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Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Buechle
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seitlich gegen einen der Pfeiler, der die Überdachung stützte.
    »Reden Sie«, wurde er aufgefordert und Philippe erklärte in knappen Worten, weshalb er ohne vorherige Ankündigung nach Windhuk zurückgekehrt war. Dabei sah er zu, wie der Oberstleutnant mehrmals mit der linken Hand an seinem borstigen, nach beiden Seiten gut vier Zentimeter über die Wangen hinausragenden Oberlippenbart zupfte und sich schließlich über den kurzen, ebenfalls mit grauen Haaren durchsetzten Vollbart strich.
    »Wie gut, dass Gouverneur von Schuckmann so viel von Ihnen hält und Sie mit weitreichenden Rechten ausgestattet hat. Ohne Ihre lobenswerte Selbstständigkeit und Ihre Fähigkeit, auch Untergebene in die Entscheidungen einzubeziehen, hätten wir vermutlich demnächst einen Krieg und bis auf die Zähne bewaffnete Partisanen da oben an der Küste. Sie werden es in der Kaiserlichen Armee weit bringen, junger Mann.«
    »Danke, Herr Oberstleutnant.«
    »Geben Sie mir ein paar Minuten. Ich trage die Angelegenheit dem Gouverneur vor. Aber kommen Sie herein und lassen Sie sich eine Erfrischung und eine Mahlzeit reichen.«
    »Danke, Herr Oberstleutnant, wenn Sie erlauben, ziehe ich es vor, hier draußen zu warten.«
    »Wie Sie möchten.«
    Philippe drehte sich, ohne sich dabei von der Säule abzustoßen, während er dem Mann mit den Augen folgte.
    So umsichtig von Estorff wirkte, so unbarmherzig war seine Geschichte in diesem afrikanischen Staat. Im Nama- und Herero-Krieg war von Estorff, seinerzeit Bataillonskommandeur des 1. Feldregiments, vom damaligen Generalleutnant Lothar von Trotha dazu aufgefordert worden, die flüchtenden Menschen und ihre Tierherden in der fast wasserlosen Omaheke-Wüste immer wieder von den wenigen vorhandenen oder mühsam gegrabenen Wasserlöchern zu verjagen. Tausende verdursteten elendig und die Völker schrumpften auf eine verschwindend kleine Zahl zusammen, die man schließlich in Konzentrationslager steckte. Inzwischen waren sie durch die Kolonialgesetze dazu verpflichtet zu arbeiten. Wer ohne eine gültige Arbeitskarte erwischt wurde, landete in Gefangenschaft.
    Während Philippe wartete, wanderte die Sonne den Bergspitzen entgegen. Am Himmel entflammte ein Farbenspiel aus Rot-, Orange-, Gelb- und Violetttönen, dem der Offizier allerdings gerade nichts abgewinnen konnte, denn Oberstleutnant von Estorff und Gouverneur von Schuckmann ließen sich für seinen Geschmack bei ihrer Besprechung viel Zeit.
    Der Duft von gegrilltem Fleisch zog den Hügel hinauf, und Philippes Magen protestierte hörbar. Seit dem frühen Morgen, vor der Abfahrt in Karibib, hatte Philippe nichts mehr zu sich genommen. Die Zikaden legten an Lautstärke zu, ein deutliches Zeichen dafür, dass bald die Dunkelheit hereinbrechen würde. Ungeduldig trat Philippe mit der Stiefelspitze gegen die Holzlatten der Brüstung und drehte sich ruckartig um, als hinter ihm die Tür aufschwang.
    Von Estorff trat heraus und reichte ihm ein Papier mit den Worten: »Sie erhalten Zugang zu sämtlichen aktuellen Befehlen, Protokollen und zum Archiv. Weiterhin dürfen Sie in Absprache mit Ihrem Vorgesetzten Soldaten zur Hilfe hinzuziehen, ohne dass dieser den Hintergrund Ihrer Nachforschung zu erfahren braucht. Details stehen in Ihrem neuen Befehl, Meindorff. Ich erwarte, solange sie in Windhuk sind, jeden Abend einen mündlichen Bericht.«
    Er wartete, während Philippe das Schreiben überflog, dann sagte er: »Machen Sie voran, erzielen Sie Fortschritte, Leutnant. In Walvis Bay lachen die englischen Kommandeure über uns. Zudem will von Schuckmann während seiner Gouverneurszeit weder einen Aufstand innerhalb der Kaiserlichen Schutztruppe noch einen zwischen den Diamantschürfern. Und die Verdächtigungen, dass irgendwelche Engländer die Schürfstellen überfielen, müssen ohnehin schnellstens vom Tisch. Die politische Lage ist angespannt genug.«
    Philippe grüßte vorschriftsmäßig, ehe er die Stufen abwärts in Angriff nahm und zu den Verwaltungsgebäuden hinüberlief.
    Vielleicht dauerte es nur ein paar Minuten, die Unterlagen über die Einsatzpläne der in der Namib patrouillierenden Soldaten und deren Meldegänger zu überprüfen. Wenn alles glatt lief, erfuhr er gleich den Namen des Mannes, der hinter den Überfällen steckte. Und dann konnte er endlich Udako sehen!
    ***
    Mit seinen frisch ausgestellten Papieren war es ein Leichtes, in der Schreibkammer an die entsprechenden Akten zu gelangen.
    Philippe legte die Unterlagen auf dem

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