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Himmel über London

Himmel über London

Titel: Himmel über London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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schwergewichtige Antiquariatsinhaber; bis jetzt hatte ich noch kein Wort mit ihm gewechselt, doch sein Name stand auf einem schwarzweißen Emailschild zu lesen, das am Schreibtisch festgeschraubt war: Mr. Joshua B. Levine, Inhaber – er pflegte mich nur mit einem kaum erkennbaren Kopfnicken zu würdigen, wenn ich durch die Tür trat, doch an diesem Tag hob er die rechte Hand, und mit einem nikotingelben Zeigefinger gab er mir zu verstehen, dass ich zu ihm kommen und mich auf den Hocker vor ihm setzen solle.
    Ich folgte seiner Aufforderung, nahm einen Stapel Bücher herunter und ließ mich nieder. Er gab mir ein Zeichen, zu warten, bis er sein Telefongespräch beendet hatte. Dann bat er jemanden, doch so freundlich zu sein und sich an einen weniger gewissenhaften Antiquar zu wenden, erklärte, dass der Betreffende seine kostbare Zeit vergeude, zitierte einige Gedichtzeilen auf Russisch, zumindest klang es so in meinen Ohren, und legte schließlich den Hörer auf.
    »Entschuldigen Sie. Das war ein Esel. Ich wollte Ihnen nur mitteilen, das Buch, das Sie bestellt haben, ist gekommen.«
    »Aber ich habe …«
    Derselbe nikotingelbe Zeigefinger machte deutlich, dass ich die Situation missverstand.
    »Sie finden es hinter Schopenhauer.«
    Wieder klingelte das Telefon. Unser Gespräch war beendet. Ich stand auf, ging die Wendeltreppe hinauf und dachte, dass Joshua B. Levine ein Mensch mit vorbildlicher, großer Integrität war.
    Hinter Schopenhauers Die Welt als Wille und Vorstellung fand ich ein flaches Päckchen. Ungefähr fünfzehn mal zwanzig Zentimeter groß, braunes, gewöhnliches Einschlagpapier. Ich setzte mich an den Tisch und riss das Papier auf.
    Es war kein Buch, wie ich gedacht und Joshua B. Levine behauptet hatte. Es war ein Stapel Fotos. Schnell blätterte ich sie durch. Alle waren schwarzweiß, alle zeigten Menschen. Einen auf jedem Bild, zum überwiegenden Teil Männer. Ich blätterte sie noch einmal durch, langsamer. Ungefähr die Hälfte davon schien in einem Studio gemacht worden zu sein oder zumindest drinnen und zu einem gegebenen Anlass. Das Objekt war sich bis auf wenige Ausnahmen dessen bewusst, dass er – oder sie – fotografiert wurde.
    Meistens Brustbild oder Dreivierteltotale. Meistens war der Blick direkt in die Kamera gerichtet. Nur wenige waren im Freien aufgenommen worden, und hier waren die Bilder wohl heimlich geschossen worden. Mit dem Teleobjektiv quer über eine Straße oder in einem Park. Ein paar Mal waren noch andere Menschen auf dem Foto, oder Teile anderer Menschen, aber es herrschte nie ein Zweifel, wer jeweils im Fokus stand.
    Diese Überlegungen machte ich, während ich sorgfältig die Sammlung durchging. Insgesamt handelte es sich um sechsundvierzig Fotos. Auf jedem einzelnen stand ganz unten rechts eine kurze Ziffernfolge, und auf fast allen waren auch auf der Rückseite Ziffern notiert. Bald entdeckte ich, dass die letzte Ziffer auf der Vorderseite eine einfache Ordnungsnummer war, von eins bis sechsundvierzig. Doch die Fotos lagen nicht in dieser Reihenfolge, sondern munter durcheinander. Anfangs achtete ich darauf, diese zufällige Anordnung nicht durcheinanderzubringen, doch als ich entdeckte, dass dieselbe Person auf zwei oder mehreren Fotos auftauchte, begann ich sie in einzelnen Stapeln zu sortieren.
    Die Anzahl der Stapel betrug schließlich achtzehn, möglicherweise auch neunzehn, und es stellte sich heraus, dass nur zwei Personen einzig und allein auf einem einzigen Foto auftauchten. Beides Frauen, beide vor demselben Hintergrund fotografiert, einer hellen Tapete mit Blumenrankenmuster. Was eine der Personen betraf, die quer über die Straße fotografiert worden war, so konnte ich nicht ausmachen, ob sie identisch war mit dem Mann mit der Seriennummer 2 und 39; das betreffende Foto hatte die Seriennummer 41, aber bis auf weiteres und der Einfachheit halber beschloss ich, dass es sich um denselben Mann handelte.
    Achtzehn Menschen. Dreizehn Männer, fünf Frauen. In unterschiedlichem Alter zwischen fünfundzwanzig und siebzig, soweit ich es beurteilen konnte. Ich lehnte mich zurück und betrachtete ihre Gesichter, wie sie dort ausgebreitet auf der Tischplatte vor mir lagen. Nichts an ihnen erschien mir bekannt, nichts gab mir auch nur den geringsten Anhaltspunkt. Was war der Sinn des Ganzen? Warum waren diese mir unbekannten Menschen mir in diesem obskuren alten Antiquariat in die Hände gegeben worden?
    Gab es eine verborgene Mitteilung – oder mehrere

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