Himmel ueber fremdem Land
Frau den Platz an meiner Seite streitig machen. Ich solle alle Bemühungen um sie aufgeben.«
Bestürzt kniff Demy die Augen zusammen. Sie hörte den Schmerz in Hannes’ Stimme, sah das Zittern seiner Hände und den plötzlich ungewöhnlich ernsten, ja verzweifelten Gesichtsausdruck, der sein freches Jungengrinsen fortgewischt hatte. »Ich schrieb ihr nochmals, um von ihr einen letzten Gefallen zu erbitten. Daraufhin hat sie sich bereit erklärt, sich mit dir zu treffen.«
»Mit mir ? Aber Hannes, was sollte ich denn tun können? Bitte zieh mich nicht in diese Sache mit hinein. Ich kann mich deinem Vater nicht widersetzen. In dieser Position bin ich bei Weitem nicht!« Demy atmete stoßweise. Sie war nicht furchtsam veranlagt, aber vor diesem imposanten Mann, auf dessen Wohlwollen sie letztendlich angewiesen war, hatte sie Angst.
»Du sollst nicht mit meinem Vater sprechen, sondern mit Edith, kleine Demy. Sie sieht in dir eine Konkurrentin. Obwohl ich ihr versichert habe, dass das nicht der Fall ist, denke ich doch, es wäre sinnvoll, wenn sie das einmal aus deinem eigenen Mund hört.«
Demy wand sich innerlich und gab keine Antwort. Jetzt verfügte Hannes also auch noch über ihre Zeit, ganz zu schweigen davon, dass sie nicht erpicht darauf war, mit einer eifersüchtigen Frau zusammenzutreffen.
Natürlich lag es in ihrem eigenen Interesse, die leidige Angelegenheit zu klären. Erneut war sie knapp davor, Hannes an den Kopf zu werfen, dass sie gerade 14 Jahre alt war und seinem Vater reinen Wein einzuschenken gedenke. Allerdings wäre dies sehr egoistisch, denn Ediths und Hannes’ Situation würde sich dadurch auch nicht einen Deut verbessern.
»Nun schau mich nicht so kritisch an. Edith ist eine durch und durch liebenswerte Person. Ihr trefft euch, und du versicherst ihr, dass du keinerlei Interesse an mir hast und diese ganze Geschichte nur mitspielst, damit ihr und mir genug Zeit bleibt, um weitere Schritte zu planen.«
»Ich tue das, Hannes, weil ich keine andere Wahl habe. Ich wurde ebenso gezwungen, die Wünsche der Familie hinzunehmen. Und wenn dir nicht bald etwas absolut Großartiges zur Lösung unseres Problems einfällt, stehen wir irgendwann vor dem Traualtar. Ich treffe mich mit Edith, dennoch liegt es an dir, eine Lösung herbeizuführen, da gebe ich ihr vollkommen recht«, erklärte sie nachdrücklich, um dann fortzufahren: »Natürlich kann ich notfalls nach Holland zu meinem Vater flüchten, aber dein Vater findet dann womöglich sehr schnell eine andere Frau für dich – und das wird sicher wieder nicht Edith sein!«
»Du hast ja recht, wie Edith auch«, pflichtete ihr Hannes bei und trat wütend mit dem Fuß gegen den breiten Stamm der Buche, in deren Schatten sie ihre erregte Diskussion führten.
»Wann und wo?«
»Morgen schon. Nimm Henny mit und unternimm einen Ausflug in den Tiergarten. Edith wird dich an der Puppenallee 39 beim Reichstag erwarten. Zwischen den marmornen Ahnen Seiner Majestät flanieren ständig eine Menge Passanten. Dort fallen zwei weitere Spaziergängerinnen nicht auf.«
»Meine Güte, Hannes. Wem sollten wir denn auffallen?«
»Edith meinte zuletzt, sie habe das Gefühl, sie werde beobachtet. Vermutlich täuscht sie sich. Aber vielleicht hat mein Vater tatsächlich einen seiner Handlanger beauftragt, zu beobachten, ob ich Edith weiterhin heimlich treffe.«
Das Unbehagen, das Edith bei dem Gedanken durchlebte, fortwährend von jemandem beobachtet und kontrolliert zu werden, war für Demy durchaus nachvollziehbar. Da sie fast täglich verstohlen das Grundstück verließ, um im Schlossgarten die Kinder zu unterrichten, fühlte sie bei der Aussicht, bei ihrem Treffen mit Hannes’ Freundin von einem Beobachter des alten Meindorff gesehen zu werden, ein unangenehmes Prickeln im Nacken. Falls Ediths Verdacht zutraf, konnte auch sie sich auf ein Donnerwetter einrichten.
»Um welche Uhrzeit soll ich sie treffen?«, fragte sie tapfer nach.
»Achtzehn Uhr. Früher kann Edith von Magdeburg aus nicht hier sein.«
»Dann wird sie aber über Nacht bleiben müssen.«
»Sie hat eine Verwandte in Berlin, bei der sie das Wochenende verbringt. Und solltest du Erfolg haben, kann ich sie auch endlich wiedersehen und nicht nur brieflich oder telegrafisch mit ihr kommunizieren.«
Aus seinen Worten sprach so viel Qual und Hoffnung zugleich, dass Demy gar nicht anders konnte, als ihm zu versichern, sie werde Frau Müller davon überzeugen, dass sie keinerlei Interesse an ihm
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