Himmel über London
Jahren, es war wahrlich höchste Zeit. Gleichzeitig bedauerte er, dass er so müde war, ihm war klar, dass er fast den ganzen Flug über schlafen würde, dabei wäre es doch viel interessanter gewesen, wach zu bleiben und sich von der lächelnden Blauen Drinks und diverse andere Dinge servieren zu lassen. Aber so war es nun einmal, nach dem Essen, einer richtigen Dreigängemahlzeit mit weißem und rotem Wein und einem echten französischen Cognac zum Kaffee, schlummerte er ein und wachte erst wieder auf, als ihm jemand vorsichtig auf die Schulter klopfte und fragte, ob er Frühstück wünsche. Wieder das gleiche schöne Lächeln, wie schaffte sie das nur? Er richtete die Sessellehne auf und schaute aus dem Kabinenfenster. Draußen herrschte ein funkelnd strahlender klarer Morgen, er konnte sogar die Schiffe auf dem leicht gekräuselten Atlantik dreitausend Fuß unter sich sehen.
Mein Leben ist in neue Bahnen gekommen, dachte Milos Skrupka. Ich weiß nicht, was mich erwartet, aber alles deutet darauf hin, dass es etwas Gutes ist.
The Rembrandt Hotel half zweifellos dabei, diesen Eindruck zu verstärken. Ein goldbetresster Piccolo nahm ihm sein Gepäck ab, zwei Frauen in der Rezeption, die problemlos Cousinen seiner Stewardess hätten sein können, hießen ihn willkommen – als hätten sie einzig und allein hinter dem schwarzen Marmortresen gestanden, um auf ihn zu warten, darauf, dass Mr. Skrupka aus New York endlich auftauchte. In seinem Zimmer stand eine Obstschale mit einer Karte vom Hoteldirektor zwischen den Mandarinen und Weintrauben. Er wollte auf diese einfache Art den Gast persönlich willkommen heißen, und er drückte den frommen Wunsch aus, dass Mr. Skrupkas Aufenthalt in jeder Hinsicht angenehm sein möge.
Milos schlüpfte aus seinen Schuhen, ohne sie aufzuschnüren, und testete das großzügig bemessene Bett. Es war ein Gefühl, wie in eine Wolke geschlagener Sahne zu sinken. Es war unvermeidlich, dass er wieder einschlief, doch eine Stunde später stand er unter der Dusche und sang: On the Sunny Side of the Street, sein absoluter Lieblingssong in allen Kategorien, obwohl er in einer ganz anderen Zeit beheimatet war als er selbst.
Er zog sich saubere Kleidung an, suchte Leyas Telefonnum mer aus seinem Taschenkalender und dachte, er könne sie ebenso gut gleich anrufen – solange er noch auf einer Woge aus Optimismus und Tatendrang surfte. Die Chance, dass sie tatsächlich dranging oder nach all diesen Jahren noch unter derselben Nummer zu finden war, war nicht besonders groß, das wusste er selbst, aber er hatte es sich in den Kopf gesetzt, sie aufzuspüren. Wobei er selbst nicht so recht daran glaubte, dass es so einfach sein könnte, einfach nur ihre Nummer zu wählen.
Sie antwortete nach zwei Freizeichen.
»Leya?«
»Ja, am Apparat.«
»Hallo. Hier ist Milos.«
Er verspürte kurz ein Schwindelgefühl. Hoffentlich sagt sie etwas. Ich habe keine Ahnung, was ich sagen soll.
»Milos?«
»Ja. Du hast mich doch nicht vergessen? Ich bin in London.«
»Milos! Bist du das?«
Gott sei Dank, dachte er, und plötzlich erinnerte er sich daran, dass sie immer so geklungen hatte. Fröhlich und voller Begeisterung, auch wenn es nicht viel gab, wovon man begeistert sein konnte. Irgendwie spritzig. Und es schien ihr nichts auszumachen, dass er sie anrief, nicht das Geringste.
»Ja, sicher«, sagte er. »Ich bin vor zwei Stunden angekommen. Ich dachte …«
Er wusste nicht, was er dachte, doch das machte nichts, denn Leya übernahm und ergänzte den angefangenen Satz.
»Wir müssen uns sehen. Was für ein Glück, dass du mich erwischst, ich hatte vergessen, das Handy auszuschalten. Normalerweise habe ich es nie an, wenn ich arbeite. Was machst du hier?«
»Äh … Geschäfte«, sagte Milos.
»Und wo wohnst du?«
»Ich weiß nicht genau. Ich bin mit einem Zug bis Paddington gefahren und habe von dort ein Taxi genommen. Das Hotel heißt Rembrandt … Knightsbridge, glaube ich.«
Leya lachte. »Weißt du was, kannst du nicht herausfinden, wo du bist? Und dann könnten wir uns treffen, wenn ich mit der Arbeit fertig bin?«
»Wo … wo arbeitest du? Bist du immer noch bei dieser Bank?«
»Genau«, bestätigte Leya. »HSBC in der Kensington High Street, das kann nicht weit von deinem Hotel entfernt sein … wenn es denn tatsächlich in Knightsbridge liegt. Weißt du was, ruf mich doch so gegen drei Uhr an, dann habe ich mir überlegt, was wir machen können. Aber jetzt wartet ein ungeduldiger Kunde vor
Weitere Kostenlose Bücher