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Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Buechle
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unter seinen Füßen eine Staubwolke aufwirbelte. Er setzte seinen Südwester-Hut auf, dessen Krempe an der rechten Seite durch einen Knopf nach oben gehalten und mit einer schwarz-weiß-roten Kokarde geschmückt war, und nahm sein Gepäck herunter. Während er die Tasche schulterte, warf er einen abschätzigen Blick auf eine Gruppe Männer, die aus dem Abteil der Zweiten Klasse zwischen dem Erste-Klasse-Waggon und den angehängten Gepäckwagen taumelten; sie schienen stark alkoholisiert zu sein.
    Im Zug waren sie ihm nicht aufgefallen, wohl aber bei der Ankunft am Vorabend in Karibib 41 . Die kleine Stadt, eingebettet zwischen grünen Hügeln und in der Ferne in die Höhe ragenden Bergen, bestand aus nicht mehr als ein paar einstöckigen Häusern, dem Bahnhof, einem wachsenden Industriegebiet und seinen inzwischen berühmten Marmorminen.
    Die meisten Reisenden wählten dort zur Übernachtung eines der Hotels in Bahnhofsnähe, Philippe jedoch war die Straße hinuntermarschiert und hatte an die Haustür eines ehemaligen Schutztruppensoldaten geklopft. Der Mann hatte vor zwei Jahren die Armee verlassen und sich in Karibib niedergelassen. Dabei hatte Philippe aus dem Augenwinkel wahrgenommen, wie sich einer der Männer aus der lauten Truppe in seiner Nähe an ein Gebäude lehnte, allerdings darauf bedacht, ihm den Rücken zuzukehren. Spät am Abend, als er mit seinem Freund eine Runde durch die Ansiedlung geschlendert war, war ihm der Mann erneut aufgefallen, ebenso heute Morgen beim Besteigen des Zuges.
    Jetzt wirkte die Gruppe ruhig, beinahe verdrießlich, als sei ihnen das Geschäft des Jahres durch die Lappen gegangen. Nur einer von ihnen – Philippe war er als sein Beobachter vom Vortag gut in Erinnerung –, verließ eilig das Bahnhofsgelände und verschwand in einer der angrenzenden Straßen. Die restlichen vier Männer folgten ihm deutlich langsamer.
    Da ihn dieser seltsame Zeitgenosse nicht interessierte, eilte Philippe mit großen Schritten in Richtung Boysenschanze, bog in die Schillerstraße ein und erreichte kurze Zeit später das Offizierskasino. Dort hinterlegte er sein leichtes Marschgepäck, begrüßte ein paar Bekannte, die sich über sein Aufkreuzen sichtlich überrascht zeigten, und verließ das Gebäude innerhalb weniger Minuten wieder.
    In diesem Moment verschwand eine Gestalt hinter einem benachbarten Haus. Philippe blickte aus zu schmalen Schlitzen zusammengekniffenen Augen über die Häuserzeile und Bäume hinweg zum Auasgebirge, das jenseits der Ebene dem Himmel entgegenwuchs und von den letzten Strahlen der abendlichen Sonne in ein rotbraunes Licht getaucht wurde.
    Niemand wusste von seiner Reise hierher, ebenso wenig von seinem Vorhaben, in Windhuk Nachforschungen über die Vorkommnisse bei den nördlichen Diamantfeldern aufzunehmen. Wer also verfolgte ihn? Handelte es sich um denselben Mann wie schon in Karibib? Vielleicht hatte ihn auch nur das diffuse Licht zwischen den Häusern getäuscht, oder es waren Kinder, die in den beschaulichen, nach deutschem Muster angelegten Straßen spielten?
    Philippe schob diese Überlegungen beiseite und eilte die Bergstraße hinauf. Er hatte es eilig, wollte er doch noch vor Einbruch der Dunkelheit Udako treffen. Er erreichte die weiße Treppe, die rechter Hand zum Gouvernements-Haus hinaufführte. Eine Wache trat aus dem quadratischen Wächterhäuschen und grüßte zackig.
    »Im Offizierskasino sagte man mir, ich könne Oberstleutnant von Estorff bei Gouverneur von Schuckmann finden.«
    »Der Herr Oberstleutnant ist im Haus, Herr Leutnant.«
    Immer zwei Stufen auf einmal nehmend sprang Philippe die erste Treppe hinauf, eilte über den kleinen Querweg und nahm in ebenso hoher Geschwindigkeit auch die nächsten Stufen, bis er vor dem stattlichen Kolonialgebäude stand. Während er die überdachte Veranda zwischen den beiden Gebäudeteilen betrat, drehte sich die metallene Wetterfahne auf der Turmspitze des schmucken Hauses in einem schrillen Quietschen im leichten Wind.
    Philippe meldete sich über einen zweiten dort postierten Wachposten an, und Oberstleutnant von Estorff ließ nicht lange auf sich warten. Die Dielenbretter knarrten, als sein Vorgesetzter zu ihm trat.
    »Meindorff? Stehen Sie bequem! Mich erreichte keine Nachricht darüber, dass Sie und Ihre Spezialtruppe zurückkommen wollen.«
    »Das war durchaus beabsichtigt, Herr Oberstleutnant.«
    Mit hochgezogenen Augenbrauen trat der Mann an die Holzbrüstung. Philippe folgte ihm und lehnte sich

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