen Zeigefinger auf Demys bebende Lippen.
»Ruhig, meine Kleine. Ohne einen Plan gegen meinen Vater aufzubegehren hat wenig Sinn. Wir müssen in Ruhe überlegen, was wir nun tun.«
»In Ruhe? Hast du nicht gehört? Er will unsere Verlobung so bald wie möglich – « Wieder verschloss sein Zeigefinger ihr den
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