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Himmel über London

Himmel über London

Titel: Himmel über London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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siebzigsten Geburtstag feiern. Dorthin hatte er sich mit Maud bereits begeben, und es wurde erwartet, dass Gregorius und sie sich in einer Woche ebenfalls dort einfanden.
    Ins Bild passte, dass Leonard am Sterben war. Ihre Mutter hatte es nicht so deutlich ausgedrückt, aber Irina war es gewohnt, zwischen den Zeilen zu lesen, und wusste, dass es so war.
    Ins Bild gehörte außerdem, dass Leonard und ihre Mutter zwar seit zwanzig Jahren zusammenlebten, aber nie geheiratet hatten. Und er hatte Mauds Kinder auch niemals adoptiert.
    Und schließlich zu guter Letzt: Er besaß ein Vermögen.
    Wie groß dieses Vermögen war, das wusste niemand so genau, aber es war nicht gerade klein. Leonard hatte keine Nachkommen, ihm gehörten auf jeden Fall zwei Mietshäuser im Zentrum von Aarlach sowie eine landesweite Tageszeitung. Außerdem besaß er bedeutende Aktienanteile an diversen Fernsehsendern und einer Filmgesellschaft. Unter anderem.
    Alle, die ihn kannten, wussten außerdem, dass er in den letzten Jahren immer unberechenbarer und launenhafter geworden war. Es gab einige, die der Meinung waren, dass er nicht mehr so ganz bei Sinnen sei.
    Auf jeden Fall hatte Gregorius ihr dieses Bild in allen Farben gemalt, und im Prinzip musste sie ihm zustimmen. Leonard Vermin war ebenso launisch wie steinreich.
    Und am Sterben.

8

    Z um Teufel, Irina. Ich schaff das nicht allein. Wenn du nicht mitkommst, dann weiß ich nicht, was ich anrichten werde.«
    »Natürlich schaffst du das. Was ist denn aus dem unbekümmerten Psychopathen geworden?«
    »Seine guten Seiten laufen Gefahr, die Überhand zu gewinnen. Ich überlege, ob ich nicht für eine Weile zum Mönch werden soll. Verdammte Scheiße, Schwesterherz, begreifst du denn nicht, worum es hier geht?«
    »Es geht um ein Geburtstagsessen.«
    »Ja, genau. Und was ist dabei das Problem?!«
    Sie sprachen am Telefon miteinander. Es war Mitternacht zwischen Freitag und Samstag. Gregorius hatte angerufen, und er war nicht mehr nüchtern. Sie dachte, dass sie selber schuld war. Sie hätte ihm von ihrer Zwangsneurose erzählen sollen, schon vor langer Zeit hätte sie das tun sollen, und eines Tages würde sie es vielleicht auch tun. Vielleicht hoffte sie, dass er auch so wusste, wie es um sie stand – und wenn er das tat, wenn er auch nur die leiseste Andeutung dahingehend machen würde, dass etwas mit ihr nicht stimmte, dann würde sie wahrscheinlich nicht zögern. Sie würde alles erklären, und hinterher würde sie eine genauso offene und ehrliche Geschwisterbeziehung haben wie bisher auch.
    Leider war es nur so, dass er keinen blassen Schimmer hatte. Und es auch nie haben würde, das war ihr allmählich klar geworden. Gregorius war viel zu sehr mit seiner eigenen fantastischen Persönlichkeit beschäftigt, als dass er Zeit gehabt hätte, sich um die anderer zu kümmern. Und wenn man ihn mit der Nase darauf stoßen würde.
    Sie versuchte es mit einer anderen Taktik. »Ich habe Flugangst, Greg. Das habe ich dir doch schon gesagt, das weißt du. Ich weigere mich, mich in so eine Todesfalle zu setzen. Außerdem mag ich überhaupt nicht gern verreisen, das weißt du auch.«
    »Es gibt Whisky«, erklärte ihr Bruder ernsthaft. »Nichts ist einfacher, als Flugangst zu kurieren. Und ich bin dabei, ich werde dafür sorgen, dass du so besoffen bist, dass du gar nicht merkst, dass du in einem Flugzeug sitzt.«
    »Vielen Dank. Aber ich glaube nicht, dass das eine gute Lösung ist. Ich kannst doch sagen, dass ich plötzlich krank geworden bin oder so. Ich kann Mama auch am selben Tag anrufen.«
    »Verdammte Scheiße, Irina. Es geht um Millionen. Eine verdammte Menge von Millionen. Sollen wir auf die verzichten, nur weil du keine Lust hast, dich in ein Flugzeug zu setzen? Ich brauche Geld, ich stecke momentan etwas in der Klemme. Und er stirbt bestimmt noch vor Weihnachten. Bist du nun meine Schwester oder nicht?«
    »Greg, es spricht nichts dafür, dass sein siebzigster Geburtstag in dieser Beziehung eine Rolle spielt. Oder dass es davon abhängt, dass wir in irgend so einem Zwölfsternerestaurant in London sitzen und ihn hochleben lassen.«
    »Ganz im Gegenteil. Es spricht alles genau dafür. Deine und meine Anwesenheit, die machen den Unterschied aus zwischen … ja, zwischen null und der Ewigkeit, oder was auch immer du willst, Irina! Vertrau mir, auch wenn du dieses Fingerspitzengefühl nicht hast.«
    Sie seufzte. Die Fingerspitzen ihres Bruders waren etwas, über das man weiß Gott geteilter

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