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Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Titel: Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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tiefste Provinz. Ich bin schon eine Weile hier, stehe kurz vor der Beförderung zum Leutnant. Wenn du willst, führe ich dich hier richtig ein.«
    »Mit dem größten Vergnügen.«
    »Mach es dir doch erst mal bequem. Meine Freunde nennen mich übrigens Meini. Aber nun zieh erst mal dein Kollett und die Stiefel aus, hier auf der Stube haben wir es leger.« Meinhard war ein paar Jahre älter als Ellart. Groß, breitschultrig und schmal in Hüfte und Taille war er ein Bild von einem Mann. Sein markantes Gesicht war bis auf schmale Koteletten glatt rasiert und wurde von einer etwas zu großen Nase und wachen braunen Augen beherrscht, die immer etwas spöttisch blitzten. Er schien nichts und niemanden richtig ernst zu nehmen. Ellart war sichtlich beeindruckt von seiner neuen Bekanntschaft. Wie sah der Kerl erst in der prachtvollen Uniform aus?
    Meinhard schenkte ihnen Whisky ein. »Also willkommen in der großen Welt.« Er prostete Ellart zu. »Wenn es dir recht ist, gebe ich dir ein paar nützliche Tipps, wie du hier deine Rekrutenzeit ohne allzu große Blessuren überstehen kannst. Wenn du es erst zum Fähnrich gebracht hast, wird es ein wenig leichter.« Um das morgendliche pünktliche Erscheinen kam keiner herum, das machte Meinhard ihm unmissverständlich klar. »Egal wann und wie betrunken du am Abend ins Bett gefallen bist, zum Appell um fünf hast du strammzustehen. Nach zweimaligem Fehlen fliegst du. Da helfen auch keine Beziehungen zum Kommandeur.« Meinhard füllte erneut die Gläser. »Sei nicht zu arrogant zu deinem jeweiligen Vorgesetzten. Man schikaniert dich sonst bis zum Umfallen. Und noch etwas – solltest du einmal den Zapfenstreich verpassen, kleine Zuwendungen an den Wachmann lassen diese Verfehlung ohne nennenswerte Folgen bleiben.« Er lachte. »Und glaub mir, es passiert öfter. Komm, wir müssen in die Messe. Es gibt gleich Essen, und danach musst du wohl oder übel deinen Einstand geben.«
    Die ersten Monate waren hart für Ellart. Seine Ausbildung begann mit dem Stalldienst. Um halb fünf in der Früh hieß es aufstehen, um fünf war Appell im Hof, und dann ging es gleich los. Erst musste er den Stall ausmisten, dann sein Pferd tränken und füttern, und danach hieß es striegeln, bis das Fell glänzte. Die Mähne und der Schweif mussten gebürstet werden, bis beides wie Seide schimmerte, und wehe, der Berittführer entdeckte an dem Tier eine Stelle, die nicht seinen Vorstellungen entsprach. Dann setzte es eine Standpauke, die damit endete, dass er brüllte: »Dienst is Dienst, und Schnaps is Schnaps. Also ran an die Buletten, Rekrut Kaulitz. Aber en bissken plötzlich!«
    »Stell dich gut mit dem Berittführer«, hatte Meinhard ihm geraten. »Eigentlich ist er eine Seele von Mensch. Wenn du ohne Murren machst, was er dir aufträgt, lässt er es bald langsamer angehen.« Es dauerte nicht lange, da kannte Ellart dank Meinhard jedes Lokal und Café in und um Potsdam. Besonders das Holländische Viertel mit seinen verwinkelten Gassen und verschwiegenen Kneipen hatte es ihm angetan. Überall gab es willige hübsche Mädchen, die den feschen Ulanen keinen Wunsch abschlugen, und bald hatte Ellart den Ruf als Herzensbrecher weg.
    An ihren freien Wochenenden fuhren sie nach Berlin. »Was für eine großartige Bleibe«, rief Meinhard begeistert, als sie zum ersten Mal Ferdinands Wohnung in der Clausewitzstraße betraten. »Das ist wahrlich was anderes als die üblen Absteigen, in denen ich sonst nach einer durchzechten Nacht immer gelandet bin.«
    Auch Ellart war beeindruckt. Die beiden kleinen Salons waren elegant eingerichtet. Vor einem marmornen Kamin gruppierten sich bequeme Sessel sowie ein breites Sofa, auf dem zur Not einer nächtigen konnte. Ein dicker Smyrnateppich und schwere, weinrote Samtvorhänge vor den Fenstern verschluckten alle Geräusche. Kleine Petroleumlampen und unzählige Kerzen in schweren silbernen Leuchtern würden abends für gemütliches Licht sorgen. In einer Glasvitrine standen Kristallgläser und diverse, noch nicht geöffnete Flaschen mit alkoholischen Getränken. Durch eine breite, halboffene Tür sah man in das Schlafzimmer mit einem großen Bett, dessen Baldachin von dunklen Pfosten aus gedrechseltem Holz getragen wurde. Das Bett schien frisch bezogen. Die Decke war zurückgeschlagen, offensichtlich hatte Ferdinand die Portiersfrau auf das Kommen seines Neffen vorbereitet. Meinhard öffnete eine Cognacflasche. »Komm, lass uns auf deinen Onkel, unseren Wohltäter,

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